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Business, Recht, Steuer, Tools

Hinweisgebersysteme: Anteil steigt von 82 auf 97 Prozent

Marcus Sultzer ©EQS Group

Compliance Tools. Der Anteil der deutschen Unternehmen, die über ein Hinweisgebersystem verfügen, ist im vergangenen Jahr von 82 Prozent auf 97 Prozent gestiegen, so eine Umfrage für die EQS Group.

Der Anteil der deutschen Unternehmen, die über ein Hinweisgebersystem verfügen, ist im vergangenen Jahr von 82 Prozent auf 97 Prozent gestiegen – unter anderem getrieben durch die Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie der EU im Hinweisgeberschutzgesetz, das im Juli 2023 in Kraft getreten ist. Das zeigt die Whistleblowing-Umfrage 2024 des Anbieters EQS Group, für die laut einer Aussendung mehr als 700 Compliance-Verantwortliche in Europa befragt wurden. Dabei gehörten die Befragten 20 verschiedenen Ländern an, wobei 81 Prozent der Befragten in Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien ansässig sind.

Tools und Motive

Um Hinweise auf unethisches oder illegales Verhalten an einer zentralen Meldestelle entgegenzunehmen, setzen Unternehmen überwiegend auf digitale Kanäle: 74 Prozent haben ein Softwaresystem für Hinweisgeber eingeführt.

Gesetzeskonformität sicherzustellen ist für Unternehmen in Deutschland der entscheidende Treiber für die Einführung eines Hinweissystems. 94 Prozent nannten dies als einen der wichtigsten Gründe – ein Anstieg von sieben Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr (2023: 87 Prozent). 37 Prozent haben ihr Whistleblowing-System aber bereits seit mindestens drei Jahren im Einsatz, also deutlich länger, als sie durch das Hinweisgeberschutzgesetz dazu verpflichtet sind.

Nur etwa drei Prozent der Unternehmen in Deutschland haben derzeit noch kein Hinweisgebersystem eingerichtet. Von diesen gaben 38 Prozent an, dass sie vom Hinweisgeberschutzgesetz nicht betroffen sind – vermutlich, da sie weniger als 50 Beschäftigte haben. Die Hälfte (50 Prozent) nannte außerdem fehlende Ressourcen als Grund, mehr als im europäischen Durchschnitt (38 Prozent).

Jedes zweite Unternehmen erhält Hinweise

Hinweisgeberschutz wird in Unternehmen nicht nur durch externe Faktoren getrieben, sondern ist auch ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur. Für die Befragten ist die Entwicklung einer Speak-up-Kultur der zweitwichtigste Grund nach Compliance für die Einführung einer Whistleblowing-Lösung, heißt es dazu. Die Bedeutung der Unternehmenskultur ging allerdings im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück, von 66 Prozent in 2023 auf 51 Prozent in der diesjährigen Umfrage. Weitere 37 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit einem Hinweisgebersystem finanzielle Verluste oder Reputationsschäden für ihr Unternehmen verhindern wollen.

Von den Mitarbeitenden werden Whistleblowing-Kanäle insgesamt gut angenommen, sowohl in kleinen und mittelständischen als auch in großen Unternehmen:

  • Die Hälfte der befragten Unternehmen erhielt demnach im Jahr 2023 mindestens eine Meldung über ihr Hinweisgebersystem.
  • Ein Fünftel (21 Prozent) erhielt sogar mehr als zehn Hinweise.
  • Bei Unternehmen, die mehr als 50 Meldungen verzeichneten, handelt es sich mehrheitlich um Großunternehmen mit mehr als 10.000 Beschäftigten.
  • Die meisten Meldungen betrafen den Bereich Personalwesen (35 Prozent), gefolgt von Bestechung und Korruption (18 Prozent) sowie Verstöße gegen soziale Standards und Menschenrechte (17 Prozent) und IT und Datenschutz (17 Prozent).

Anonymität ist Markt-Standard

Das Hinweisgeberschutzgesetz schreibt nicht vor, dass Meldekanäle in Unternehmen anonyme Hinweise ermöglichen müssen. Dennoch lassen 9 von 10 Unternehmen Hinweise ohne Angaben zur Identität zu. Frühere Studien (EQS Whistleblowing Report 2021) haben laut EQS Group gezeigt, dass etwa die Hälfte aller Erstmeldungen anonym abgegeben wird, wenn der Meldekanal dies zulässt. Die Verfügbarkeit eines anonymen Kanals hatte keinen Einfluss auf die Anzahl missbräuchlicher Meldungen, die mit dem Ziel gemacht wurden, Mitarbeitenden oder dem Unternehmen gezielt Schaden zuzufügen.

Marcus Sultzer, Mitglied der Geschäftsführung der EQS Group: „Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Gesetzeskonformität weiterhin der wichtigste Treiber für Hinweisgeberschutz ist. Das ist verständlich, trägt aber der Bedeutung von Whistleblowing für Integrität, Ethik und eine positive Kultur in Unternehmen nicht hinreichend Rechnung. Angesichts der zunehmenden Komplexität der globalen Compliance-Landschaft sollten Unternehmen zudem über einzelne Gesetze hinausblicken und Compliance ganzheitlich und integriert betrachten. Dabei kann Technologie eine zentrale Rolle spielen. Digitale Lösungen helfen dabei, regulatorische Anforderungen effizienter zu erfüllen, Risiken zu minimieren und transparent mit internen und externen Stakeholdern zu kommunizieren. Zudem können sie als einziger Kanal vollständige Anonymität für Hinweisgeber sicherstellen.“

Zugriff für externe Stakeholder – gerade in der Supply Chain relevant

Fast drei Viertel der Unternehmen (73 Prozent) gewähren externen Stakeholdern wie Kunden und Partnern Zugang zu den Meldekanälen. Dieser proaktive Ansatz sei insbesondere für Unternehmen wichtig, die von gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit Lieferketten betroffen sind.

So müssen laut Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) Meldekanäle für externe Stakeholder entlang der Supply Chain zugänglich sein. Auch die EU Directive on Corporate Sustainability Due Diligence (CSDDD), die von den EU-Staaten im Mai 2023 verabschiedet wurde, sehe dies vor.

„Viele Missstände werden möglicherweise nicht von den eigenen Mitarbeitenden bemerkt, sondern von Kunden, Lieferanten, Geschäftspartnern oder Anwohnern“, so Sultzer: „Einige Unternehmen befürchten, dass sie mit haltlosen Meldungen überschwemmt werden, wenn sie ihr Hinweisgebersystem öffnen. Die Erfahrung zeigt aber, dass diese Sorge unbegründet ist. Stattdessen profitieren Unternehmen erheblich von Hinweisen aus ihrem erweiterten Netzwerk, da sie so schneller auf Missstände aufmerksam werden und diese zügig beheben können.“

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