Interview. Die Akademie der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (ASW) setzt auf ein adaptiertes Kursprogramm, das auch mehr Quereinsteiger in die Branche locken soll, sagt die neue Geschäftsführerin Sandra Allmayer.
Extrajournal.Net: Sie bilden gemeinsam mit Ihrem Kollegen Georg Klenner die neue Geschäftsführung der ASW, einer der größten berufsbezogenen Aus- und Weiterbildungsinstitutionen in Österreich. Was sind die Ziele der neuen Ära?
Sandra Allmayer: Das ASW wurde in den letzten 32 Jahren – von Gerhard Stangl von der Gründung 1992 bis zu seinem Ruhestand – sehr erfolgreich aufgebaut und geleitet, mit dem von der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW) gestellten Auftrag, die WT-Branche aus- und weiterzubilden. Dazu gehören die Vorbereitung auf die Steuerberater- und Wirtschaftsprüfer-Prüfung ebenso wie die Diplome für die Kanzlei-Mitarbeiter und natürlich die laufende Weiterbildung danach.
Das alles bleibt Kern unserer Tätigkeit und unser Auftrag seitens der KSW. Aber in letzter Zeit ist eine neue Herausforderung dazugekommen, das Thema Nachwuchs. Der allgemeine Fachkräftemangel macht vor uns nicht halt, die Branche braucht dringend hochqualifizierte Nachwuchskräfte und muss sicherlich auch selbst etwas dazu tun: Es geht dabei um ein ganzheitliches Employer Branding der Kanzleien, also sowohl darum, sich als attraktiver Arbeitsgeber am Markt für neue Mitarbeiter zu positionieren, als auch darum, konkrete Maßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu setzen, um diese in den Kanzleien zu halten, wie z.B. zur Verbesserung der Work-Life-Balance etc.
„Berufsstand bei Akquise und Nachwuchs-Förderung unterstützen“
Dementsprechend ist es uns als ASW wichtig, unseren Berufsstand in der Akquise und Förderung des Nachwuchses bestmöglich zu unterstützen. Daher haben wir diese Themen in unsere Neuausrichtung aufgenommen und uns zu einer strategischen Überarbeitung der Bildungsprodukte der ASW entschlossen. Dazu gehören neben Änderungen in der internen Organisation mittelfristig auch ein neuer Auftritt nach außen und die Ausrichtung des Produktportfolios entlang von facheinschlägigen Karrierepfaden. Wir wollen das Angebot nach Karrierepfaden strukturieren, verbreitern und vertiefen, um damit auch geeignete Quereinsteiger von außerhalb für die Branche zu gewinnen und damit auch gleichzeitig zur Stärkung nicht nur des WT-Berufsstandes, sondern auch des Wirtschaftsstandorts Österreich beizutragen.
Es geht darum, das Verständnis für Steuern und Rechnungswesen in der Wirtschaft zu verbreitern?
Sandra Allmayer: Ja, das geht dann damit einher. Wichtig ist uns dabei vor allem, dass wir uns auch in bestimmten Bereichen für breitere Zielgruppen öffnen, nicht nur für KSW-Mitglieder. Es gibt jetzt zum Beispiel niederschwellige Schnupperkurse oder mit den ASW-Diplomen Buchhaltung/Bilanzbuchhaltung und Personalverrechnung/Arbeits- und Sozialversicherungsrecht zwei neue Karrierepfade mit je einem Bachelor Professional.
Konkret sieht das so aus, dass man beispielsweise – vielleicht nach einem Schnupperkurs – zunächst das Diplom Buchhaltung erwerben und später darauf mit dem Diplom Steuersachbearbeitung/Bilanzbuchhaltung aufbauen kann. Im nächsten Schritt – und nach facheinschlägiger Berufstätigkeit – kann dies im neuen Bachelor Professional Tax Management anerkannt werden, eines unserer neuen akademischen Angebote in Kooperation mit der FH Campus Wien, das sehr erfolgreich ist. Dann können die Vorbereitungskurse und die Prüfung zum Steuerberater / Wirtschaftsprüfer erfolgen, womit wir einen Karriereweg vom ersten Kurs Buchhaltung bis hin zur Fachprüfung StB/WP geschaffen haben.
Die Kernthemen unseres Ausbildungsangebots bleiben dabei aber gleich: Wir bieten Kurse zu den Fachprüfungen zur Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung an, dazu Diplome zu Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, zu Steuersachbearbeitung-/Bilanzbuchhaltung, zu Revisionsassistenz, Personalverrechnung, Buchhaltung und Kanzlei-Assistenz – und natürlich die jeweilige thematische Weiterbildung mir Seminaren, Kongressen und Expert-Lehrgängen.
Dabei unterscheiden wir zwischen Bildungsangeboten, die wie gesagt für eine breite Zielgruppe gedacht sind einerseits, und Angeboten für die Kernzielgruppe WT-Branche andererseits. So ist zum Beispiel der Expertlehrgang Nachhaltigkeitsberichterstattung nur KSW-Mitgliedern, also Steuerberatern / Wirtschaftsprüfern vorbehalten. Hier setzen wir ja auch bei allen Teilnehmenden entsprechendes Fachwissen voraus. Die Themen ändern sich also grundsätzlich nicht, sondern wir bündeln, strukturieren und schaffen Karrierepfade.
Karriereweg bis zum Steuerberater/WP oder bis zum Fachexperten
Man soll also beispielsweise als Kanzlei-Mitarbeiter mit dem geeigneten Kurs bei Ihnen starten und es am Ende bis zum Steuerberater / Wirtschaftsprüfer bringen können?
Sandra Allmayer: Entweder zum Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer oder zum Fachexperten für ein bestimmtes Thema innerhalb einer Kanzlei, dafür bieten wir unsere ASW-Expert-Lehrgänge, wie zum Beispiel im Sanierungsberatung, Umsatzsteuer oder Unternehmensbewertung. Mit der neuen tieferen und stufenförmigen Ausrichtung wollen wir Mehrwert für die Branche generieren, indem die WT-Kanzleien und ihre Mitarbeiter:innen sich das für sie geeignete Angebot zusammenstellen können, wie in einem Baukastensystem.
Wie ist die ASW aktuell aufgestellt – wie viele Kurse gibt es, wie viele Beschäftigte?
Sandra Allmayer: Wir bieten im Jahr etwa 1200 Veranstaltungen mit insgesamt rund 3500 Kurstagen. Derzeit sind jährlich ca. 300 Vortragende in unseren Seminarzentren in Wien (Quartier Belvedere), Linz, Salzburg, Innsbruck, Graz und Klagenfurt und online im Einsatz. Das Team der ASW umfasst rund 30 Personen.
Teil des neuen Kursprogramms sind die erwähnten „Bachelor Professional“-Programme. Was ist deren USP?
Sandra Allmayer: Wir kooperieren dabei mit der FH Campus Wien und der Universität für Weiterbildung Krems, um facheinschlägige und berufsfokussierte Bildungsangebote auf akademischem Niveau, die sehr gut berufsbegleitend möglich sind, zu schaffen, die die Bedürfnisse unserer Branche erfüllen und die erwähnten Karrierewege bieten sollen – eine Win-Win-Situation für alle. Konkret ist der Bachelor Professional-Hochschullehrgang Arbeits- und Personalrecht, den wir gemeinsam mit der Donau-Universität Krems veranstalten, übrigens der einzige mit diesem speziellen Fokus in Österreich, und mit erstmaligem Start im Herbst 2024. Die heutige Arbeitswelt erfordert ständige Anpassungen im Personalrecht – wegen nationaler und internationaler Gesetze, EU-Recht, Kollektivverträgen und Rechtsprechung. Der Lehrgang bietet eine praxisorientierte und sehr berufsfokussierte Weiterbildung mit Arbeitsrecht, Lohnsteuerrecht und Sozialversicherungsrecht.
In Kooperation mit der FH Campus Wien wiederum haben wir das außerordentliche Bachelorstudium Tax Management gestartet, eine auf Steuerrecht und Wirtschaft spezialisierte, akademische Ausbildung, für die es auch Stipendien der Kammer gibt. In beiden Fällen erwirbt man den akademischen Titel Bachelor Professional (BPr). Das Ziel ist, attraktive Karrierewege in die WT-Branche zu bieten.
Im Interview
MMag. Dr. Sandra Allmayer, MA MBA ist Geschäftsführerin der Akademie der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (ASW)