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TU Graz feuert mit Laser auf Weltraumschrott und Wellenberge

Satellite Laser Ranging Station des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW am Observatorium Lustbühel ©Christian Kettenbach

Neue Technologien. Forschende der TU Graz setzen „Satellite Laser Ranging“ zur Bahn-Vorhersage von Weltraumschrott und Kartierung von Wassermassen ein. Beides hängt dabei zusammen.

Genauere Bahnvorhersagen für Satelliten und Weltraumschrott sowie ein besseres Verständnis für die auf der Erde vorhandenen Wassermassen: Forschende der TU Graz haben mittels Satellite Laser Ranging beides erreicht, so ihre Uni in einer Aussendung.

Im Bild: Die Satellite Laser Ranging Station des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Observatorium Lustbühel.

Zwei Probleme der Forschung lösen

Was haben das Schwerefeld der Erde und die Flugbahnen von Satelliten und Weltraumschrott gemeinsam? Das Erdschwerefeld beeinflusst die Umlaufbahnen unserer Begleiter im Orbit, während die Veränderungen der Umlaufbahnen im Gegenzug Rückschlüsse auf Änderungen des Schwerefelds und damit vorhandener Wassermassen zulassen.

Bislang stand die Forschung hier jedoch vor zwei Problemen: Gewisse Bereiche des Schwerefelds ließen sich nur ungenau bestimmen und der Ortung sowie Bahnprojektion von Satelliten und Weltraumschrott fehlte es an Präzision. Im Projekt COVER hat das Institut für Geodäsie der TU Graz laut den Angaben nun Schwerefeldmessungen mittels Satelliten mit der Messmethode des Satellite Laser Ranging (SLR) zusammengeführt und dadurch sowohl die Schwerefeldberechnungen als auch die Beobachtung von Objekten im Orbit und deren Bahnvorhersagen nachhaltig verbessert. Die Ergebnisse sind in die Software „Gravity Recovery Object Oriented Programming System“ (GROOPS) eingeflossen, die das Institut für Geodäsie kostenlos via GitHub zur Verfügung stellt.

Präzise Auflösung des langwelligen Erdschwerefelds

„Die Satelliten-Missionen Grace, Grace Follow-on sowie vorher bereits GOCE haben wirklich wertvolle Daten zur Berechnung des Erdschwerefelds geliefert. Allerdings ließ sich damit der langwellige Bereich des Schwerefelds, der Massen von kontinentaler Größe abdeckt, nicht sehr gut auflösen“, so Sandro Krauss vom Institut für Geodäsie der TU Graz. Messungen mit SLR können diesen langwelligen Teil hingegen sehr präzise auflösen, heißt es.

Hierfür richtet ein Netzwerk an SLR-Stationen einen Laser auf einen Satelliten mit Reflektorflächen, die das Laserlicht zurückwerfen. Durch die Messung der Laufzeit lässt sich die Position der Satelliten auf Zentimeter genau bestimmen und durch mehrere Messungen auch Änderungen an der Umlaufbahn erkennen, die sich durch Masseänderungen auf der Erdoberfläche ergeben.

„Wenn man SLR mit den anderen Satelliten-Messmethoden kombiniert, lässt sich das Schwerefeld wesentlich genauer berechnen, da man alle Wellenlängen des Schwerefelds präzise auflösen kann. Dadurch können wir die auf der Erde vorhandenen Wassermassen detaillierter bestimmen. Gleichzeitig können wir durch die aus den Messungen gewonnenen Daten die Position von Satelliten und Weltraumschrott viel besser berechnen, sie finden, mit SLR kartografieren und ihre zukünftigen Bahnen sehr präzise vorhersagen, was zur Sicherheit im Orbit beiträgt, so Krauss.

Weltraumschrott in einer Million Teilen

Derzeit umkreisen ca. 40.000 Weltraumschrott-Teile mit einer Größe von mehr als zehn Zentimetern die Erde, Teile ab einem Zentimeter Größe gibt es rund 1 Million, so die TU Graz. Diese sind mit etwa 30.000 km/h unterwegs und fliegen nicht alle in dieselbe Richtung. Eine Kollision hätte daher eine recht große Wucht und würde Satelliten zerstören und bei Raumstationen oder anderen bemannten Raumfahrzeugen Menschenleben gefährden. Umso wichtiger sei es, alles in der Umlaufbahn zu verorten und die zukünftige Bahnentwicklung so genau wie möglich zu berechnen.

Um sämtliche Weltraumschrott-Teile zu überwachen, kommen aktuell Radarmessungen zum Einsatz, die jedoch eine limitierte Genauigkeit bieten. Und auch die bisherigen Bahnvorhersagen litten darunter, dass sie nur im Kilometerbereich genau waren. Das erschwerte in weiterer Folge das Auffinden.

Laser-Einsatz bei Österreichs Bodenstation

Zusammen mit der Satellite Laser Ranging Station des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Observatorium Lustbühel gelang hier nun ein entscheidender Fortschritt, so die TU Graz: Das Institut für Geodäsie nutzte seine eigenen Vorhersagemodelle, die die Position eines Satelliten oder eines Schrott-Teilchens auf rund 100 Meter genau bestimmen können. Das machte es möglich, sie leichter aufzuspüren und mit dem Vermessungslaser präzise zu erfassen. Mit weiteren Messungen bei nachfolgenden Überflügen ergab sich ein noch genaueres Bild darüber, wie sich die Umlaufbahn verhält, wodurch die Forschenden die Vorhersagemodelle verbessern konnten, heißt es weiter.

„Für die Bahnvorhersage müssen wir sämtliche Kräfte auf den Satelliten modellieren“, so Torsten Mayer-Gürr vom Institut für Geodäsie. Dazu zähle auch die Gravitationskraft der Erde, die durch das Vorhandensein von Massen wie Wasser beeinflusst wird. „Die Kombination unserer Bahnmodellierung mit SLR-Messungen erlaubt nun wesentlich genauere Berechnungen in unserer Software Groops, die für alle frei zugänglich ist. Soweit wir wissen, sind wir die Einzigen, die ein derart umfangreiches Paket für Schwerefeldbestimmung, Bahnbestimmung und SLR-Prozessierung kostenlos anbieten. Dieser Open-Source-Zugang hat für uns den Vorteil, dass wir sehr schnell Feedback bekommen, wenn etwas nachgebessert werden muss“, so Mayer-Gürr.

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