Forschung & Praxis. Mit einem selbst entwickelten, digitalen Steuerungssystem wollen Forschende der TU Graz das Betonieren vereinfachen. Kostspielige und gefährliche Fehler sollen vermieden werden.
Fehler beim Betonieren können teuer werden: Zu schnell eingegossener Beton kann zu Unregelmäßigkeiten in der Struktur und unebenen Flächen führen. Besonders im Fall von Sichtbeton können dadurch teure Nacharbeiten durch Betonkosmetiker notwendig werden, eventuell muss eine Wand wieder abgerissen werden, so die TU Graz.
In ihrem Projekt „DigiCoPro“ haben die Brüder Ralph Stöckl und Christoph Stöckl gemeinsam mit Christian Hofstadler am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der TU Graz nun den Prototyp eines Steuerungssystems für Betonierprozesse auf Baustellen entwickelt, das solche Fehler mittels Sensoren und Algorithmen verhindern soll.
Gefördert wurden sie dabei laut TU Graz durch ein „Spin-off Fellowship“ der Forschungsförderungsgesellschaft FFG. 2025 ist demnach die Gründung eines TU Graz Spin-offs (d.h. eines Startup-Unternehmens) geplant, in dem das zum Patent angemeldete System zur Marktreife geführt werden soll.
Erster Test mit Teilen aus dem Internet
„Sichtbeton ist die Königsklasse des Betonierens und hier kann jeder Fehler sehr schnell sehr teuer werden“, so Ralph Stöckl. „Häufig passiert es, dass zu schnell betoniert und nicht gleichmäßig verdichtet wird, also die Luft nicht gleichmäßig aus dem Beton entweichen kann.“
Der ehemalige Leiter des Instituts für Baubetrieb und Bauwirtschaft, Christian Hofstadler, machte Ralph Stöckl während seiner Dissertation auf diese Thematik und die Notwendigkeit eines darauf ausgelegten Monitoringsystems aufmerksam, heißt es. Die Brüder Ralph und Christoph erörterten das Thema, bestellten erste Sensoren und weitere Bauteile im Internet, fertigten daraus ein Proof of Concept und sahen, dass sich damit die Steiggeschwindigkeit messen ließ. Gemeinsam mit Hofstadler meldeten sie ihre Entwicklung als Diensterfindung an und bewarben sich mit Erfolg bei der FFG um ein Spin-off Fellowship, schildert die Uni die Genese der Unternehmensgründung.
Um aus dem provisorisch zusammengebastelten Konzept einen fertigen Prototyp zu entwickeln, war es allerdings ein weiter Weg, so die Uni: Das Überwachungssystem sollte neben der Steiggeschwindigkeit von Beton dutzende weitere Parameter messen und auswerten, um in Echtzeit warnen zu können, wenn beim Betonieren etwas schiefläuft, so die Forscher.
Der Prototyp misst demnach nun auch die Luftfeuchtigkeit, die Temperatur der Luft und an der Betonoberfläche und erfasst Schallwellen, um zu erheben, wann der Rüttler Luft aus dem Beton schüttelt und wann nicht. Im Hintergrund arbeitet ein Algorithmus, der aus den Daten ableitet, ob alles in Ordnung ist oder eingegriffen werden muss.
Algorithmen für raue Arbeitsumgebungen
Der Bau des Prototyps und die Entwicklung des Algorithmus lief in kompletter Eigenregie. Für die Konstruktion inklusive aller notwendigen Lötarbeiten und Schaltkreisprogrammierungen holten die Brüder die Elektrotechnikerin Anja Elsässer an Bord.
„Beim Testen zeigte sich, dass vor allem der Algorithmus sehr sorgfältig designt sein muss, damit Störfaktoren, die in einer rauen Arbeitsumgebung wie einer Baustelle zwangsläufig auftreten, die Messergebnisse nicht verfälschen“, so Ralph Stöckl.
Nach 18-monatiger Forschungsarbeit wurde der Prototyp nun fertig gestellt. „Jetzt gilt es, alle nötigen Zertifizierungen für unser Monitoringsystem zu bekommen, um es dann auch offiziell anbieten zu können. Wir rechnen damit, dass wir bis 2026 soweit sind“, so Christoph Stöckl.