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Business, Recht

Krisenmanagement-Systeme als Hilfe von der Cyber-Attacke bis zur Großpleite

Michael Raab ©Foto Weinwurm

Business & Berater. Die Unternehmensberater der UBIT Wien propagieren verstärkt Krisenmanagement-Systeme: Sie helfen gegen Cyberangriffe ebenso wie die Pleite eines Großkunden, heißt es.

Krisenprävention sei längst kein Nischenthema mehr: Das Bewusstsein, sich für Herausforderungen und Krisen zu wappnen, sei bei Unternehmen in den letzten Jahren stark gestiegen, Resilienz hat einen höheren Stellenwert bekommen. Dementsprechend wachse das Feld der Unternehmensberatungen und deren Fokus und Expertise bei der Krisenberatung, so die UBIT Wien (Fachgruppe Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie in der Wirtschaftskammer Wien).

Mehr als 10.000 Beraterinnen und Berater in Wien

Die UBIT Wien sieht besonders seit 2019 diese Entwicklung bei der Anzahl ihrer Mitglieder im Bereich der Unternehmensberatung: Allein in Wien sei die Zahl um rund 19 Prozent gestiegen und erstmals auf über 10.000 angewachsen. Krisenmanagement sei bei nahezu jedem Berater Teil des Portfolios, Spezialisierungen mit ausschließlichem Fokus darauf haben in den letzten Jahren zugenommen, heißt es.

Michael Raab, Fachgruppen-Vorsitzender der UBIT Wien: „Krisenmanagement wird heute sowohl auf Berater- als auch auf Unternehmensseite proaktiv adressiert und dient der langfristigen Steigerung der Resilienz im Unternehmen.“ Mit der aktuellen Kommunikationskampagne „Leistbar, Lösbar, Denkbar“ will man Möglichkeiten aufzeigen, wie sich Unternehmen gegen Krisen verschiedenster Art rüsten können.

Vier aktuelle Krisen-Szenarien

Dabei müssen Unternehmen laut UBIT Wien aktuell besonders vier Szenarien ins Auge behalten, um sich auf potenzielle Krisen vorzubereiten:

  • Geänderte Rahmenbedingungen und gesetzliche Anforderungen: Rechtliche Regulierungen oder verschärfte Anforderungen von Versicherungen und Banken setzen umfassendere Risikostrategien voraus.
  • Cyberrisiken und Datenschutz: Jeder sechste Cyberangriff war 2023 bereits erfolgreich und durch Künstliche Intelligenz verstärken sich die Bedrohungen weiter. Mit zunehmenden Cyberangriffen auf Unternehmen sei der Schutz digitaler Infrastrukturen unerlässlich geworden.
  • Geopolitische Veränderungen: Kriegerische Konflikte haben sich verstärkt, Herausforderungen bei Lieferketten, Handelspolitiken und der Energieversorgung erhöhen zusätzlich die Anforderung nach mehr Resilienz in Unternehmen.
  • Nachhaltigkeit und ESG-Risiken: Der Klimawandel sowie Umwelt- und Sozialrisiken werden aufgrund strengerer Vorschriften und wachsendem Bewusstsein vermehrt in Risikostrategien integriert.

Großpleiten sind „vorausschauend vermeidbare Krisen“

Auch die aktuell stark steigenden Insolvenzzahlen sind ein ernstzunehmendes Risiko, das Unternehmen in ihre Krisenprävention und -bewältigung integrieren sollten, heißt es beim UBIT Wien auf Anfrage: Besonders problematisch seien Insolvenzen bei Schlüsselpartnern oder Kunden, da diese direkte Auswirkungen auf den Cashflow, die Lieferketten und auch auf die Reputation haben können.

  • Daher sollten Unternehmen regelmäßig Bonitätsprüfungen wichtiger Geschäftspartner durchführen und ihre Abhängigkeiten von einzelnen Kunden oder Lieferanten analysieren.
  • Zudem verringere ein breit aufgestelltes Partner- und Kundenportfolio das Risiko, von der Insolvenz eines Einzelnen stark betroffen zu sein.
  • Es sollte ein Notfallplan existieren, der mögliche Zahlungsausfälle berücksichtigt und sicherstellt, dass das Unternehmen kurzfristig zahlungsfähig bleibt.
  • Wenn möglich, sollten auch Verträge Klauseln enthalten, die bei Zahlungsunfähigkeit der Gegenseite handlungsfähig machen, z. B. durch Anzahlungen oder Sicherheiten.

Alles in allem sei die Insolvenz eines Geschäftspartners aber ein klassisches Beispiel für eine vorausschauend vermeidbare Krise, die durch eine gute Vorbereitung und ein funktionierendes Krisenmanagementsystem gut und rasch entschärft werden könne, so die UBIT Wien.

„Krisenmanagement vom KMU bis zum Großkonzern“

Krisenmanagementsysteme seien dabei unabhängig von der Unternehmensgröße sinnvoll – entscheidend sei nicht die Größe des Unternehmens, sondern die Höhe des Risikopotenzials, heißt es. Kleinere Unternehmen sollten ein Grundgerüst für den Umgang mit Krisen haben, da sie oft weniger Ressourcen haben, um spontane Herausforderungen abzufangen. Eine einzige schwerwiegende Krise, wie ein Cyberangriff oder der Ausfall eines wichtigen Lieferanten, kann auch für KMU schnell existenzbedrohend werden.

Bei großen Unternehmen sei ein umfassenderes, systematischeres Krisenmanagement empfehlenswert, da die Komplexität von Abläufen, Abhängigkeiten und der öffentliche Druck in Krisensituationen meist deutlich höher sind. Weiters greifen bei größeren Unternehmen zum Teil andere Mechanismen, welche Krisenpläne für bestimmte Situationen von Gesetz her verlangen. Für jedes Unternehmen sind für einen Krisenfall nicht nur reaktive Maßnahmen wichtig, sondern präventive Risikoanalysen und Schulungen im Vorfeld, so die Unternehmensberater.

Krisenmanagementsysteme müssen auch langfristig funktionsfähig bleiben

Krisenmanagement ist allerdings weder eine schnelle noch einmalige Geschichte, heißt es dazu. „Berater unterstützen dabei, das Unternehmens-Immunsystem mit einem passenden Krisenmanagement zu stärken und Hilfe zur Selbsthilfe an die Hand zu geben“, so Raab: „Im Prinzip ist ein solches Sicherheitssystem wie ein Airbag – es ist gut, eines zu haben und noch besser, wenn man es nicht einsetzen muss.“

Und ähnlich wie das Auto mit dem Airbag regelmäßig zum Service muss, möchten auch die Unternehmensberater das Krisenmanagement-System immer wieder in ihrer Werkstatt sehen: Nachdem das System erstmals aufgesetzt wurde, müsse es langfristig lebensfähig bleiben. Dazu seien regelmäßige Aktualisierungen genauso notwendig wie Übungen und Schulungen, so die UBIT.

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