Wien. Das Österreichische Umweltzeichen prämiert mit der neuen Zertifizierung „UZ 80“ künftig grüne Rechenzentren. So können durch Wärmepumpen etwa umliegende Stadtteile beheizt werden.
Der AI-Hype treibt den Energieverbrauch der großen Rechenzentren immer weiter in die Höhe – doch das Österreichische Umweltzeichen ist sozusagen um den Kontrapunkt bemüht: Seit 30 Jahren zertifiziert man Unternehmen, Produkte, Events und Dienstleistungen für ihre Umweltschutzbemühungen, so eine Aussendung. Seit diesem Jahr hat man eine neue Zielgruppe im Auge, die sich mit dem Umweltzeichen (konkret „UZ 80“) zertifizieren kann: die österreichischen Rechenzentren.
Die steigende Datennutzung insbesondere auch seit Corona und die wachsende Zahl an Rechenzentren in Österreich machen eine branchenspezifische Nachhaltigkeitskennzeichnung dringend notwendig, heißt es. Ein Rechenzentrum verbrauche durchschnittlich über 100-mal so viel Strom wie ein großes gewerbliches Bürogebäude, während der Stromverbrauch eines großen Rechenzentrums mit dem einer US-amerikanischen Kleinstadt zu vergleichen sei. Der Stromverbrauch aller Rechenzentren weltweit war laut den Angaben bereits im Jahr 2015 deutlich höher als der gesamte Stromverbrauch im Vereinigten Königreich.
Die ersten Maßnahmen
Tatsächlich tut sich bereits einiges: So haben manche Rechenzentren bereits sinnvolle Möglichkeiten für die Nutzung der Abwärme gefunden. Das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK), das auch durch den Aktionsplan nachhaltige Beschaffung (naBe) festlegt, wie nachhaltig von der Öffentlichen Hand eingekauft wird, ermögliche nun im Rahmen des Österreichischen Umweltzeichens auch die Zertifizierung der Rechenzentren.
Das Bundesrechenzentrum habe sich bereits auf den Weg zu dieser Zertifizierung gemacht, private Rechenzentren seien ebenfalls auf dem Weg in eine grünere Zukunft. Wer im Endeffekt das erste Rechenzentrum Österreichs sein wird, das die neue Zertifizierung durch das Österreichische Umweltzeichen erhält, sei (derzeit) allerdings noch offen, heißt es. Das gilt übrigens auch für das ressortzuständige Klimaministerium, das unter der neuen Regierung von ÖVP, SPÖ und Neos bekanntlich wieder in kleinere Einheiten aufgeteilt werden dürfte.
Interessenten können sich übrigens auf der Website des Umweltzeichens die Informationen über die neue Richtlinie einholen. Dort wird auch eine Liste von Experten geführt, die für Beratung zu nachhaltigen Rechenzentren zur Verfügung stehen. Diese umfasste zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels immerhin acht Expert:innen, die allerdings alle bei ein- und demselben Unternehmen beschäftigt sind, dem Spezialanbieter Frauscher Consulting.
Die neue Richtlinie UZ 80
Nach der neuen Umweltzeichen-Richtlinie UZ 80 können laut den Angaben sowohl Rechenzentren als auch IT-Betreiber zertifiziert werden – und so ihre Nachhaltigkeitsbemühungen für öffentliche Auftraggeber und Endkonsument:innen sichtbar machen. „Die Erarbeitung der Richtlinien für das ‚Umweltzeichen Rechenzentren‘ hat mehr als zwei Jahre in Anspruch genommen, da Themen wie Energie- und Ressourceneffizienz bei Rechenzentren naturgemäß komplex sind“, so der Leiter der für das Österreichische Umweltzeichen zuständigen Abteilung V/7 für Integrierte Produktpolitik, Betrieblicher Umweltschutz und Umwelttechnologie im BMK, Andreas Tschulik. Doch das neue Umweltzeichen sei ein wichtiger Schritt für eine energieeffizientere Gesellschaft der Zukunft, heißt es.
- Ausgezeichnet werden dabei Rechenzentren und IT-Betreiber, deren technische Gebäudeausrüstung besonders energieeffizient und ressourcenschonend betrieben wird und die u.a. eine langfristige Strategie zur Erhöhung der Energie- und Ressourceneffizienz umsetzen.
- Wesentlich seien dabei auch Anreize zum Energiesparen und die kontinuierliche Dokumentation des Energie- und Wasserverbrauchs sowie weiterer Klimafaktoren.
- Außerdem muss unter anderem ein Energieeffizienzbericht vorliegen, in dem Effizienzsteigerungsziele definiert werden – und deren Erreichung überprüft wird.
Christian Kornherr, Leiter des Umweltzeichen-Teams im Verein für Konsumenteninformation (VKI), verweist auf nationale und internationale Beispiele. So sollen in Frankfurt am Main zwei Großwärmepumpen ab 2025 dafür sorgen, dass mit der Abwärme eines Rechenzentrums rund 60 Prozent des Wärmebedarfs eines Wohnquartiers gedeckt werden – und zwar kostenfrei. Auch die Wien Energie nutze die Abwärme des Rechenzentrumsbetreibers Digital Reality für die Beheizung der Klinik Floridsdorf.