Retail & Rezepte. Laut einer Studie von Kearney und 7Learnings bringt der Black Friday dem Handel derzeit nur wenig Gewinn. KI könnte helfen, so Kearney-Partner Moritz Tybus.
Am Black Friday steigen die Umsätze im Handel stark an. Das hat für den Einzelhandel aber auch eine Schattenseite, denn laut einer neuen Studie der Unternehmensberatung Kearney und des deutschen AI-Pricing-Anbieters 7Learnings sinkt die Nachfrage drei Wochen vor und bis zu zwei Wochen nach dem Einkaufstag signifikant, heißt es in einer Aussendung.
„Von den massiven positiven Ausschlägen um teilweise 150 bis 200 Prozent an Nachfrage und Umsatz bleiben in Wahrheit nur rund sieben Prozent Mehr-Umsatz“, so Moritz Tybus, Partner bei Kearney. Mit einem laut Handelsverband prognostizierten Gesamtumsatz von 400 Millionen Euro für 2024 bleibe der Black Friday auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr. Allerdings verliere der Einzelhandel dabei laut der Studie rund 20 Millionen Euro Profit durch ungeschickte und veraltete Preissetzung.
Dabei seien margenschwache Einzelhändler auf die Umsätze an diesem Tag angewiesen: „Ein vorhersagebasiertes und KI-gestütztes Preismodell, das gezielt auf Kundenbedürfnisse reagiert, wird immer wichtiger. Gerade weil die Konsumenten mittlerweile sehr gezielt kaufen, kommen Händler nicht umhin, den Black Friday optimal für sich zu nutzen“, so Tybus.
Hohe Kundenzufriedenheit
Bisher ist dies laut Tybus aber für den Großteil des Marktes noch „Zukunftsmusik“ und die Preise richten sich in erster Linie nach dem Wettbewerb. Im Schnitt wurden mit dieser vorherrschenden Strategie im Vorjahr 43 Millionen Euro Profit erwirtschaftet, so der Kearney-Partner.
„Durch bessere Discountsetzung und Nutzung der Marketingausgaben hätten es 63 Millionen Euro sein können“, so Tybus. Die Mehrheit erwartet Rabatte von mindestens 30 bis 50 Prozent gegenüber dem UVP. Für viele Händler ist der Black Friday daher eine Gratwanderung zwischen Profit und Kundenerwartung, heißt es.
„Obwohl die effektiven Rabatte in den Geschäften und im Onlinehandel in Wahrheit im Schnitt unter zehn Prozent liegen, wird der Einkaufstag äußerst gerne genutzt. 85 Prozent der Befragten stehen diesem positiv gegenüber, wobei Elektronik, Technik und Mode die beliebtesten Kategorien sind“, so Tybus.
Auch wenn etwa 35 Prozent der Befragten die angebotenen Rabatte als niedriger empfanden als beworben, sind laut Studie 90 Prozent der Konsumenten zufrieden mit dem Black Friday. Die von den Konsumenten sozusagen gelernte Erkenntnis, dass sich Einkaufen am Black Friday lohnt – ob es nun stimmt oder nicht – könnten Einzelhändler für sich zukünftig wesentlich besser nutzen, heißt es.
Starke Auswirkungen bei Kosmetik und Sportartikel
Derzeit setzen laut Kearney 95 Prozent der Händler online wie offline auf einen Mix aus Gutscheinen, Rabatten und entsprechendem Marketing. „Oft richten sich die Preise und Rabatte weniger nach den tatsächlichen Bedürfnissen und Wünschen der Kunden, sondern werden vor allem auf Basis der Konkurrenz festgelegt. Das führt dazu, dass Händler den Druck verspüren, in einen Preiswettkampf zu geraten, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Tybus.
Im Vergleich hätte ein KI basiertes Preismodell am letzten Black Friday zusätzlich bis zu 51 Millionen Euro Umsatz erzielen können. Diese Lücke entstehe beispielsweise in Produktkategorien wie Kosmetik oder Sportartikel, bei denen kleinste Preisänderungen bereits große Auswirkungen auf die Nachfrage haben können. „Dass sich der Einzelhandel durch schlechte Preisentscheidungen bisher oft geschadet hat, zeigt auch die Tatsache, dass selbst Nichtstun am Black Friday besser wäre als eine falsche Strategie“, so Tybus. Im Schnitt seien laut seinen Berechnungen so bereits rund 9 Millionen Euro Profit mehr möglich.
Neue Strategien mit KI
Bisher verwenden laut dem deutschen AI-Pricing-Anbieter 7Learnings nur etwa fünf Prozent der Einzelhändler eine Preisstrategie, die auf Künstlicher Intelligenz beruht. „Dabei birgt ein vorhersagebasiertes Preismodell das Potenzial, Nachfrage und Zahlungsbereitschaft der Kunden viel besser zu nützen, was zu höheren Profiten und häufig zu höheren Preisen führen kann“, so Felix Hoffmann, Co-Founder und CEO von 7Learnings.
Auch die Konsumentenbefragung untermauere dieses Potenzial: „Verbraucher erwarten zwar hohe Rabatte, erhalten de facto aber oft geringere Nachlässe. Trotzdem sind sie zufrieden und verlagern den Großteil ihrer Einkäufe auf diesen Tag. Händler könnten dieses Verhalten nützen, indem sie durch AI-optimiertes Pricing die richtige Balance zwischen attraktiven und gleichzeitig profitablen Preisen schaffen“, so Hoffmann.