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Business, Recht

Der OGH streicht einer Kinderkrippe die Servicepauschale

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Innsbruck/Wien. Der VKI klagte eine Tiroler Kinderbetreuungseinrichtung wegen ihrer AGB: Es ging um fehlende Rückerstattung, langwierige Vertragsauflösung und eine Art Servicepauschale.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Träger-Verein der Betreuungseinrichtung wegen mehrerer Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) seines Betreuungsvertrages geklagt.

Während zu zwei Klauseln bereits in erster Instanz ein Teilanerkenntnis der Beklagten abgegeben wurde, beurteilte nun der Oberste Gerichtshof (OGH) die restlichen fünf Klauseln der Kinderbetreuungseinrichtung als unzulässig und bestätigte damit die Rechtsansicht des VKI, so eine Aussendung der Verbraucherschützer. Bei den beanstandeten Klauseln handelt es sich vor allem um Klauseln zur Vertragsauflösung und zur fehlenden Rückerstattung von getätigten Zahlungen.

Das Problem

Aufgrund von Beschwerden mahnte der VKI im Februar 2023 sieben Klauseln im Betreuungsvertrag des Vereins ab. Dieser betreibt eine Kinderbetreuungseinrichtung in Innsbruck. Beanstandet wurden Verstöße gegen das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB).

Nachdem die Beklagte der Aufforderung nicht nachkam, die Verwendung der Klauseln zu unterlassen, brachte der VKI die Klage ein. Mit Teilanerkenntnisurteil wurde die Beklagte bereits in der ersten Instanz verpflichtet, die Verwendung von 2 Klauseln zur Entgelterhöhung zu unterlassen („Index-Klauseln“). Nunmehr beurteilte der OGH alle restlichen 5 Klauseln als unzulässig.

Keine Kosten ohne Leistung

Zu einer Klausel über den Einschreibungsbetrag führte das Höchstgericht aus, dass „die Verrechnung von zusätzlichen Entgelten in AGB, denen keine konkreten Zusatzleistungen oder konkrete Kosten gegenüberstehen“ unzulässig ist. Die Klausel lautete konkret, dass mit der Zahlung eines Einschreibungsbetrags in Höhe von 300 Euro das „Informationsgespräch, die Einschreibungsadministration und der Kennenlernprozess zwischen Erziehungsberechtigten, Kind und Pädagog*in abgegolten und daher jedenfalls von einer Refundierung ausgenommen“ sind. Der OGH stellte außerdem fest, dass es keine sachliche Rechtfertigung gibt, diesen Betrag „jedenfalls“ von einer möglichen Refundierung auszunehmen.

Die Klausel über den Verlust der Kaution, falls der Kinderkrippenplatz bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht in Anspruch genommen wird, wurde ebenfalls als gröblich benachteiligend und damit unzulässig angesehen. Für den Obersten Gerichtshof ist „keine sachliche Rechtfertigung dafür ersichtlich, dass die ,Kaution‘ laut Klausel 2 auch dann zu zahlen ist, wenn die Eltern kein Verschulden an der Nichtinanspruchnahme des Betreuungsplatzes trifft“.

Weiters hielt der OGH eine Klausel, die Eltern zur Zahlung verpflichtet, auch wenn wochenlang keine Betreuung stattfindet, für gesetzwidrig.

Eineinhalb Jahre Bindung sind zu lange

Bei 2 weiteren Klauseln handelt es sich um Regelungen zur Vertragsauflösung. Dabei sieht der OGH eine Bindungsfrist von bis zu eineinhalb Jahren als unangemessen lange an. Zudem sind nach Ansicht des Höchstgerichts die wechselseitigen Vertragspositionen unausgewogen. Während der Betreuungsvertrag für die Eltern nur die ordentliche Kündigung bis „ausschließlich zum Ende des Bildungsjahres“ mit halbjährlicher Kündigungsfrist vorsieht, behält sich der Verein die jederzeitige Auflösung des Betreuungsverhältnisses bei bestimmten genannten „schwerwiegenden Gründen“ vor. Eine derartige Möglichkeit werde den Vertragspartnern aber nicht eingeräumt.

Der OGH ist kein Freund von Servicepauschalen

„Es ist sehr erfreulich, dass das Höchstgericht die Rechtsansicht des VKI bestätigt und eindeutig zugunsten der Konsument:innen entschieden hat, dass eine derart lange Bindungsfrist unzulässig ist“, so Nadya Böhsner, zuständige Juristin im VKI: „Zudem führt das Urteil die Rechtsprechung zu den Servicepauschalen konsequent fort, der zufolge die pauschale Verrechnung von Entgelten ohne konkrete Zusatzleistung und ohne konkrete Kosten unzulässig ist.“

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