Wien. Österreichs Unternehmen sind wegen der anhaltend schwachen Konjunktur trüb gestimmt, so eine EY-Umfrage. Wirtschaftsfreundliche Steuerreformen seien notwendig, so Big Four-Kollege Deloitte.
Österreichs Unternehmen stehen vor enormen Herausforderungen aufgrund einer anhaltend schwachen Konjunktur, so eine Aussendung von EY: Die Prüfungs- und Beratungsorganisation gehört so wie Deloitte, KPMG und PwC zum Oligopol der weltweit marktführenden Wirtschaftsprüfer, den „Big Four“. Und so wie Big Four-Kollege Deloitte meldet man sich diese Woche mit einer aktuellen Umfrage zur österreichischen Wirtschaftslage zu Wort.
Besonders spannend ist dies natürlich angesichts der aktuellen Regierungsverhandlungen in Österreich, die mit ÖVP, SPÖ und NEOS drei höchst unterschiedliche Parteien zusammenspannen. Als größte Hürde für ein Regierungsabkommen hat sich bis jetzt das kommende Budget erwiesen, bei dem die Verhandler unter Sparzwängen stehen: Laut Fiskalrat droht Österreichs Budgetdefizit heuer auf 3,9 Prozent und nächstes Jahr voraussichtlich sogar auf 4,1 Prozent des BIP zu steigen. Gleichzeitig sollen budgetäre Sparmaßnahmen aber auch die ohnehin flaue Wirtschaft möglichst nicht noch mehr eintrüben.
Die wirtschaftliche Lage
Der Anteil der Betriebe in Österreich, die ihre Geschäftslage positiv einschätzen, ist laut der EY-Umfrage seit Jahresbeginn deutlich um zehn Prozentpunkte gesunken – von 82 auf nur noch 72 Prozent. Besonders alarmierend sei der massive Rückgang bei jenen, die ihre Situation als rundum zufriedenstellend bewerten, mit einem Einbruch von 13 Prozentpunkten auf nur noch 41 Prozent. Gleichzeitig bewertet über ein Viertel (28%) der Befragten die eigene Geschäftslage aktuell als negativ – ein hoher Wert, der zuletzt zu Beginn des Jahres 2021 erreicht wurde, als die Covid-19-Pandemie die Wirtschaft schwer belastete, so EY.
Trotz minimaler Lichtblicke erwarten weiterhin viele Unternehmen eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage (19%), heißt es. Die Konjunkturerwartungen bleiben ebenfalls düster: Nur 19 Prozent der befragten Unternehmen rechnen in den kommenden sechs Monaten mit einer Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage in Österreich. Dagegen erwarten 39 Prozent eine Verschlechterung, was mehr als doppelt so viele sind wie die wenigen Optimist:innen. Zwar ist der Anteil der Konjunkturpessimist:innen zum zweiten Mal in Folge leicht gesunken (Jänner 2024: 55%), doch bleibt er auf einem besorgniserregend hohen Niveau.
Für die Zahlen wurden im August und September 2024 über 500 Verantwortliche von mittelständischen, nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen in Österreich befragt, so EY. „Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass Unternehmen in Österreich akut unter den herausfordernden wirtschaftlichen Bedingungen leiden. Dennoch sind viele Unternehmen nach wie vor robust und anpassungsfähig“, so Erich Lehner, Partner und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich.
„Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, den Fokus auf Innovation und Effizienz sowie kurzfristig auf Working Capital Management und die Sicherstellung ausreichender Liquidität zu legen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Unsere Unternehmen haben in der Vergangenheit schon oft ihre Resilienz unter Beweis gestellt und werden auch diese Phase meistern“, so Lehner.
An den Standort-Schrauben drehen
Angesichts der aktuellen Regierungsbildung sind Aussagen zum Wirtschaftsstandort natürlich besonders spannend. Auch dazu hat EY ein Stimmungsbild erhoben. Demnach stößt die nationale Standortpolitik Österreichs weiterhin auf wenig Zustimmung bei österreichischen Unternehmen, wie es heißt.
Konkret werde sie nur von 13 Prozent der Befragten als positiv bewertet, während 39 Prozent eine kritische Einschätzung abgeben. Besonders ausgeprägt sei die Unzufriedenheit im Sektor Transport, Verkehr und Energie, wo sich 55 Prozent der Befragten unzufrieden zeigen. Auch in der Industrie und im Tourismus sei die Skepsis gegenüber der aktuellen Standortpolitik ausgeprägt – 45 Prozent der Industriebetriebe und 41 Prozent der Tourismusunternehmen äußern sich kritisch.
Deloitte fordert Steuerreformen
Einen „Brennpunkt Steuerstandort Österreich“ sieht Deloitte in einer Aussendung: Gemeinsam mit dem wirtschaftsnahen Forschungsinstitut EcoAustria fordert man eine umfassende Reform des Steuersystems, die angesichts der aktuellen Rezession und der abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit dringend geboten sei, wie es heißt.
„Der österreichische Standort befindet sich seit geraumer Zeit im Sinkflug. Seit Jahren versuchen wir deshalb die Verantwortlichen aus der Politik wach zu rütteln. Leider hat sich bis jetzt zu wenig getan“, so Harald Breit, CEO von Deloitte Österreich. Laut „Deloitte Austrian Tax Survey“ fordern mehr als zwei Drittel der Unternehmen in Österreich eine Reduktion der Lohnnebenkosten, heißt es. 40 % wiederum sprechen sich für eine weitere Reduktion des Einkommensteuersatzes aus. Beides habe volkswirtschaftlich positive Effekte, die dazu führen, dass die Abgabensenkung sich „zum Teil selbstfinanziert“, erklärt Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria.
Lieber länger arbeiten als neue Steuern auf Vermögen
Neben der Entlastung des Faktors Arbeit sei für die Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes auch die Reduktion der Unternehmenssteuern essenziell, und hier insbesondere die Senkung der Körperschaftssteuer (KÖSt). Eine Senkung der KÖSt ab dem Jahr 2025 um zwei Prozentpunkte auf 21 % würde laut der Studie ein Entlastungsvolumen für die Wirtschaft von gut einer Milliarde Euro bringen. Zur Gegenfinanzierung sieht man u.a. eine schrittweisen Anhebung des gesetzlichen und faktischen Pensionsantrittsalters als geeignet an, insbesondere aber Einsparungen bei Bürokratie und Verwaltung.
Keinesfalls anfreunden können sich Deloitte und EcoAustria mit der Wiedereinführung einer Vermögenssteuer zur Gegenfinanzierung, wie sie u.a. von der SPÖ gefordert wird (Parteichef Andreas Babler wünscht sich bekanntlich eine „Millionärssteuer“). Eine Vermögenssteuer sei mit höheren Kapitalnutzungskosten, einer Investitionszurückhaltung und entsprechenden Wertschöpfungsverlusten verbunden – kurz, sie würde volkswirtschaftlich mehr kosten als bringen, glaubt zumindest Monika Köppl-Turyna.