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Versichern wird für Unternehmen teurer wegen Hochwasser und Klimawandel

Harald Luchs ©Anja Koppitsch

Neue Gefahren. Versichern gegen Naturkatastrophen wird für Unternehmen teurer – wegen Rekord-Hochwasser und Klimawandel. Bei Cybercrime-Polizzen kann man dagegen durch Schutzmaßnahmen sparen, sagt AON-Geschäftsführer Harald Luchs im Interview.

Extrajournal.Net: AON ist ein internationaler Anbieter von Versicherungen und Risikomanagement. Zwei Risiken für Unternehmen waren in letzter Zeit prominent im Gespräch: Cyberangriffe und Naturkatastrophen. Wie groß ist das Cyber-Risiko derzeit tatsächlich?

Harald Luchs: Die Lage hat sich seit dem russischen Angriff auf die Ukraine angespannt, das gilt für ganz Europa und natürlich auch in Österreich. Die Angriffe sind jetzt ausgefeilter, die Entwicklung der KI macht es Angreifern jetzt ebenfalls leichter. Cyberangriffe sind zu einem Geschäft geworden, gleichzeitig steigt aber auch die Sensibilisierung der Firmen. Cyberversicherungen werden sozusagen zur Feuerversicherung des 21. Jahrhunderts. Sie werden völlig normal werden.

Laut einer Umfrage von EY ist das Gefühl der Sicherheit jetzt aber höher als noch vor zwei Jahren: Die Zahl der Unternehmen, die große Angst vor einem Cyberangriff haben, hat sich demnach seit 2022 halbiert.

Harald Luchs: Das hängt wohl einerseits mit der Durchdringung der Cyberversicherungen und andererseits mit den Wellen der medialen Berichterstattung zusammen. Mehr Unternehmen haben jetzt eine Cyberversicherung, gleichzeitig hat man schon länger nichts von großen, aufsehenerregenden Fällen von Cybercriminalität gehört. Im Moment ist die Berichterstattung eher von der wirtschaftlichen Lage, von den Sorgen des betrieblichen Alltags geprägt. Aber nach dem nächsten großen Fall von Cybercriminalität werden die Umfragen wieder ganz anders aussehen.

30 bis 40 Prozent der Industrieunternehmen haben eine Cybercrime-Polizze

Wie verbreitet sind Cybercrime-Versicherungen inzwischen?

Harald Luchs: In unserer Zielgruppe der mittelständischen Unternehmen und Industrie haben zwischen 30 und 40 Prozent bereits eine Cyberversicherung. Die Unternehmen setzen gleichzeitig aber auch auf Prävention, sie setzen Risikomanagement ein, investieren in Technik und Schulung der Mitarbeiter. Das ist übrigens auch seitens der Versicherer eine Voraussetzung, damit eine solche Polizze überhaupt abgeschlossen werden kann. Manche Unternehmen setzen auch ausschließlich auf Prävention und tragen das Risiko, dass doch einmal etwas passiert, selbst – auch das ist eine Möglichkeit. Die Unternehmen müssen jedenfalls etwas tun, nur versichern reicht nicht, und wir selbst sind vor allem im Bereich Risikomanagement beratend tätig.

Wie entwickelt sich der Markt für Cyberversicherungen?

Harald Luchs: Vor zwei Jahren gab es eine Phase starker Prämienanstiege, weil es auch viele Schadensfälle gab. Aktuell sehen wir eine Entspannung. Das bedeutet aber nicht, dass die Prämien jetzt sinken – sie steigen bloß weniger stark. Am Markt sind vor allem US-amerikanische und deutsche Anbieter, die österreichischen Versicherer haben die Thematik leider ein wenig verschlafen. Die Zahl der Anbieter ist jedenfalls noch überschaubar, es sind etwa 15 bis 20 am österreichischen Markt tätig – bei rund 360 Versicherern, die insgesamt hier registriert sind.

Wie hoch sind die Prämien?

Harald Luchs: Das hängt ganz vom Einzelfall ab, also von der Situation des Unternehmens, der Bedrohungslage und seinen Sicherheitsvorkehrungen. Je nach Größe und Risiko geht es um vier- bis sechs- oder siebenstellige Beträge.

Klimawandel lässt Versicherungsprämien steigen

Zuletzt sind Naturkatastrophen sehr stark in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Wie sieht es hier mit der Versicherbarkeit aus?

Harald Luchs: Nach dem Hochwasser gab es eine starke Sensibilisierung, die auch die Politik erfasst hat, es war auch wieder die Rede von der Einführung einer Pflichtversicherung gegen Naturkatastrophen – etwas, das die die Versicherungswirtschaft schon lange fordert. Doch leider ist von all dem mittlerweile wenig übriggeblieben. Der staatliche Katastrophenfonds ist zwar auf Seiten der Opfer des Hochwassers eingesprungen, doch die Einführung einer Pflichtversicherung ist wieder aus der öffentlichen Debatte verschwunden.

Die Versicherungen sind, was Naturkatastrophen betrifft, sehr restriktiv geworden: Die Versicherungssummen und Deckungssummen variieren stark, ein guter Berater ist hier besonders wichtig. Die Versicherer richten sich in ihrer Beurteilung eines Versicherungskunden ganz stark danach, ob ein Standort in einem HORA-Gebiet, also einer Gefahrenzone angesiedelt ist, oder nicht.

Wenn es ein HORA-Gebiet ist, dann ist Versicherbarkeit kaum mehr gegeben. In anderen Lagen gibt es sehr starke Einschränkungen im Versicherungsschutz und auch der Klimawandel schlägt durch: Im Gegensatz zur Cyberversicherung, wo man durch Prävention und bessere Technik auf Besserung hoffen kann, kann man gegen Naturkatastrophen kaum vorbeugen und der Klimawandel sorgt dafür, dass künftige Naturkatastrophen tendenziell stärker werden. Daher steigen die Versicherungsprämien stark. Die Erstversicherer müssen sich hier ja auch nach den Rückversicherern richten, die ihrerseits mit den Prämien in die Höhe gehen.

Der Ruf nach der Pflichtversicherung

Wie stark steigen die Prämien?

Harald Luchs: In den letzten zwei Jahren gab es einen Anstieg um rund 20 Prozent. Da ist es kein Wunder, dass es den Ruf nach einer Pflichtversicherung gibt.

Spielt die Frage, ob ein Unternehmen in Österreich eine Versicherung gegen Naturkatastrophen bekommt, auch eine Rolle bei der Standort-Wahl, also zum Beispiel bei geplanten Investitionen?

Harald Luchs: Es wird bei großen Unternehmensansiedlungen das gesamte Risiko betrachtet: In HORA-Zonen bekommt man gar keinen Versicherungsschutz mehr, in anderen Regionen wird es teurer. Daher spielt es tatsächlich eine Rolle bei Standortentscheidungen. Klar ist, der Markt bleibt hart, irgendwann wird die Politik etwas tun müssen.

Sind Sie für eine Pflichtversicherung?

Harald Luchs: Ich trete auch für eine Pflichtversicherung ein, man muss natürlich sehen wie die dann gestaltet ist. Die Allgemeinheit, die sie bezahlt, muss ja etwas dafür bekommen. In den skandinavischen Ländern gibt es bereits einige erfolgreiche Modelle.

Im Interview

Mag. Harald Luchs ist Geschäftsführer (CSO) bei AON Österreich.

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