Wien. Eine Studie unter Beteiligung der WU Wien zeigt, dass die antike römische Herrschaft heutige Persönlichkeitsmerkmale beeinflusst.
Was hat unternehmerisches Denken mit der Geschichte einer Region zu tun? Mehr, als man vermuten würde: In ehemals römischen Gebieten sind unternehmerische Persönlichkeiten heute weiter verbreitet als in anderen Regionen. Die Ursache: Die römischen Investitionen von damals – etwa in den Bergbau oder den Ausbau des Straßennetzes – haben die psychologische Landkarte Europas geprägt.
Investitionen des Römischen Reichs wirken bis heute
Das zeigt eine neue Studie unter Beteiligung der WU Wien. Kernaussage der Untersuchung, an der Fabian Wahl vom WU Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte beteiligt war: Die Besiedlung durch das Alte Rom vor etwa 2.000 Jahren im heutigen Süden und Westen Deutschlands hat noch immer Auswirkungen auf die Persönlichkeitsmerkmale und Lebenszufriedenheit der dort lebenden Menschen. Die langfristigen Auswirkungen der römischen Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaft sind also sogar heute noch spürbar.
Das internationale Forscherteam hat für die Studie („Roma Eterna? Roman rule explains regional well-being divides in Germany“) psychologische Daten von mehr als 70.000 Personen in Deutschland analysiert. Dabei wurden regionale Cluster bestimmter Persönlichkeitsmerkmale identifiziert, die mit höherer Lebenszufriedenheit, besserem Gesundheitszustand und höherer Lebenserwartung korrelieren. Diese Cluster befinden sich südlich des ehemaligen römischen Grenzwalls Limes. Eine ähnliche Untersuchung in den Niederlanden, wo ebenfalls ein römischer Grenzwall existierte, zeigte vergleichbare Ergebnisse. Frühere Studien wiesen zudem darauf hin, dass in ehemals römischen Gebieten in Deutschland mehr Startups gegründet werden.
Römisches Reich wirkt auch in Österreich
Die Forscher vermuten, dass sich diese Ergebnisse auch auf andere ehemalige Grenzregionen des Römischen Reiches übertragen lassen könnten, beispielsweise in Österreich. Die Studie unterstreicht, dass historische Grenzen lange nach ihrem Verschwinden noch Auswirkungen haben können. Fabian Wahl betont in einer Aussendung der WU, dass die Errichtung von Grenzen langfristige Konsequenzen haben kann, selbst wenn diese später wieder aufgehoben werden. Auch das wird durch andere Studien bestätigt – diese zeigen, dass ehemalige Grenzen wie jene der DDR, des Deutschen Reichs oder Österreich-Ungarns noch heute politische und ökonomische Variablen beeinflussen.