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Recht

Familienzusammenführung: „Pause“-Entwurf einstimmig in Begutachtung

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Parlament. Die Regierung will die Familienzusammenführung „pausieren“: Die umstrittene Gesetzesänderung ging jetzt auch mit den Stimmen der Opposition in Begutachtung.

In einer kurz gehaltenen Sitzung vor dem Plenum schickte der Innenausschuss des Nationalrats nun den Initiativantrag der Koalition in Sachen Familienzusammenführung einhellig in Begutachtung. Die von ÖVP, SPÖ und NEOS vorgeschlagene Gesetzesänderung soll es der Bundesregierung ermöglichen, die Bearbeitung von Anträgen auf Familienzusammenführung per Verordnung zu „pausieren“ (167/A), wie die Parlamentskorrespondenz berichtet.

Die zuständigen Behörden müssten sich demnach für die Dauer der Gültigkeit der Verordnung nicht an die sechsmonatige Entscheidungsfrist halten. Als Voraussetzung dafür ist vorgesehen, dass die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats feststellt, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit in Österreich gefährdet sind.

Der Entwurf und die Kritik

Zur Abgabe einer Stellungnahme im Rahmen der Ausschussbegutachtung eingeladen wurden das Bundeskanzleramt und sein Verfassungsdienst, sämtliche Ministerien und Bundesländer, die Volksanwaltschaft, der Rechnungshof, die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, der Integrationsfonds sowie für den Asylbereich relevante NGOs. Diese können sich bis zum 10. April 2025 schriftlich zum Gesetzentwurf äußern.

Seitens der FPÖ bezeichnete Gernot Darmann den Entwurf als „Blendwerk“, der die offenkundigen Probleme, die durch die „Massenzuwanderung“ entstünden, nicht lösen könne. Der Ausschussbegutachtung stimmte er jedoch zu, ebenso wie Grünen-Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. Sie bemängelte jedoch, dass keine Vertreter:innen der Lehre zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladen wurden und die aus ihrer Sicht zu kurze Frist von zwei Wochen. Lukas Brandweiner (ÖVP) bedankte sich bei allen Fraktionen für ihre Zustimmung zur Ausschussbegutachtung.

Außerdem vertagte der Innenausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS zwei Initiativen der Opposition. Dies betraf einen wiederaufgenommenen Antrag der FPÖ, der auf einen sofortigen und permanenten Stopp der Familienzusammenführung abzielt sowie einen Entschließungsantrag der Grünen, in dem eine EU-rechtskonforme Regelung in derselben Frage gefordert wird.

Keine sechsmonatige Entscheidungsfrist

ÖVP, SPÖ und NEOS wollen der Bundesregierung ermöglichen, eine Verordnung zu erlassen, wodurch der Ablauf der Frist zur Bearbeitung von Anträgen auf Familienzusammenführung „gehemmt“ werden kann. Das heißt, dass Anträge auf Familienzusammenführung weiterhin gestellt werden können sollen, die zuständigen Behörden sich jedoch nicht an die sechsmonatige Entscheidungsfrist halten müssten, solange die Verordnung gültig ist. Voraussetzung dafür wäre laut Initiativantrag, dass die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats feststellt, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit gefährdet sind.

Österreich würde damit von einzelnen Bestimmungen des sekundären Asylrechts der EU abweichen, heißt es in der Begründung. Das sei laut Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) möglich, um den Schutz der öffentlichen Ordnung und der nationalen Sicherheit aufrecht zu erhalten. Dies gelte auch präventiv, da der AEUV nicht voraussetze, „dass der Mitgliedstaat bereits mit einem Notstand, einer notstandsähnlichen Situation oder einem Zusammenbruch aller oder einiger seiner Teilsysteme konfrontiert ist“.

Angeführt werden im Antrag auch einige Ausnahmefälle, die insbesondere Minderjährige oder andere Antragsteller:innen betreffen, bei denen das Recht auf Privat- und Familienleben laut Europäischer Menschenrechtskonvention (EMRK) „zwingend geboten“ ist. Bei diesen soll die halbjährige Entscheidungsfrist auch während der Gültigkeit der in Rede stehenden Verordnung eingehalten werden müssen.

Die Regelung soll laut Antrag mit Ende September 2026 außer Kraft treten. In weiterer Folge soll – wie im aktuellen Regierungsprogramm vorgesehen – ein Kontingentsystem erarbeitet werden, das sowohl die Aufnahmekapazitäten der staatlichen Systeme als auch die Wahrung der durch die EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte berücksichtigt.

Kritiker halten den „Pause“-Entwurf übrigens für nicht EU-rechtskonform. Bis der EuGH voraussichtlich eine Entscheidung dazu trifft, ist das Ablaufdatum der Regelung aber wohl ohnehin bereits erreicht.

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