Innsbruck. Quantenphänomene können auch unter wärmeren Bedingungen genutzt werden – das ergibt neue Möglichkeiten für neue Quantentechnologien.
Ein Forschungsteam der Universität Innsbruck hat in einem supraleitenden Mikrowellen-Resonator sogenannte „heiße“ Schrödinger-Katzen-Zustände erzeugt. Diese Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht wurden, zeigen, dass Quantenphänomene auch unter weniger idealen, wärmeren Bedingungen beobachtet und genutzt werden können.
Schrödingers Katzen in der Quantenphysik
Schrödinger-Katzen-Zustände sind ein Phänomen der Quantenphysik, bei dem ein Quantenobjekt gleichzeitig in zwei verschiedenen Zuständen existiert. Das Konzept geht auf das Gedankenexperiment von Erwin Schrödinger zurück, in dem eine Katze gleichzeitig lebendig und tot sein kann. Im Labor wurde diese Gleichzeitigkeit bisher an Atomen, Molekülen und Schwingungen elektromagnetischer Resonatoren nachgebildet. Traditionell wurden solche Zustände durch Abkühlung des Quantenobjekts auf den Grundzustand mit minimaler Energie erzeugt.
Das Innsbrucker Team um Gerhard Kirchmair und Oriol Romero-Isart hat nun gezeigt, dass es möglich ist, Quantenüberlagerungen aus thermisch angeregten Zuständen zu erzeugen. Auch Schrödinger sei in seinem Gedankenexperiment von einer lebenden, also „heißen“ Katze ausgegangen, erklärt Kirchmair vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Es sollte herausgefunden werden, ob sich solche Quanteneffekte auch erzeugen lassen, wenn nicht von einem kalten Grundzustand ausgegangen wird.
Experimentelle Ergebnisse
Die Forscher nutzten ein supraleitendes Quantenbit in einem Mikrowellen-Resonator, um die Katzen-Zustände zu erzeugen. Dabei gelang es ihnen, die Quantenüberlagerungen bei Temperaturen von bis zu 1,8 Kelvin zu erzeugen – 60 Mal heißer als die Umgebungstemperatur im Hohlraum des Resonators. Die Ergebnisse würden zeigen, dass es möglich ist, hochgradig gemischte Quantenzustände mit deutlichen Quanteneigenschaften zu erzeugen, wird Ian Yang, der die Experimente durchgeführt hat, in einer Aussendung zitiert.
Zur Erzeugung der heißen Schrödinger-Katzen-Zustände verwendeten die Wissenschaftler zwei spezielle Protokolle, die ursprünglich für kalte Katzen-Zustände entwickelt wurden. Es stellte sich heraus, dass leicht angepasste Protokolle auch bei höheren Temperaturen funktionieren und dabei eine quantenmechanische Überlagerung von Zuständen ermöglichen.
Die Forschungsergebnisse könnten neue Wege für die Entwicklung von Quantentechnologien eröffnen. Besonders interessant sind diese Erkenntnisse für Anwendungen in nanomechanischen Oszillatoren, bei denen das Erreichen des Grundzustands technisch herausfordernd ist. Die Arbeit zeige, dass Quanteneffekte auch bei höheren Temperaturen bestehen bleiben können. Das bedeutet auch, dass die Temperatur letztlich keine Rolle spielt, wenn die richtigen Wechselwirkungen in einem System zur Verfügung stehen. Das wiederum könnte den Einsatz von Quantenphänomenen in weniger idealen Umgebungen erleichtern und neue technologische Möglichkeiten schaffen.