Medizin & Wissenschaft. Neue Ergebnisse aus der Forschung zu Lipidtransportern im Gehirn, zur Auswirkung der Intelligenzquotienten auf die Gesundheit, zu den Folgen von Social Media und zum Einsatz von KI bei Katarakt-Operationen.
Forschung zu Lipidtransportern im Gehirn
Ein Forscherteam untersucht derzeit die unabhängig vom restlichen Körper funktionierenden Mechanismen der Lipidtransporter im Gehirn, die für die Gehirngesundheit entscheidend sind und bei der Bekämpfung von Krankheiten wie Alzheimer eine wichtige Rolle spielen. Ab dem Frühjahr starten Birgit Plochberger vom Department für Medizintechnik der FH Oberösterreich und Raimund Dutzler vom Institut für Biochemie der Universität Zürich ein vierjähriges Forschungsprojekt zu diesem Thema. Im Zentrum steht das weniger bekannte Protein TTYH2, das möglicherweise als Katalysator wirkt und den Austausch von Lipiden zwischen ApoE-Partikeln und Zellmembranen erleichtert.
Die Studie unter dem Kurztitel „Enhancing Lipid Transfer“ nutzt moderne Methoden wie Kryo-Elektronenmikroskopie, Massenspektrometrie und Super-Resolution-Mikroskopie, um die Interaktion zwischen TTYH2 und ApoE zu untersuchen. Dutzler betont, dass er und sein Team ursprünglich einen neuen Mechanismus für die Kontrolle des zellulären Volumens identifizieren wollten, stattdessen aber „einem völlig neuen Prozess des Lipidtransports auf der Spur waren“. Die Ergebnisse könnten weitreichende Auswirkungen auf die Medikamentenentwicklung und therapeutische Strategien haben, besonders im Kampf gegen Alzheimer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gefördert wird das Projekt aus österreichischen Bundesmitteln durch den Wissenschaftsfonds FWF mit rund 900.000 Euro.
Der IQ wirkt sich auf die menschliche Gesundheit aus
Eine aktuelle Studie der Universität Wien zeigt, dass ein niedrigerer Intelligenzquotient (IQ) im Jugendalter das Risiko für spätere körperliche und psychische Erkrankungen erhöht. Die Meta-Analyse basiert auf 49 Studien mit mehr als 2,9 Millionen Testpersonen aus acht Ländern. Schon ein Minus von 15 IQ-Punkten im Vergleich zu Gleichaltrigen führt zu einem um 22 Prozent erhöhten Krankheitsrisiko im späteren Leben.
Die Bedeutung der Intelligenztestleistung für Gesundheit sei in Ländern mit besserer medizinischer Versorgung geringer, so die Forschenden. Auch der Bildungsgrad beeinflusst den Zusammenhang maßgeblich. Die Ergebnisse legen nahe, dass gesundheitspolitische Maßnahmen und Bildungsinitiativen gesundheitliche Ungleichheiten verringern könnten. Insgesamt werde jedenfalls ein niedriger IQ früh im Leben als eigenständiger Risikofaktor für spätere Erkrankungen bestätigt.
Zusammenhang zwischen Social Media und Selbstverletzung
Viele Jugendliche verletzen sich selbst, wobei Bilder auf Social Media den Drang dazu verstärken können. Laut Oswald Kothgassner, Leiter des Forschungslabors für Stress in der Kindheit und Adoleszenz an der MedUni Wien, verletzen sich weltweit 15 bis 20 Prozent der Menschen mindestens einmal im Leben selbst, heißt es in einer Aussendung der Uni. Besonders im Alter zwischen 12 und 18 Jahren ist die Prävalenz von selbstverletzendem Verhalten hoch und erreicht mit 15 Jahren ihren Höhepunkt.
Selbstverletzendes Verhalten dient häufig der Bewältigung intensiver innerer Anspannung und kann auch als indirekter Hilferuf verstanden werden. Im Zuge des vom FWF geförderten Forschungsprojekts „Online-Trigger bei nicht-suizidalen Selbstverletzungen“ werden die Gründe untersucht. Das Forschungsteam hat sich dabei angesehen, wie Social Media dieses Verhalten beeinflusst, und zeigte Jugendlichen unter kontrollierten Bedingungen Bilder von künstlich geschminkten Wunden. Jugendliche mit entsprechender Vorgeschichte fixierten diese Bilder deutlich länger, was auf eine Aufmerksamkeitsverzerrung hinweist. In einer weiteren Studie zeigte sich, dass negative Ereignisse auf Social Media den inneren Druck zur Selbstverletzung erhöhen. Nach negativen Online-Erlebnissen waren die Jugendlichen angespannter als nach realen negativen Ereignissen. Eine dritte Studie untersucht derzeit, wie sozialer Ausschluss und Social-Media-Inhalte zusammenwirken. Ziel der Forschung ist es, gezielte Therapien zu entwickeln und das Leid Betroffener zu verringern.
KI analysiert Operationsvideos beim Grauen Star
Grauer Star, auch als Katarakt bekannt, ist weltweit die häufigste Ursache für Erblindung, besonders in Ländern mit geringem Einkommen. Eine Operation ist oft die einzige Möglichkeit, das Sehvermögen bei Grauem Star wiederherzustellen. In vielen Ländern wird eine spezielle, kostengünstige Operationsmethode eingesetzt, die sogenannte Kleinschnitt-Kataraktoperation. Bisher gab es für diese Operation keine öffentlich verfügbaren Videoaufnahmen, die für die Ausbildung und Forschung genutzt werden konnten. Forscherinnen und Forscher haben nun erstmals Videos dieser Operation gesammelt und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) analysiert.
Konkret hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Universitätsklinikums Bonn und der Universität Bonn erstmals eine automatisierte Phasenerkennung mittels Künstlicher Intelligenz (KI) für diese Small Incision Cataract Surgery (SICS) entwickelt. Die KI kann verschiedene Schritte der Operation im Video erkennen und so die Qualität und den Ablauf der Eingriffe besser bewerten. Mit einem internationalen Wettbewerb sollen nun weitere KI-Programme entwickelt werden, um die Analyse von Operationsvideos zu verbessern. Das Ziel ist es, die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie die Ergebnisse bei Grauer-Star-Operationen weltweit zu verbessern.