Forschung & Medizin. Ein neues europäisches Zentrum für Impfstoffforschung wird in Siena eröffnet. In Jena werden Schimmelpilze untersucht. Die Angst um die Gesundheit nimmt laut einer Studie ab und mehr.
Neues Zentrum für Impfstoffentwicklung
Ein neues Zentrum zur Förderung der Impfstoffentwicklung soll europäische Länder besser auf mögliche zukünftige Pandemien vorbereiten. Die Europäische Kommission will mit dem European Vaccines Hub for Pandemic Readiness (kurz EVH) durch die Bündelung von Forschung, Entwicklung, klinischen Studien und Produktion diese Bereitschaft stärken. Der EVH setzt auf enge Zusammenarbeit zwischen akademischer Forschung, Biotech-Unternehmen und Behörden, um die Entwicklung und Produktion von Pandemieimpfstoffen in Europa nachhaltig zu verbessern. Das Konsortium des Hubs umfasst 11 Hauptpartner und 13 weitere Einrichtungen aus 7 Ländern, darunter Institutionen im Bereich der Impfstoffforschung.
Die Koordination übernimmt die Sclavo Vaccines Association in Siena, Italien. Der EVH ist in vier Säulen gegliedert: Entdeckung, präklinische Studien, klinische Studien sowie Herstellung und Regulierung. Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) leitet die Säule „Herstellung und Regulierung“ und ist an beinahe allen Arbeitspaketen beteiligt. Die EU fördert das Projekt im Rahmen des EU4Health-Programms mit rund 102 Millionen Euro, davon fließen etwa 21 Millionen Euro an deutsche Partner. Beim offiziellen Kick-off-Meeting am 22. und 23. Mai 2025 in Siena kamen rund 160 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Behörden zusammen.
MedUni: Erkenntnisse zur Darmkrebs-Therapie
Neue Forschungsergebnisse der MedUni Wien könnten die Therapie von Darmkrebs revolutionieren. Konkret geht es um KRAS-mutiertem Darmkrebs; das Onkogen KRAS spielt wie in vielen Krebsarten auch beim Darmkrebs eine entscheidende Rolle bei der Entstehung. Bisher galten solche Mutationen als schwer behandelbar, da sie gängige Behandlungsansätze unwirksam machen, doch die Studie zeigt unerwartete Schwachstellen dieser Tumore auf. Ein Team um Maria Sibilia identifizierte den sogenannten EGFR-Signalweg als potenziellen Angriffspunkt – entgegen der bisherigen Annahme, dieser Rezeptor sei bei KRAS-Mutationen für die Therapie nicht relevant. EGFR (Epidermal Growth Factor Receptor) befindet sich auf der Oberfläche von Zellen; mit Hilfe von Organoiden aus Mausmodellen demonstrierten die Forschenden, dass EGFR-Blockaden den Zuckerstoffwechsel der Krebszellen hemmen und sie zur Glutamin-Verwertung zwingen.
Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass dieser Rezeptor auch bei KRAS-mutierten Tumoren eine aktive Rolle spiele, wird Erstautorin Dana Krauß (Zentrum für Krebsforschung der MedUni Wien und Comprehensive Cancer Center Vienna) in einer Aussendung zitiert. Gleichzeitig aktiviere diese Intervention Genmuster, die bei Patientinnen bzw. Patienten mit längeren Überlebenszeiten zusammenhängen. Die Daten legen nahe, dass kombinierte Therapien gegen EGFR und KRAS wirksamer sein könnten als bisherige Einzelansätze. Obwohl noch klinische Studien fehlen, deuten die Ergebnisse auf verbesserte Behandlungsoptionen für die zweithäufigste Krebstodesursache hin. Die Studie unterstreicht außerdem die Notwendigkeit, etablierte Therapiekonzepte bei therapieresistenten Krebsformen neu zu evaluieren.
Forschung zu Auswirkungen von Schimmelpilzen auf die Lunge
Der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus ist in der Natur weit verbreitet und für gesunde Menschen meist ungefährlich.Bei Personen mit geschwächtem Immunsystem kann dieser Pilz jedoch schwere Lungeninfektionen auslösen und das Gleichgewicht der Lunge stören. Eine aktuelle Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Jena zeigt, dass eine Infektion mit Aspergillus fumigatus nicht nur die Lunge, sondern auch den Darm und den Stoffwechsel beeinflusst. Die Forschenden des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena (Exzellenzcluster Balance of the Microverse) fanden heraus, dass sich während einer Pilzinfektion die Zusammensetzung der Bakterien in Lunge und Darm verändert.
Vor allem bestimmte Bakterienarten können sich in der Lunge stärker vermehren, wenn der Pilz das Sauerstoffniveau verändert. Diese Veränderungen könnten den Verlauf der Krankheit beeinflussen und neue Ansätze für die Behandlung ermöglichen. Die sogenannte „Darm-Lungen-Achse“ spielt dabei eine wichtige Rolle und könnte in Zukunft gezielt für Therapien genutzt werden. Untersucht wurde das mithilfe eines Mausmodells, bei dem auch die Wirkung von Medikamenten und einer geschwächten Immunabwehr berücksichtigt wurden. Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise, wie das Zusammenspiel von Pilzen, Bakterien und Stoffwechsel bei Infektionen funktioniert. Langfristig könnten diese Erkenntnisse helfen, neue Therapien gegen Pilzinfektionen bei immungeschwächten Menschen zu entwickeln.
Weniger Angst um die Gesundheit
Die Besorgnis der deutschen Bevölkerung über gesundheitsrelevante Umweltprobleme ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Einer aktuellen Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge sank der Anteil der Menschen, die sich wegen des Klimawandels Sorgen machen, zwischen 2020 und Ende 2024 um knapp 13 Prozentpunkte. Auch beim Thema Luftverschmutzung nahm die Besorgnis um rund elf Prozentpunkte ab. Gleichzeitig stieg der Anteil derjenigen, die Umweltprobleme für übertrieben halten, um 10 Prozentpunkte auf 29 Prozent. Dennoch bewerten weiterhin 84 Prozent der Befragten den Umweltschutz als wichtig oder sehr wichtig.
Persönlich fühlen sich weniger Menschen durch Umweltverschmutzung und Schadstoffe gesundheitlich stark belastet: 2024 waren es nur noch 27 Prozent, 2020 lag der Wert noch bei knapp 40 Prozent. Die größten Sorgen bereiten globale Themen wie Mikroplastik in der Umwelt, die Verschmutzung von Gewässern und der Verlust der Artenvielfalt. Besonders jüngere Menschen unter 30 Jahren äußern häufiger Sorgen über den Klimawandel, während sommerliche Hitzewellen für 46 Prozent der Befragten ein Anlass zur Sorge sind. Die Ergebnisse deuten auf eine wachsende Diskrepanz zwischen realen Umweltgefahren und der Risikowahrnehmung in der Bevölkerung hin, heißt es.