Mehr Transparenz. Per Gesetzesänderung wird künftig jede Förderung ab 1.500 Euro in Österreich veröffentlicht. Und geschützte Daten der Öffentlichen Hand sollen für Forscher über data.gv.at zugänglich werden.
Österreich will das Grundrecht auf Information umsetzten: Staatliche Förderungen ab 1.500 € werden künftig veröffentlicht, berichtet die Parlamentskorrespondenz. Konkret hat der Verfassungsausschuss des Nationalrats die entsprechende Novelle zum Transparenzdatenbankgesetz und weitere 139 Gesetzesnovellen ins Plenum weitergeleitet.
Die neue Offenheit bei Förderungen
Schon jetzt werden über das vom Finanzministerium verwaltete „Transparenzportal“ bestimmte Förderungen für Unternehmen veröffentlicht. So ist etwa nachvollziehbar, wer COVID-19-Wirtschaftshilfen erhalten hat, wenn diese einen bestimmten Grenzwert – 10.000 € – überschritten haben. Ab September sollen nun alle in der Transparenzdatenbank erfassten staatlichen Förderungen, die nicht an Privatpersonen gehen, der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, sofern sie über dem Schwellenwert von 1.500 € liegen. Zudem wird mit der Novelle der Datenbestand der Datenbank erweitert und eine Weitergabe von Daten bei Verdacht auf Fördermissbrauch gestattet.
Auch Steuererleichterungen sind Förderungen
Die künftige namentliche Veröffentlichung von Subventionen über 1.500 € wird vom Finanzministerium damit begründet, dass Förderungen aus Steuergeldern finanziert werden und das Interesse der Allgemeinheit auf transparente Information höher zu bewerten ist als persönliche Interessen von Subventionsempfänger:innen auf Geheimhaltung. Auch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und Empfehlungen des Rechnungshofs wird in den Erläuterungen zur Gesetzesnovelle verwiesen.
- Vom Förderbegriff umfasst sind dabei auch Steuererleichterungen und Sachleistungen, wobei die Daten monatlich aktualisiert werden sollen.
- Zur Wahrung der datenschutzrechtlichen Verhältnismäßigkeit ist die Bereitstellung der Förderdaten auf fünf Jahre begrenzt.
- Mit der Novelle werden außerdem die notwendigen rechtlichen Grundlagen für die Aufnahme neuer Datensätze in die Transparenzdatenbank geschaffen. Das betrifft etwa Steuererleichterungen aller Art, nachdem derzeit nur „ertragssteuerliche Ersparnisse“ erfasst werden.
- Zudem werden Zuschüsse von Gebietskörperschaften künftig auch dann als „Gesellschafterzuschüsse“ gewertet, wenn die jeweilige Kapitalgesellschaft nicht zu 100% im Besitz der öffentlichen Hand steht.
- Adaptierungen bei den Abfrageberechtigungen und beim Datenaustausch haben unter anderem zum Ziel, unerwünschte bzw. unzulässige Mehrfachförderungen zu vermeiden.
Streichung des Begriffs „Amtsverschwiegenheit“
Technisch gesehen sind die Novellen zum Transparenzdatenbankgesetz und zur Bundesabgabenordnung Teil eines umfangreichen Gesetzespakets, mit dem unter dem Titel Informationsfreiheits-Anpassungsgesetz dutzende Gesetze an die neue Rechtslage in Sachen Informationsfreiheit angepasst werden. Vorrangig geht es dabei darum, den Begriff der Amtsverschwiegenheit aus den jeweiligen Gesetzen zu streichen und stattdessen die neuen verfassungsgesetzlichen Vorgaben zu implementieren.
In diesem Zusammenhang werden auch einzelne Berichtspflichten neu geregelt und datenschutzrechtliche Bestimmungen angepasst. An geltenden Verschwiegenheitspflichten – etwa von Ärzt:innen und Rechtsanwält:innen – wird dabei nicht gerüttelt. Für die getrennt abgestimmte Novelle zum Bankwesengesetz wird im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit benötigt, die Änderung des Bildungsdirektionen-Einrichtungsgesetzes bedarf vor der Kundmachung der Zustimmung der Länder, so die Parlamentskorrespondenz.
Gefasst wurden die bisherigen Beschlüsse im Verfassungsausschuss allerdings nur mit den Stimmen der Koalitionsparteien, wobei zwei Abänderungsanträge mitberücksichtigt wurden. Dabei geht es zum einen um redaktionelle Anpassungen, zum anderen um gesetzliche Adaptierungen, die nicht mit dem Informationsfreiheitsgesetz in Zusammenhang stehen. So sollen zur Behebung des Lehrermangels vorübergehend auch Quereinsteiger:innen an land- und forstwirtschaftlichen Schulen unterrichten können.
FPÖ und Grüne stimmen gegen Gesetzespaket
Gegen das Informationsfreiheits-Anpassungsgesetz und die beiden ergänzenden Gesetzesnovellen stimmten FPÖ und Grüne. Die FPÖ sei nicht gegen mehr Transparenz, sagte Abgeordneter Michael Schilchegger (FPÖ). Seiner Meinung nach werden Behörden und Gemeinden aber von den Regierungsparteien im Stich gelassen. Statt gesetzlich klar zu definieren, welche Auskünfte zu erteilen sind und welche nicht, werde die „Abwägungsarbeit“ den Behörden übertragen. Schilchegger erwartet sich dadurch massive Rechtsunsicherheit.
Die frühere Justizministerin Alma Zadić von den Grünen wiederum kritisierte, dass die Ministerialentwürfe zu spät gekommen seien und die Begutachtungsfrist viel zu kurz gewesen sei. In einzelnen Bereichen ortet sie außerdem eine Aushöhlung des Informationsfreiheitsgesetzes, wobei sie etwa den Schulbereich nannte.
Wolfgang Gerstl (ÖVP) sprach hingegen von einem Paradigmenwechsel und einer neuen „Policy“: Es gelte zu vermitteln, dass die Behörden für die Bürger:innen arbeiten würden und nicht primär Geheimhaltung im Vordergrund stehe. Seitens der Regierung zeigte sich Staatssekretär Alexander Pröll zuversichtlich, dass alle notwendigen technischen, organisatorischen und legistischen Anpassungen bis zum 1. September abgeschlossen sein werden.
Forschende erhalten Zugang zu geschützten öffentlichen Daten
An das Plenum weitergeleitet hat der Verfassungsausschuss auch ein neues Datenzugangsgesetz: Es soll – in Anlehnung an eine EU-Verordnung – Forscher:innen und Unternehmen Zugang zu geschützten öffentlichen Daten erleichtern. Österreich setzt damit – mit einiger Verspätung – auch den Daten-Governance-Rechtsakt (DGA) der EU um. Diese EU-Verordnung ist bereits im September 2023 in Kraft getreten.
Öffentliche Daten werden in Österreich insbesondere über die Open-Data-Plattform www.data.gv.at zur Weiternutzung für private Anwender bereitgestellt. Zudem macht die Statistik Austria über das Austria Micro Data Center (AMDC) diverse Daten für die wissenschaftliche Nutzung zugänglich. Mit dem Datenzugangsgesetz komme Österreich nun der Verpflichtung nach, eine zentrale Informationsstelle für Nutzer:innen einzurichten, bei der auch Anträge zur Weiterverwendung von Daten eingebracht werden können. Außerdem ist laut DGA eine Behörde zu benennen, die für private Datenvermittlungsdienste und für „datenaltruistische Organisationen“ – das sind Organisationen, die Daten im Sinne des Gemeinwohls kostenlos zur Verfügung stellen – zuständig ist. Beide Aufgaben wird laut Gesetzentwurf das Bundeskanzleramt übernehmen. Geplant ist außerdem, der Statistik Austria die Rolle einer zuständigen Stelle für Amtliche Statistik und Forschungsmikrodaten zu übertragen.
Für Unternehmen, Startups und Forschende
Ziel der EU-Verordnung bzw. des Gesetzentwurfs ist es den Erläuterungen zufolge, einen vertrauenswürdigen und sicheren Rahmen für die Nutzung geschützter öffentlicher Daten zu schaffen und technische Hindernisse zu überwinden. Daten des öffentlichen Sektors, die bislang nur unzureichend einsehbar und nutzbar waren, könnten für Unternehmen, Startups und Forscher:innen damit leichter verfügbar werden.
Der DGA verpflichtet die EU-Länder aber nicht, bestimmte Daten zur Verfügung zu stellen, hält das Bundeskanzleramt ausdrücklich fest. Verstöße gegen die neuen gesetzlichen Bestimmungen – etwa die unzulässige Übertragung von Daten in Drittländer – sollen mit Verwaltungsstrafen von bis zu 100.000 € geahndet werden.
Die Ablehnung des neuen Gesetzes durch die FPÖ wurde von Michael Schilchegger damit begründet, dass seine Fraktion keinen Mehrwert darin erkenne. Der Zugang zu öffentlichen Daten sei wichtig, aber die jährlichen Kosten von 3 bis 4 Mio. € pro Jahr würden ihm zu hoch erscheinen. Ausdrücklich begrüßt wurde der Gesetzentwurf hingegen von Sabine Schatz (SPÖ) und Markus Koza.
Staatssekretär Alexander Pröll hielt fest, dass die Statistik Austria eine wichtige Rolle einnehmen werde, um das Bundeskanzleramt bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Die Plattform data.gv.at wird ihm zufolge zu einer zentralen Plattform ausgebaut und mit dem europäischen Datennetz data.europa.eu verbunden.