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Europas börsenotierte Unternehmen hängen USA und China ab: Plus 8,8%

Gunther Reimoser ©EY Österreich

Aktien & Kurse. Die größten europäischen Unternehmen steigerten ihren Börsewert im ersten Halbjahr 2025 um stolze 8,8 Prozent. Asiatische und US-Titel sind deutlich abgeschlagen.

Die wertvollsten Unternehmen der Welt konnten ihren Börsenwert im ersten Halbjahr weiter steigern, so eine aktuelle Marktstudie von EY. Der kumulierte Wert der 100 teuersten Unternehmen legte um 6,1 Prozent auf aktuell rund 47,4 Billionen US-Dollar zu – ein neuer Rekord, ungeachtet der weltweiten Zuspitzung geopolitischer Spannungen und der steigenden Zahl von Kriegen und bewaffneten Auseinandersetzungen.

Make America Great Again: First Results

Anders als in den Vorjahren zeigten sich diesmal die US-Unternehmen im Ranking nicht als Wachstumschampions: Während die 19 asiatischen Unternehmen unter den Top-100 ihren Wert um 6,5 Prozent steigern konnten und die 19 europäischen Unternehmen sogar einen Wertzuwachs von 8,8 Prozent erzielten, stieg der Börsenwert der 60 US-amerikanischen Unternehmen nur um 5,8 Prozent. Die MAGA („Make America Great Again“) Parole von US-Präsident Donald Trump hat damit zum Start seiner Amtszeit an der Börse eher den gegenteiligen Effekt erzielt.

Trotzdem dominieren US-Unternehmen weiterhin das Ranking, einfach durch ihre starke Stellung früherer Jahre. Von den 100 wertvollsten Unternehmen der Welt haben 60 ihren Sitz in den USA – das sind nur zwei weniger als zu Jahresbeginn. Und unter den Top-10 der allerwertvollsten Unternehmen finden sich sogar neun US-Unternehmen. Nur der saudi-arabische Ölkonzern Saudi Aramco schafft es auf Platz sieben.

Die Zahl der europäischen Unternehmen unter den Top 100 stieg im ersten Halbjahr von 18 auf 19, die Zahl der asiatischen von 17 auf 19.

SAP ist wertvollstes europäisches Unternehmen

Erstmals seit Beginn der halbjährlich durchgeführten EY-Analyse im Jahr 2007 ist ein deutscher Konzern das wertvollste europäische Unternehmen: Der Softwarekonzern SAP liegt mit einem Börsenwert von 354 Milliarden US-Dollar weltweit auf Rang 27 – vor dem niederländischen Chip-Unternehmen ASML auf Rang 30 und dem dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk auf Rang 31, so die EY-Aussendung.

Insgesamt ist Deutschland derzeit wie schon zu Jahresbeginn mit drei Unternehmen im Top-100-Ranking vertreten. Neben SAP sind das Siemens auf Rang 74 (Börsenwert: 199 Milliarden US-Dollar) und die Deutsche Telekom auf Rang 88 (177 Mrd. US-Dollar). Mit der Erste Group Bank AG (Rang 659) und der Verbund AG (Rang 818) befinden sich auch zwei österreichische Unternehmen unter den Top 1000.

Ein halbes Jahr Trump, Nahost & Co

„Das erste Halbjahr war von einer schwachen Konjunkturentwicklung und einer zunehmenden Zahl geopolitischer Spannungen geprägt“, so Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich: „Die neue US-Regierung hat mit ihrer Zollpolitik für erhebliche Verunsicherung gesorgt und zeitweise starke Turbulenzen an den Börsen ausgelöst. Gleichzeitig hat sich die Lage im Nahen Osten zuletzt weiter verschärft. Dennoch konnten die wichtigsten Börsenindizes außerhalb der USA im ersten Halbjahr Kursgewinne verzeichnen. Offenbar gehen Investor:innen weltweit eher von einer Stabilisierung der Lage und einer anschließenden Rückkehr auf einen Wachstumspfad aus – trotz der nach wie vor hohen Eskalationsgefahr im Nahen Osten sowie der Sorge vor einem stark anziehenden Ölpreis und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen.“

KI-Boom hält an – doch die anfängliche Euphorie ist vorbei

Schon im Vorjahr hatte der KI-Boom für eine Rekordjagd an den Börsen gesorgt und die Bewertungen vieler Unternehmen aus dem Technologiesektor in die Höhe getrieben. Inzwischen scheinen Investoren die Perspektiven des Technologiesektors etwas zurückhaltender zu bewerten, der Boom hält aber an, heißt es.

In Zahlen bedeutet das: Die Zahl der Tech-Unternehmen im Top 100 Ranking stieg leicht von 24 auf 25, ihr Gesamtwert erhöhte sich gleichzeitig um acht Prozent. Das ist zwar mehr als der Durchschnitt der börsenotierten Großkonzerne, verblasst aber natürlich gegenüber dem Wertzuwachs von 40 Prozent, den die Tech-Titel im Vorjahr erzielten. Klar führend sind in diesem Bereich weiterhin Unternehmen aus den USA: Von den 25 Technologieunternehmen unter den Top 100 haben 17 ihren Hauptsitz in den USA.

„Wir sind in der Phase der praktischen Umsetzung“

„Künstliche Intelligenz wird auch in den kommenden Jahren eine zunehmend wichtige Rolle in zahlreichen Branchen spielen. Nach der anfänglichen Euphorie befindet sich der Umgang mit KI nun in einer Phase der praktischen Umsetzung. Dieser Übergang ist oft langwierig und mit Rückschlägen verbunden – nicht alle anfänglichen Erwartungen lassen sich in der Praxis realisieren. Dennoch bleibt KI unterm Strich einer der zentralen technologischen Trends, der mittelfristig tiefgreifende Veränderungen in vielen Bereichen bewirken wird – und damit erhebliche Wertschöpfungspotenziale mit sich bringt“, so Reimoser.

Europäische Autoindustrie nur noch unter „ferner liefen“

Ende 2023 waren noch alle deutschen Autokonzerne unter den 300 teuersten Unternehmen der Welt vertreten, doch im aktuellen Ranking sieht die Sache ganz anders aus: Derzeit schafft es keiner mehr in diese Liste. Der wertvollste Autokonzern der Welt ist zur Jahresmitte der US-Autobauer Tesla auf Rang zehn mit einem Börsenwert von 1,0 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Die deutschen Autohersteller Mercedes-Benz, Volkswagen, BMW und Porsche kommen zusammen auf einen Börsenwert von knapp 208 Milliarden US-Dollar und belegen die Ränge 381, 402, 405 und 484. Der französisch-US-amerikanische Autokonzern Stellantis liegt auf Rang 738, Renault nur auf Rang 1718.

Der chinesische Autokonzern BYD hingegen kann sich auf Rang 121 platzieren und damit weit vor den deutschen Autobauern, deren Marktkapitalisierung im Verlauf des ersten Halbjahres zudem gerade einmal um 0,7 Prozent stieg.

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