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Richter orten am Grundrechtstag „Handlungsbedarf beim Klimaschutz“

10. Österreichischer Grundrechtstag ©Birgit Cakir

Wien/Linz. Der 10. Grundrechtstag der Fachgruppe Grundrechte der Richter:innenvereinigung in Linz behandelte das Thema „Klimakrise – Krisenklima: Wie wandeln wir Demokratie, Gesellschaft und Recht?“.

„Klimaschutz wollen alle, aber Einschränkungen niemand. Das ist psychologisch verständlich. Aber wir tragen Verantwortung füreinander und die nächsten Generationen“, sagte Katharina Gröger, Vorsitzende der Fachgruppe Grundrechte der Richter:innenvereinigung, in ihrer Eröffnungsrede. Ulrich Maidowski, Richter am deutschen Bundesverfassungsgericht, diagnostizierte laut einer Aussendung die Problematik in der Gesellschaft: „Es gibt keine Priorisierung der Krisen.“ Jede neue Krise – wie Kriege oder Preissteigerungen – überlagere die permanente Klimakrise stets aufs Neue. Das sei ein gefährlicher Punkt. Es müsse jedoch gelingen, die Notwendigkeiten auf das gemeinsame Ziel des Klimaschutzes zu fokussieren. Die Schwierigkeit der Demokratie dabei sei, Maßnahmen über mehrere Wahlperioden durchzuhalten. „Leider wird die Demokratie jedoch als Lieferdienst angesehen“, so Maidowski.

„Es braucht eine institutionalisierte Perspektive der jüngeren Generation, die sich in den Gesetzgebungsprozess einbringen kann – bis hin zu einem möglichen Vetorecht bei zukunftsschädlichen Vorhaben“, so der Richter.

„Noch keine Trendwende“

Der Politikwissenschafter Ulrich Brand von der Uni Wien erklärte, dass trotz des „intensiven Diskurses“ zum Klimathema noch keine Trendwende festgemacht werden könne: Weltweit würden 700 Milliarden Dollar an Krediten von Banken weiterhin für Investitionen in fossile Unternehmen vergeben. Mit 48 Prozent seien de facto die Hälfte der Neuzulassungen an PKW derzeit SUVs. Er plädierte für einen Wandel hin zum „sozial ökologischen Wohlfahrtsstaat“.

Eine „Vielzahl an Alternativen in Bereichen wie Verkehr, Energie und Wohnen“ sei zwar bereits entwickelt worden, aber um den Menschen diese Alternativen auch anbieten zu können, müsse die Politik die „Investitionen der Wirtschaft stärker durch entsprechende Regelungen steuern“, so Brand.

Die Demokratie kämpfe damit, unliebsame Maßnahmen durchzusetzen, analysierte die Philosophin Angela Kalhoff von der Uni Wien. Sie skizzierte die Idee eines sogenannten „Klimanotstandsrats“, zeigte damit aber gleichermaßen die Problematik auf, wie ein solches Modell in Legislative und Exekutive rechtsstaatlich eingebunden sein könnte.

Hohe Kosten

Die Wissenschafter Franz Essl und Sigrid Stagl betonten die hohen Kosten des Klimawandels und wie sehr sich die Investition in Innovation ökonomisch lohnen könnte. Essl, Professor für Botanik und Biodiversitätsforschung, referierte über den entsprechenden Handlungsbedarf: Laut seinen Aussagen bedeutet eine Erderwärmung von 1,5 Grad einen Verlust an globalem Einkommen von rund 3 Prozent, eine Erwärmung auf 3 Grad einen Einkommensverlust von rund 10 Prozent.

Sigrid Stagl, Professorin für Sozioökonomie an der WU Wien, zeigte wirtschaftspolitische Handlungsoptionen auf: Sie referierte darüber, wie „ineffizient“ der hohe Ressourcenverbrauch des derzeitigen Wirtschaftens sei. Eine Umschichtung von sogenannten „braunen“ Investitionen (derzeit 7 Billionen Dollar weltweit) zu „grünen“ Investitionen (derzeit 2 Billionen Dollar) sei nötig, so Stagl.

Volkswirtschaftliche Berechnungen würden demnach zeigen, dass „wirtschaftlicher Wohlstand auch ohne Wachstumszwang“ erreicht werden könne. Die Wirtschaft sei hier auch nicht generell ablehnend, sie brauche Planungssicherheit durch klare Rahmenbedingungen von Politik und staatlichen Institutionen, meinte Stagl.

Juristin Teresa Weber von der WU Wien erklärte, dass Umweltschutz und Klimaschutz in der EU durch den Vertrag von Lissabon verankert sind. Auch wenn der „Green Deal“ der EU – etwa durch die Abkehr vom Verbrenner-Aus – zunehmend abgeschwächt werde – so könne die EU-Kommission aufgrund der verfassungsrechtlichen Regelungen nicht frei über den Klimaschutz disponieren, so Weber.

 

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