Wien. Österreichs Freie Berufe wollen angesichts einer aktuellen EU-Klage ihre Unabhängigkeit bewahren: Das hat ihre neue Dachorganisation BUKO jetzt verkündet.
Beim Weihnachtsempfang der Bundeskonferenz der Freien Berufe Österreichs (BUKO) in der Notariatskammer am Abend des 12.12.2017 stand die jüngste Klage der EU-Kommission gegen Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof im Mittelpunkt der Diskussion.
Am 7.12.2017 hat die EU-Kommission eine Klage gegen die Republik Österreich wegen der Beschränkungen für Fremdkapitalbeteiligungen in Österreich bei Ziviltechnikern, Tierärzten und Patentanwälten eingeleitet.
BUKO-Präsident Kurt Frühwirth meint dazu: “Eine Wirtschaftspolitik, die auf die Stärkung großer, global tätiger Unternehmen ausgerichtet ist, geht an den Bedürfnissen von Freiberuflern vorbei, die sich in der Regel durch kleine Betriebsgrößen, eine stabile Belegschaft, einen häufig regionalen Bezug und eine oft langjährige Verwurzelung vor Ort auszeichnen. Die unmittelbare Gemeinwohlorientierung freiberuflicher Dienstleistungen muss auch auf europäischer Ebene mehr Anerkennung bekommen.“
Der wirtschaftspolitische Berater der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, Hatto Käfer, meint dagegen: „Das übergeordnete Ziel der Juncker-Kommission ist es, für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung zu sorgen. Eine Öffnung der Freien Berufe richtet sich insbesondere an verwandte Berufe, um somit ein breiteres Know-how aus einer Hand anbieten zu können. Jetzt gilt es, die Anregungen der Kommission auch mit Hilfe der Interessenvertreter praxisnah weiterzuentwickeln.“
Work-Life-Balance ist besser
Meinungsforscherin Kristin Allwinger, die eine Umfrage unter Österreichs Studierenden zum Thema Selbstständigkeit durchgeführt hat, meint, die gewünschte Work-Life-Balance, die junge Menschen in ihrem späteren Beruf anstreben, ließe sich auf mehrere Arten erreichen.
Allwinger: „Es gibt nicht nur die Möglichkeit einer Teilzeitanstellung in einem großen Konzern. Unsere Umfrage unter Studierenden hat einen enorm hohen Wunsch nach Selbstständigkeit ergeben. Um sich die Zeit besser einteilen zu können, wollen sich die Studierenden gemeinsam mit anderen Berufskollegen selbstständig machen und dabei dennoch unabhängig bleiben.“
Eine Deregulierung um jeden Preis werde nicht zu mehr Wettbewerb führen, so Rudolf Kolbe, Präsident des Europäischen Rates der Freien Berufe (CEPLIS). Es drohe viel mehr eine Abschaffung der hohen Qualitätsstandards, die Österreichs Freie Berufe ihren Patienten und Klienten garantieren. Kolbe sagt in Richtung der neuen Bundesregierung: „Ich fordere ein Bekenntnis Österreichs zu den Freien Berufen und deren wirtschaftlicher und politischer Unabhängigkeit.“
Der Bund der Freien Berufe
Die Bundeskonferenz der Freien Berufe Österreichs (BUKO) ist der Dachverband der neun Freiberufskammern in Österreich. Mitglieder sind:
- Ärztekammer
- Apothekerkammer
- Notariatskammer
- Patentanwaltskammer
- Rechtsanwaltskammertag
- Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Tierärztekammer
- Zahnärztekammer
- Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen
Die BUKO vertrete damit rund 80.000 Mitglieder. Sie ist als nicht-gewinnorientierter Verein organisiert, den Vorsitz hat für eine Periode von jeweils drei Jahren eine/r der PräsidentInnen der Mitgliedskammern. Ihr derzeitiger Chef Kurt Frühwirth ist hauptamtlich Präsident der Tierärztekammer.
Link: BUKO