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Recht

EuGH-Generalanwalt will Bauern-Organisationen ans Leder

Luxemburg. Nach Ansicht von Generalanwalt Nils Wahl können landwirtschaftliche Erzeugerorganisationen und ihre Vereinigungen unionsrechtswidrige Kartellverstöße begehen.

Das sei insbesondere dann der Fall, wenn unter mehreren Erzeugerorganisationen oder ihren Vereinigungen oder zwischen solchen Organisationen und anderen Akteuren des Marktes Absprachen über den Preis oder die auf den Markt gebrachten Mengen getroffen oder Informationen ausgetauscht würden.

Der Anlassfall

Die französischen Wettbewerbsbehörden deckten 2007 im Sektor der Erzeugung und Vermarktung von Chicorée Verhaltensweisen auf, die sie für wettbewerbswidrig halten. Es ging im Wesentlichen um Absprachen über den Preis und die auf den Markt gebrachten Mengen und um den Austausch strategischer Informationen. In der Öffentlichkeit hieß das Ganze bald das „Chicorée-Kartell“.

Beteiligt waren Erzeugerorganisationen (EO), Vereinigungen von Erzeugerorganisationen (VEO) sowie verschiedene Verbände und Gesellschaften, so der EuGH. Gegen die Beteiligten wurde eine Geldbuße in Höhe von etwa 4 Mio. Euro festgesetzt, die diese vor den französischen Gerichten angefochten haben.

Sie machen geltend, ihre Verhaltensweisen fielen nicht unter das unionsrechtliche Kartellverbot. Nach dem Unionsrecht sei es Aufgabe der EO und VEO, eine nachfragegerechte Erzeugung sicherzustellen und die Erzeugerpreise zu regulieren.

Die von den französischen Behörden als wettbewerbswidrig eingestuften Verhaltensweisen seien durch die Wahrnehmung dieser Aufgabe gerechtfertigt. Die mit der Sache befasste Cour de cassation rief dazu den EuGH an.

Die Regeln

Generalanwalt Wahl stellt sich in seiner Empfehlung gegen die Meinung der Bauernverbände. Zu den Absprachen über den Preis für Chicorée stellt er fest, dass die Festsetzung eines Mindestpreises unter Erzeugern unter das unionsrechtliche Kartellverbot falle, und zwar unabhängig davon, ob sie zwischen verschiedenen EO/VEO oder innerhalb ein und derselben EO/VEO erfolge.

Den EO und VEO sei nämlich die Aufgabe übertragen, mit den nachgeordneten Akteuren der Branche (Einzelhandelsunternehmen) für die gesamte Erzeugung einen einheitlichen Preis auszuhandeln, der in Abhängigkeit von den Vermarktungszeiträumen und der Qualität des betreffenden Erzeugnisses variieren könne. Die Festsetzung eines nicht variablen Mindestpreises innerhalb einer EO/VEO, ergebe dann per definitionem keinen Sinn mehr.

Zu den Absprachen über die auf den Markt gebrachten Mengen stellt der Generalanwalt fest, dass solche Absprachen, die innerhalb einer EO/VEO im Rahmen von durch die europäischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Produktionsplänen erfolgten, dem Wettbewerbsrecht nicht unterlägen, sofern sie tatsächlich dazu dienten, die Produktion zu regulieren, um die Preise der betreffenden Erzeugnisse zu stabilisieren.

Absprachen zwischen mehreren EO und VEO, die auf die Begrenzung und generelle Kontrolle der auf den Markt gebrachten Mengen auf der Ebene des gesamten Chicoréemarkts und damit auf die langfristige Begrenzung der Erzeugung abzielten (wie offenbar im vorliegenden Fall), unterlägen hingegen dem Wettbewerbsrecht.

Auch ein Austausch von Informationen, bei dem unter EO, VEO und anderen Wettbewerbern Preise mitgeteilt würden (wie offenbar im vorliegenden Fall), lasse sich nicht den den EO/VEO übertragenen Aufgaben zuordnen und falle daher unter das Kartellverbot.

Wie die Erfahrung gezeigt hat, folgt das Urteil des Europagerichts oft – aber nicht immer – der Empfehlung des Generalanwalts.

Link: EuGH

 

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