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Business, Recht

Betreutes Wohnen als genormte Leistung für Ältere

Walter Eichinger ©Karl Michalski / Silver Living
Walter Eichinger ©Karl Michalski / Silver Living

Wien. Die Österreicher werden älter – und damit auch pflegebedürftiger. Gab es in der Vergangenheit im Wesentlichen die Wahl zwischen Pflege zu Hause oder im Pflegeheim, so hat sich in den letzten Jahren Betreutes Wohnen – in eigens dafür ausgestatteten Wohnimmobilien – als Alternative entwickelt. Eine gute Alternative, meint Walter Eichinger, Gründer des Anbieters Silver Living – die allerdings davon abhänge, dass die entsprechende Qualität vorliegt. Eine 2012 eingeführte einschlägige ÖNORM geht nun in die Verlängerung.

„Betreutes Wohnen ist als Wohnmöglichkeit für ältere Menschen wichtig und hat in den letzten 10 Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen“, sagt Eichinger. Jetzt entstehe erstmals das Bewusstsein in der österreichischen Bevölkerung, und damit automatisch auch bei den Politikern, dass das bestehende System der Versorgung im Alter nicht mehr länger aufrechterhalten werden kann, meint Eichinger: „Die ältere Generation will selbstbestimmt leben können.“ Wer heute in Pension geht hat im Durchschnitt noch ein Drittel der Lebenszeit vor sich: „Betreutes Wohnen ist eine wunderbare Alternative zum Pflegeheim.“

Die Stärken und Schwächen

Betreutes Wohnen sei ein Leistungsprofil für ältere Menschen: Es besteht einerseits aus dem Leistungsmodul „Wohnen“, also den baulichen Gegebenheiten – zum Beispiel abgegrenzte, barrierefreie Wohneinheiten mit entsprechender Ausstattung für die Senioren – und andererseits aus dem Leistungsmodul „Betreuung“. Diese laufende Betreuung der Bewohner ist ein Knackpunkt, meint Eichinger: „Pflegeleistungen kosten Geld.“

Was die Immobilien betrifft, ist die Thematik der Barrierefreiheit in Österreich durch die Baurichtlinien recht gut geklärt,: „Aber von der Betreuungsseite her haben wir noch viel Luft nach oben“, so Eichinger. Gerade in der Betreuung sei aber eine gewisse Grundleistung nötig, die bis dato nicht gesetzlich definiert ist.

Angegangen wird das Thema der Definition der Basics durch die „ÖNORM CEN/TS 16118 – Betreutes Wohnen – Anforderungen an Dienstleistungen für ältere Menschen im Rahmen der Wohnform Betreutes Wohnen“, die am 1. 5. 2012 in Österreich in Kraft gesetzt wurde, bzw. der dahinterstehende europäische Norm.

Der Grundgedanke letzterer lautet, dass ältere Europäer, die Betreute Wohnanlagen nutzen wollen, überall in Europa gewisse Mindeststandards in der Betreuung und bei der Immobilie vorfinden sollen, weiß Eichinger: Wer etwa in Mallorca in Betreutes Wohnen geht, soll die gleichen Verhältnisse erwarten dürfen wie in Skandinavien oder in Deutschland. Viele EU-Länder haben diesen EU-Standard freiwillig übernommen, freilich nicht alle: Großbritannien gehört zu den Ausnahmen.

„In Österreich sind wir aus meiner Sicht sehr glücklich mit der ÖNORM, sie fließt teilweise auch schon in die Förderrichtlinien der Länder ein“, sagt Eichinger. Die im Jahr 2012 beschlossene ÖNORM bleibt in ihrer ursprünglichen Fassung weiterhin bestehen, ein Anpassungsbedarf werde derzeit im Normierungskomittee nicht gesehen.

Eventuell werden in den nächsten Jahren einige Detailänderungen vorgenommen, viel hänge vor allem von der Entwicklung auf europäischer Ebene ab, so Eichinger. „Im Wesentlichen hat sich die Norm aus meiner Sicht bewährt. Das Thema ist aber sehr länderspezifisch zu sehen – es gibt Bundesländer, die sie übertreffen.“

Viel Interesse…

Das große Ziel des Normierungsausschusses wäre freilich eine gesetzliche Regelung, die notwendigerweise auf Bundesebene angegangen werden müsste. Prinzipiell ist das Thema zwar Ländersache und soll es auch bleiben. „Allerdings hat Betreutes Wohnen aus meiner Sicht durchaus einen gewissen Hotelcharakter: es gibt Betreuung, Auskünfte, Ausflüge, Ansprechpartner usw.“, meint Eichinger.

Ähnlich wie im Heimvertragsgesetz, das Schutzbestimmungen für Heimbewohner in Österreich auf grundlegender Basis regelt, könnte daher eine Klarstellung zu den Mindeststandards des Betreuten Wohnens im Konsumentenschutzgesetz getroffen werden, den Rest könnte man den Ländern überlassen, regt Eichinger an. Denn derzeit ist das Thema noch ein wenig ungeordnet über die Kompetenzbereiche der einzelnen Bundesländer verteilt: So ist in einigen Ländern beispielsweise die Sozialabteilung für Betreutes Wohnen zuständig, während es bei anderen ins Wohnressort fällt.

Das Interesse hat jedenfalls seitens der Länder und Anbieter deutlich zugenommen: So sind in Österreich neben den Wohnbaugenossenschaften auch zahlreiche gewerbliche Bauträger und Projektentwickler im Betreuten Wohnen aktiv geworden. Eine spezielle Regelung für Betreutes Wohnen hat in letzter Zeit zum Beispiel Niederösterreich getroffen: Da ältere Menschen kaum ein eigenes Auto nutzen, kann bei Betreutem Wohnen die Anzahl der zu errichtenden Stellplätze geringer sein, als bei normalen Wohnanlagen. Das hat nun zu einer regen Bautätigkeit in diesem Bereich geführt, vor allem, weil nicht geregelt wurde, was passiert, wenn die Einheiten doch nicht als Betreutes Wohnen verwertet werden können und letztlich als normale Wohnungen genutzt werden.

… aber auch Risiken

„Es besteht grundsätzlich die Gefahr, dass in diesem boomenden Marktsegment unter der Bezeichnung >Betreutes Wohnen< unverkäufliche und sodann >umgelabelte< Eigentumswohnungen oder andere Mogelpackungen angeboten werden“, meint Eichinger. Die am Markt befindlichen Angebote seien für ältere Meschen und ihre Angehörigen nicht immer durchschaubar und das führe natürlich zu Unsicherheiten und Skepsis. „Umso wichtiger ist es, dass man in Österreich nun zu einer gesetzlichen und durchgehender sozialplanerischen Definition des Begriffes >Betreutes Wohnen für ältere Menschen< kommt“ fordert Eichinger.

Auch die Immobilienverbände diskutieren das Thema Betreutes Wohnen, und zwar unter dem Gesichtspunkt einer neuen Immobilien-Assetklasse. Natürlich sind auch für Anleger klare Regeln zu den Mindeststandards wichtig: Grundsätzlich gibt es viele Wohnformen für alte Menschen – von Pflegeheimen über angegliederte Wohnungen bis zu Wohngemeinschaften usw. Untersuchungen aus Deutschland zeigen aber die Bedeutung des Themas: Dort nehmen laut einer für die Versicherungsbranche erstellten Studie ca. 7-10% der Über 75jährigen und 3-5% der Über 65jährigen Betreutes Wohnen in Anspruch.

Link: Austrian Standards

Link: Silver Living

 

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