Gastbeitrag. Es gibt Fälle, in denen eine sofortige Rückkehr zur vollen Arbeitszeit nach längerer Krankheit nicht sinnvoll ist. Zur Erleichterung der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern nach langem Krankenstand wurde mit der neuen Wiedereingliederungsteilzeit ab 1.7.2017 ein arbeits- und sozialversicherungsrechtliches Modell geschaffen, das es ermöglicht, schrittweise in den Arbeitsprozess zurückzukehren, schildert Oliver Walther, Anwalt und Partner bei Preslmayr.
Dadurch erhofft sich der Gesetzgeber eine nachhaltige Festigung und Erhöhung der Arbeitsfähigkeit mit dem Ziel des längeren Verbleibs im Arbeitsleben und der sanften Reintegration in den Arbeitsmarkt.
Das neue Gesetz
- Nach dem neuen § 13a AVRAG können Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach einem mindestens sechswöchigen Krankenstand eine Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit um mindestens ein Viertel auf höchstens die Hälfte vereinbaren (Wiedereingliederungsteilzeit).
- Das Arbeitsverhältnis muss vor dem Antritt der Wiedereingliederungsteilzeit mindestens drei Monate gedauert haben, wobei allfällige Karenzzeiten sowie alle Zeiten des Krankenstandes auf diese Mindestbeschäftigungsdauer anzurechnen sind.
- Die vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit darf zwölf Stunden nicht unterschreiten und das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt muss über der Geringfügigkeitsgrenze liegen.
- Die Wiedereingliederungsteilzeit kann für die Dauer von einem bis zu sechs Monaten vereinbart werden. Eine Verlängerung von bis zu drei Monaten ist möglich.
Grundlage der Wiedereingliederungsteilzeit ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die befristete Herabsetzung der Arbeitszeit, wobei zunächst eine Beratung durch „fit2work“ zu erfolgen hat. Überdies muss ein Wiedereingliederungsplan erstellt werden. Wesentlich ist, dass eine ärztliche Bestätigung über die volle Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit ab Beginn der Wiedereingliederungsteilzeit vorliegen muss.
Die Wiedereingliederungsteilzeit schafft somit ausdrücklich keinen Sonderstatus zwischen „arbeitsfähig“ und „arbeitsunfähig“. In Betrieben mit Betriebsrat ist dieser den Verhandlungen über die Ausgestaltung der Wiedereingliederungsteilzeit beizuziehen.
Arbeitszeiten und Entgelt
Abgesehen von der befristeten Herabsetzung der Normalarbeitszeit bewirkt die Wiedereingliederungsteilzeit keine inhaltliche Änderung des Arbeitsvertrages. Mehrarbeit darf jedoch ebenso wenig angeordnet werden wie eine Änderung der Lage der Arbeitszeit. Während der Wiedereingliederungsteilzeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf das aliquot gekürzte Entgelt; zusätzlich erhält der Arbeitnehmer von der Krankenkasse das Wiedereingliederungsgeld, das dem (anteiligen) Krankengeld entspricht.
Freiwilligkeit und Kündigungsschutz
Hervorzuheben ist, dass weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber Anspruch auf eine Teilzeitvereinbarung nach dem Wiedereingliederungsteilzeitgesetz haben. Die Wiedereingliederungsteilzeit ist also freiwillig. Jedoch besteht sowohl bei Äußerung der Absicht oder tatsächlicher Inanspruchnahme als auch bei Ablehnung einer vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Wiedereingliederungsteilzeit Motivkündigungsschutz.
Die Bestimmungen über die Wiedereingliederungsteilzeit treten mit 1.7.2017 in Kraft und gelten auch für Krankenstände, die vor dem Inkrafttreten gelegen sind. Es bleibt abzuwarten, ob die vom Gesetzgeber mit der Wiedereingliederungsteilzeit verfolgten Ziele der nachhaltigen Festigung der Arbeitsfähigkeit, des längeren Verbleibs im Arbeitsleben und der sanften Reintegration in den Arbeitsmarkt erreicht werden können.
Autor Mag. Oliver Walther ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte.
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