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Recht

Neuer Anlauf zu Sammelklagen im Nationalrat

Wien. Die Opposition drängt auf eine Reform des kollektiven Rechtsschutzes. Angepeilt werden neue Grupenklagen.

Die Möglichkeiten des österreichischen Zivilprozessrechts reichen zur Bewältigung von Massenschäden nicht aus. Auf diesen kritischen Befund stützt die Opposition ihre Forderung nach einer grundlegenden Reform des kollektiven Rechtsschutzes und will dabei vor allem auch die Konsequenzen aus dem VW-Abgasskandal ziehen, so die Parlamentskorrespondenz.

In Initiativanträgen drängen SPÖ und Liste Pilz deshalb auf entsprechende gesetzliche Maßnahmen. Die parlamentarische Diskussion darüber eröffnete der Nationalrat jetzt im Rahmen von Ersten Lesungen.

Die Regierungsparteien signalisierten ihre Gesprächsbereitschaft, warnten aber vor „amerikanischen Verhältnissen“ und Nachteilen für Unternehmen und Wirtschaftsstandort durch drohende Millionenklagen.

SPÖ schlägt Gruppenverfahren vor

SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim, der die Initiative seiner Fraktion im Plenum präsentierte, schlägt ein Gruppenverfahrensgesetz vor und greift dabei im Wesentlichen auf die bereits ausverhandelten Reformentwürfe aus den Jahren 2007 und 2008, aber auch auf die in der Zwischenzeit gemachten Erfahrungen aus der Praxis bei der Abwicklung von Massenschäden zurück.

  • So soll ein niederschwelliger Zugang die Einleitung des Verfahrens bereits dann ermöglichen, wenn mindestens zehn Personen Ansprüche geltend machen, die gleiche Tat- oder Rechtsfragen aufwerfen.
  • Gruppenverfahren sollen überdies keine Sperrwirkung gegenüber Individualverfahren haben.
  • Die Verjährung ist zudem nach den Intentionen der SPÖ bis sechs Monate nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens gehemmt.
  • Ein weiterer Punkt im Vorschlag Jarolims ist die Forderung nach Abschöpfung der durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinne.

Auch die Richtervereinigung rufe nach einem Konzentrationsmechanismus zur Abwicklung von Massenschäden, erinnerte Jarolim, der im Übrigen der ÖVP vorwarf, seit Jahren zu „mauern“.

Ein Gruppenverfahren bringe nur Vorteile für die Konsumenten, unterstrich auch Klaudia Friedl (SPÖ). Da sich das Prozessrisiko auf mehrere KlägerInnen verteilt, könne man auch wegen geringerer Schäden klagen. Darüber hinaus würde auch die Justiz entlastet.

Ihr Fraktionskollege Markus Vogl betrachtete die Initiative ebenfalls aus der Sicht des Konsumentenschutzes, wobei er kritisch feststellte, die ÖVP habe nur wenig für diesen Bereich übrig.

Liste Pilz plädiert für Verbandsmusterfeststellungsklage

Auch Peter Kolba (PILZ) orientiert sich grundsätzlich an den Grundzügen des seinerzeitigen Regierungsentwurfs, verlangt jedoch in seinem Antrag ein so genanntes Verbandsmusterfeststellungsklagegesetz nach niederländischem Vorbild, das die Klagslegitimation auf Verbände und gemeinnützige Stiftungen beschränkt und das Verfahren beim Handelsgericht Wien konzentriert.

Dadurch gebe es professionelle Kläger mit professioneller Unterstützung. Die Geschädigten müssten  nicht ihre Ansprüche abtreten und haben somit kein Kostenrisiko, erklärte er.

Darüber hinaus enthält der Vorstoß Kolbas strengere Bestimmungen für die Gewinnabschöpfung sowie eine Hemmung der Verjährung von der Veröffentlichung der Verbandsmusterklage bis zum Ablauf von neun Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens.

ÖVP will keine „amerikanischen Verhältnisse“

Andreas Kühberger (ÖVP) hingegen will die Diskussion auf europäischer Ebene noch abwarten und hält einen Alleingang Österreichs nicht für zielführend. Er äußerte sich überdies skeptisch gegenüber Sammelklagen, die, wie er warnte, zu einer eigenen Klagsindustrie nach US-Vorbild mit großen Nachteilen für die Wirtschaft und den Standort führen könnten.

Wir brauchen gleiche Spielregeln für alle und keine Bevorzugung von Gruppen gegenüber Einzelpersonen, bekräftigte sein Fraktionskollege Stefan Schnöll, der sich ebenfalls gegen Schadenersatzzahlungen in Millionenhöhe und eine Vorverurteilung von Unternehmen aussprach.

Es gehe um eine Stärkung der berechtigten Interessen der Verbraucher, gleichzeitig müsse aber auch die Situation der Unternehmen Berücksichtigung finden, umriss Susanne Fürst (FPÖ) die Zielsetzungen einer zukünftigen Regelung aus Sicht ihrer Fraktion.

Die derzeitige Rechtslage sei jedenfalls unbefriedigend, stellte sie unisono mit Christian Ragger (FPÖ) fest, der in einem Gruppenverfahren grundsätzlich ein notwendiges Instrument sieht.

Beide Anträge wurden dem Justizausschuss zugewiesen.

Link: Parlament

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