Open menu
x

Bequem up to date mit dem Newsletter von Extrajournal.Net!

Jetzt anmelden, regelmäßig die Liste der neuen Meldungen per E-Mail erhalten.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Newsletter-Seite sowie in unserer Datenschutzerklärung.

Business, Recht

Nach fünf Jahren Aufenthaltsrecht: Dorda froh über EuGH

Elmar Drabek ©Natascha Unkart & Isabelle Köhler

Wien. Ein neues EuGH-Urteil bringt „endlich Rechtssicherheit für mehr als dreihunderttausend langfristig Aufenthaltsberechtigte in Österreich“, so Dorda Partner Elmar Drabek: Er vertrat im Verfahren bis zum Europäischen Gerichtshof.

Drabek hat diese Leitentscheidung (C-432/20) zum nachhaltigen Schutz langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger in der Europäischen Union erwirkt, heißt es bei Wirtschaftskanzlei Dorda: Drittstaatsangehörige, die wenigstens fünf Jahre rechtmäßig in Österreich niedergelassen waren, können damit nun ein unbefristetes Aufenthaltsrecht erwerben.

Kasache sollte nicht in Österreich bleiben dürfen

Die Stadt Wien hatte zuvor den Antrag eines kasachischen Staatsangehörigen auf Verlängerung seiner langfristigen Aufenthaltsberechtigung – EU mit der Begründung abgewiesen, dass dieser in den fünf Jahren vor der Stellung dieses Antrags nur wenige Tage pro Jahr im Unionsgebiet anwesend gewesen sei, so dass davon auszugehen sei, dass er sich während dieses Zeitraums nicht in diesem Gebiet aufgehalten habe, was zum Verlust dieser Rechtsstellung führe.

Das Verwaltungsgericht Wien, bei dem der Betroffene mit Dorda diese Entscheidung angefochten hat, hat den Europa-Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen ersucht.

Der EuGH stellt in seiner Entscheidung nun die Regeln klar: Demnach dürfen Europas Gebietskörperschaften bei der Prüfung solcher Fälle nicht weitere Kriterien wie etwa den „Lebensmittelpunkt“ der Betroffenen heranziehen. Ob die Beziehung zur EU als neuer Heimat „gelockert“ ist, ist laut EuGH zwar durchaus bedeutsam – aber davon sei eben erst nach einer Abwesenheit von 12 Monaten auszugehen.

Von großer Bedeutung für viele Menschen

Ende 2021 hatten allein in Österreich rund 300.000 Drittstaatsangehörige den Status der langfristigen Aufenthaltsberechtigung inne, der die höchste Stufe der einwanderungsrechtlichen Integration vor der Verleihung der Staatsbürgerschaft bildet. In der gesamten EU sind es Millionen.

Der entsprechende Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) geht auf die Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (Richtlinie) zurück, schildert Kanzlei Dorda die Ausgangsbasis.

Verlust nur in wenigen Fällen möglich

Im Interesse der Rechtssicherheit komme der Verlust dieser besonderen Rechtsstellung nur in wenigen, von der Richtlinie präzise definierten Fällen in Betracht: etwa nach der Verurteilung wegen schwerer Straftaten, einer Abwesenheit aus Österreich von mehr als sechs Jahren (bei Übersiedlung innerhalb des Gebiets der Gemeinschaft) oder einer Abwesenheit von mehr als zwölf aufeinanderfolgenden Monaten aus dem Gebiet der Gemeinschaft (bei Übersiedlung in einen Drittstaat).

Nach dem Wortlaut der Richtlinie und des NAG tritt dieser Verlusttatbestand nicht ein, wenn der betroffene Drittstaatsangehörige nachweisen kann, sich pro Zwölfmonatszeitraum (nicht Kalenderjahr) wenigstens einen Tag in (irgend)einem EWR-Mitgliedstaat aufgehalten zu haben.

Behörden prüfen den Lebensmittelpunkt

Nach dem Inkrafttreten des (die Richtlinie umsetzenden) NAG im Jahr 2006 spielte der Verlust der Rechtsstellung langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger in der Praxis der Niederlassungsbehörden und der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nur eine untergeordnete Rolle. Vor einigen Jahren gingen die Behörden jedoch, insbesondere in Wien, dazu über, langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige anlässlich der Verlängerung ihrer Aufenthaltskarten (alle fünf Jahre) daraufhin zu überprüfen, ob diese Drittstaatsangehörigen weiterhin dauerhaft in Österreich niedergelassen wären und ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich hätten.

Dabei stützten sich die Behörden auf eine europarechtlich nicht gedeckte Bestimmung des NAG, die zudem Jahre nach der Richtlinie erlassen wurde, heißt es bei der Kanzlei. Unvermittelt sahen sich Drittstaatsangehörige fünf, zehn oder gar fünfzehn Jahre nach ihrer Erstniederlassung in Österreich mit detaillierten niederlassungsbehördlichen Nachfragen zu Arztbriefen, Kontoauszügen und vielen anderen Aspekten ihres Berufs- und Privatlebens während der letzten fünf Jahre konfrontiert.

Wer die Behörden nicht von einem fortgesetzten Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich überzeugen konnte, verlor entweder jeglichen aufenthaltsrechtlichen Status oder wurde auf ein befristetes Aufenthaltsrecht zurückgestuft. Langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige, die in der zweiten Jahreshälfte 2020 nach monatelanger pandemiebedingter Abwesenheit nach Österreich zurückkehren wollten, wurden an der Einreise gehindert und meist ohne Aufklärung über die Möglichkeit der Erlangung befristeter Aufenthaltstitel zur Ausreise verhalten.

EuGH: „Jede physische Anwesenheit im Gebiet der EU reicht“

Diese Missstände hab der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seinem Urteil vom 20.1.2022 (Rechtssache C-432/20) nachhaltig abgestellt: Unter besonderer Betonung des Grundsatzes der Rechtssicherheit hält der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie den Verlust der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten „von einem klaren, bestimmten und vorhersehbaren Kriterium abhängig [macht], das sich auf ein rein objektives Ereignis bezieht, sodass eine solche Auslegung am ehesten geeignet ist, den Betroffenen angemessene Rechtssicherheit zu garantieren“.

Deshalb, so der Gerichtshof, ist die Richtlinie dahingehend auszulegen, dass „jede physische Anwesenheit eines langfristig Aufenthaltsberechtigten im Gebiet der Europäischen Union während eines Zeitraums von zwölf aufeinanderfolgenden Monaten ausreicht, um zu verhindern, dass dieser Aufenthaltsberechtigte seine Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten nach dieser Bestimmung verliert, auch wenn eine solche Anwesenheit während dieses Zeitraums eine Gesamtdauer von nur wenigen Tagen nicht überschreitet“. An diese Auslegung sind nunmehr alle mitgliedstaatlichen Niederlassungsbehörden und Gerichte gebunden, hält Dorda fest.

Das Statement

Elmar Drabek, Partner und Leiter der Praxisgruppe Einwanderung & Staatsbürgerschaft bei Dorda: „Das heutige Urteil beendet Jahre der Rechtsunsicherheit für rund dreihunderttausend langfristig Aufenthaltsberechtigte in Österreich und schützt Millionen langfristig Aufenthaltsberechtigte in der Europäischen Union vor der willkürlichen Durchleuchtung ihrer Lebensverhältnisse durch die Niederlassungsbehörden.“

 

Weitere Meldungen:

  1. DLA Piper: Ekaterina Larens wird Partnerin im Corporate-Team
  2. Neues Fachbuch: Compliance in der Lieferkette
  3. Andreas Lichtenberger ist Datenschutz-Anwalt bei CMS
  4. Drei neue Partner und drei neue Counsel bei Dorda