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Business, Recht, Tools

Abmahnungen wegen Google Fonts: Musterprozess gefordert

Alfred Harl ©Caro Strasnik

Wien. Hunderte Unternehmer wurden von einem Anwalt zu Ausgleichszahlungen wegen Google Fonts auf ihrer Website aufgefordert. Wirtschaftskammer, Rechtsschutzversicherer u.a. geben Tipps wie darauf zu reagieren sei.

Stein des Anstoßes ist die Einbettung von Webschriftarten, die auf Servern des Online-Giganten Google liegen, in den jeweiligen Websites. Der Aufruf der Websites führt dazu, dass automatisch die Google-Server kontaktiert werden (um den Font downzuloaden), sodass Google über den Besuch der User*innen auf der Seite informiert wird und ihre IP-Adresse erhält – meist ohne dass in den Datenschutzbestimmungen der jeweiligen Webseiten darauf hingewiesen wird oder eine Einwilligung des Internetbenutzers eingeholt wird.

Google hat zwar in der Vergangenheit mehrfach versichert, dass solche Zugriffe nicht protokolliert würden und daher gar keine persönlichen Daten gesammelt werden. Dennoch sei das Vorgehen ein Verstoß gegen die DSGVO, der seiner Mandatin erhebliches Unwohlsein verursache, so der Anwalt, der die Abmahnschreiben verschickt hat. Er kann dazu auf ein entsprechendes deutsches Urteil verweisen.

Ist Unwohlsein ein Schaden?

In Österreich gibt es noch keine Gerichtsentscheidung. Die Kritik an der Vorgangsweise ist jedenfalls erheblich – und auch am Rechtsstandpunkt. Der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt Lukas Feiler vom Wiener Büro der Wirtschaftskanzlei Baker McKenzie meint, dass ein Unwohlsein noch kein Schaden sei – und die Schadenersatzforderung daher unberechtigt und nicht zu bezahlen. Aktuell prüft auch die zuständige Rechtsanwaltskammer Niederösterreich den Fall, man habe wegen der Vorgehensweise des Anwalts ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, der Ausgang ist offen. Unterdessen melden sich immer mehr Institutionen zu Wort, die beispielsweise Hilfestellung bei der Beantwortung des Mahnschreibens geben wollen: Einfach ignorieren sollte man das Schreiben nämlich nicht, auch wenn man von einer Bezahlung absieht, berichtet das Nachrichtenportal futurezone.

Vorsicht beim Einsatz von Tools

IT-Profis weisen bei der Gelegenheit auf eine grundsätzlich altbekannte Problematik hin, die aber häufig ignoriert wird: Viele der international verbreiteten Tools für Online-Auftritte nehmen keine Rücksicht auf das in Europa besonders strenge Datenschutzrecht, oder begnügen sich mit dem Hinweis dass EU-User selbst abklären müssen ob der Einsatz bei ihnen zulässig ist. Web-Baukästen beispielsweise binden Google Fonts – und eine ganze Reihe anderer Elemente, häufig auf US-Servern – häufig automatisch ein. Entsprechend schwierig ist die Prüfung, technisch wie rechtlich, für fachlich nicht versierte Anwender.

Das zeigt sich gerade am Beispiel der Google Fonts: Sie gelten schon länger als datenschutzrechtlich problematisch, das jetzt in Deutschland ergangene Urteil des Landesgerichts München (es sprach 100 Euro Schadenersatz zu) kam aber dann doch für viele überraschend und wird in der juristischen Diskussion vielerorts als überzogen kritisiert, berichtet das Fachportal heise. Rechtskräftig ist es übrigens noch nicht. Die endgültige Entscheidung dürfte auch in Österreich mit Spannung betrachtet werden, schon allein wegen der Wortwahl: Das LG München ortete nämlich durch Google Fonts erzeugtes „Unwohlsein“ – so wie die Mandatin des niederösterreichischen Anwalts, der viele hundert Mahnschreiben verschickt hat. Bei heise wird übrigens (für deutsche Leser*innen) empfohlen, eingegangene anwaltliche Mahnschreiben in Sachen Google Fonts selbst durch einen Anwalt prüfen zu lassen, was allerdings Kosten verursacht.

Die Ratschläge

In Österreich empfiehlt die Wirtschaftskammer betroffenen Mitgliedsunternehmen, um Aufschub zu bitten und unterdessen die eigene Website zu reparieren. Werden die Google Fonts – die Google gratis zur Verfügung stellt – nämlich direkt auf dem eigenen Server gehostet statt sie immer vom Google-Server abzurufen, ist der Einsatz unproblematisch, da ja beim Besuch eines Users keine Verbindung mit Google mehr aufgenommen werden muss. Das Self-Hosting wird auch von der Datenschutzbehörde DSB empfohlen.

Sollte ein Mitgliedsbetrieb tatsächlich geklagt werden, könnte die Kammer notfalls einen Musterprozess führen. „Datenschutz ja, Missbrauch nein!“, heißt es kämpferisch auch in einer Aussendung des Fachverbands Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT) der Wirtschaftskammer Österreich: Der Fachverband will einen Musterprozess der WKO zur Abwehr dieser Vorgehensweise unterstützen, so Obmann Alfred Harl.

Die Rechtsschutzversicherer wollen es wissen

Der Rechtsschutzversicherer ARAG empfiehlt Kundinnen und Kunden, bei der Hotline anzurufen, wenn sie derartige Abmahnungen erhalten. Geboten werde juristischer Rat bzw. auch ein Website-Check, der rechtliche Schwachstellen der Online-Präsenz ermitteln soll. Auch bei D.A.S. heißt es, dass Klienten, die einen solchen Brief erhalten, sich umgehend mit ihrer Versicherung in Verbindung setzen sollen – die hausinternen Juristen werden sich dann darum kümmern, so der Rechtsschutzspezialist.

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