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Recht

Immo-Rechtsexperte Alfred Nemetschke: „Ich fürchte mich vor der nächsten Reform des Mietrechts“

Alfred Nemetschke, Alexandra Huber © NHK
Alfred Nemetschke, Alexandra Huber © NHK

Wien. Wirtschaftsanwalt und NHK-Partner Alfred Nemetschke sieht den Wiener Immobilienmarkt in Gefahr: Viele große institutionelle Investoren glänzen seit der Finanzkrise ohnehin durch Abwesenheit, sagt der Immo-Rechtsexperte. Nun ist auch noch die 2012 beschlossene Immobilienertragsteuer von 25% auf Immo-Gewinne in Kraft. „Der Markt ist dadurch nochmals zurückgegangen“, sagt Nemetschke. Strengere Umsatzsteuer-Regeln haben für Banken und Ärzte große Probleme beim Finden neuer Vermieter gebracht.

Auch bei Wohnimmobilien sieht Nemetschke den Trend, dass die Vermietung immer unattraktiver werde. Die politische Diskussion um eine Verschärfung des Mietrechts könne dazu noch beitragen.

Alfred Nemetschke hat vor drei Jahren gemeinsam mit Alexandra Huber und Konrad Koloseus die Kanzlei Nemetschke Huber Koloseus (NHK) gegründet, die heute 7 Juristen zählt, mit Büros in Wien, Bratislava und Bukarest; man ist auf Immobilien- und Wirtschaftsrecht spezialisiert und setzt auf behutsamen Ausbau in anderen Fachgebieten. Das Umfeld hat sich in den letzten zwei Jahren stark verändert, betonen Huber und Nemetschke: Sowohl offene wie geschlossene Immobilienfonds sind am Markt nun weniger präsent. In den Boomjahren hatten sich die Fonds oft unbedacht eingekauft, „eine Folge der Seuche des billigen Geldes“, sagt Nemetschke. Damit ist es nun vorbei.

Am Wiener Büromarkt ist daher das Transaktionsvolumen stark gesunken; gesucht sind vor allem die besten Objekte – also solche, die langfristig an starke Mieter vermietet sind. Dazu kommt die Tendenz, die Mieter mehr zu schützen. Dahin gehen auch bereits mehrere OGH-Entscheidungen sagt Nemetschke.

Gegenwind für Immobilieninvestoren

Auch die steuerliche Seite wirkt seit der jüngsten Vergangenheit immer belastender: „Die Immobilienertragsteuer führt dazu, dass weniger verkauft wird.“ Das „Stabilitätsgesetz 2012“ sieht für Spekulationseinkünfte den Pauschalsatz von 25 Prozent des Spekulationsgewinnes vor. Der Spekulationsgewinn errechnet sich als die Differenz zwischen Verkaufspreis und seinerzeitigem Ankaufspreis der Immobilie. Nicht nur erzeugt diese ImmoESt einen verrückten bürokratischen Aufwand, sondern auch erhebliche zusätzliche Kosten für die Vertragsparteien. „Wir verlangen daher inzwischen bei Immobilienverkäufen immer eine Berechnung der Bemessungsgrundlage durch die Steuerberater der Vertragspartner – unter deren voller Haftung. Das ist inzwischen bei Anwälten allgemein so üblich“, sagt Nemetschke.

Den Vogel abgeschossen habe die Politik aber mit den neuen Umsatzsteuer-Regelungen für Vermietungen, die ebenfalls mit dem Stabilitätsgesetz 2012 eingeführt wurden. Bekanntlich gilt nun die Regel, dass der Vermieter keine Vorsteuer geltend machen darf, wenn sein Mieter unecht umsatzsteuerbefreit ist. Das sind Banken, Ärzte u.a.

Wer also ein Bürogebäude besitzt, das zur Gänze an eine Bank vermietet ist, der darf nicht wie sonst üblich sich die Umsatzsteuer auf seine Wartungsrechnungen, Bauaufwendungen usw. von der Finanz zurückholen. Skurril wird es dort, wo ein Gebäude mehrere Mieter beherbergt. In diesem Fall darf der Anteil der für den Vorsteuerabzug gefährlichen Banken oder Ärzte nicht mehr als 5 Prozent ausmachen – und zwar vom Gesamtumsatz der Mieter. „Wie soll der Vermieter denn über die Umsätze seiner Mieter Bescheid wissen?“, ärgert sich Nemetschke. „Besonders gravierend sind die Auswirkungen auf den Markt als Ganzes. Viele großen institutionelle Immobilieninvestoren vermieten einfach nicht mehr an Banken oder Ärzte. Ich frage mich: wer soll künftig die so sehr für die medizinische Versorgung erwünschten Ärztezentren errichten?“

Banken und Ärzte als Mieter unerwünscht

Vor diesem Hintergrund nehme es nicht wunder, dass die Bank Austria unlängst die Schließung von einem Viertel ihrer Filialen angekündigt habe: Nicht nur Kostendruck, auch Probleme bei den Vermietern quälen die Outlets der Geldhäuser. Die Banken haben ein Riesenproblem; die Vermieter wollen sich nun einmal die Vorsteuer von der Finanz zurückholen, und dürfen nicht.

Auch große Immobiliendeals mit Gebäuden, bei denen Banken Mieter sind, platzen aus diesem Grund zunehmend, sagt Nemetschke, der selbst Fälle kennt: Auch hier droht der Käufer um die Umsatzsteuer-Abzugsfähigkeit umzufallen. Der gute Rat der Finanz laute daher, dass der Verkäufer in solchen Fällen eben auf 30 Prozent seines Kaufpreises verzichten solle – um so den Käufer für den Verlust der Vorsteuer-Abzugsfähigkeit zu entschädigen. Das sei zwar ein rechnerisch schlüssiger, aber völlig weltfremder Tipp, meint Nemetschke. „Man übersieht völlig, was an einem funktionierenden Immobilienmarkt alles dranhängt. Man muss sich doch nur den Effekt anschauen, den die Wertpapiersteuer auf die Umsätze an der Wiener Börse gehabt hat: sie sind völlig eingebrochen. Das Gleiche droht nun bei den Immobilien.“

Aktuelle Miethöhen-Diskussion

Die aktuell in Österreich geführte politische Diskussion um eine Reform des Mietrechts als Gegenmittel zu den steigenden Wohnungsmieten bzw. der zunehmenden Wohnungsknappheit in den Ballungsräumen sieht Nemetschke daher mit Sorge: Zu abschreckend seien die Beispiele der Immobilienertragsteuer und der neuen Umsatzsteuer-Regeln. „Ich fürchte eine Mietrechtsnovelle der großen Koalition – noch dazu eine, die jetzt noch schnell vor den Nationalratswahlen beschlossen werden könnte.“

Nicht nur schrecken solche Vorhaben seiner Meinung nach die institutionellen Investoren ab; unterm Strich treffe die Immobilienertragsteuer letztendlich noch dazu nicht die großen Anleger, sondern den breiten Mittelstand am heftigsten – denn der könne nicht abwandern.

Link: Nemetschke Huber Koloseus

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