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Business, Recht

Endspurt der Parteien: Arbeiter (fast) gleich Angestellte

Parlament ©ejn

Arbeitsrecht. Arbeiter erhalten besseren Kündigungsschutz, ihre Rechte werden bis 2021 an jene der Angestellten angeglichen. Die ÖVP sieht ein Foul.

Große Unterschiede gibt es nicht mehr, was die Rechte von Arbeitern und Angestellten betrifft, nun sollen auch die letzten Ungleichheiten beseitigt werden. FPÖ und Grüne unterstützten gestern im Nationalrat ein von der SPÖ eingebrachtes Gesetzespaket und stellten damit die erforderliche Mehrheit sicher – im Endspurt vor der Nationalratswahl am Sonntag sind die Koalitionsgrenzen gefallen.

Was geändert wird

  • Insbesondere geht es um Verbesserungen beim Kündigungsschutz für ArbeiterInnen und einheitliche Regeln für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, berichtet die Parlamentskorrespondenz.
  • Allerdings werden die vorgesehenen längeren Kündigungsfristen für Arbeiter gemäß einem Abänderungsantrag erst ab dem Jahr 2021 gelten. Das Verschieben des Inkrafttretens von 2018 auf 2021 soll es den Betrieben ermöglichen, sich auf die verlängerten Kündigungsfristen einzustellen, wie in der Begründung des Abänderungsantrags festgehalten wird.
  • Außerdem dürfen Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, über das Jahr 2021 hinaus abweichende Regelungen durch Kollektivvertrag festlegen. Das gilt etwa für die Baubranche und den Tourismus.
  • Verbesserungen bringt der Abänderungsantrag für Arbeitnehmer, deren Dienstverhältnis während eines Krankenstands einvernehmlich beendet wird: Sie werden ab Mitte 2018, was die Entgeltfortzahlung betrifft, die gleichen Ansprüche haben wie gekündigte Mitarbeiter.

Mit den Änderungen habe man auf Einwände der Wirtschaft reagiert, betonte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch.

Mehrheitlich vom Nationalrat angenommen wurde auch ein von den Grünen eingebrachter Entschließungsantrag: Die Abgeordneten fordern einen besseren arbeits- und sozialrechtlichen Schutz für atypisch beschäftigte Personen wie freie Dienstnehmer und neue Selbständige sowie die Überführung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung in ein modernes Arbeitsrecht.

Die Änderungen im Detail

  • Gemäß dem Gesetzesbeschluss wird auch für ArbeiterInnen so wie für Angestellte künftig eine zumindest sechswöchige Kündigungsfrist gelten, wobei das Dienstverhältnis nur mit Ablauf jedes Kalendervierteljahres gelöst werden kann. Danach steigt die Kündigungsfrist stufenweise an – bis zu einer Dauer von fünf Monaten nach dem vollendeten 25. Dienstjahr.
  • Für Angestellte ist neu, dass die Kündigungsregelungen nun auch für Beschäftigte mit nur wenigen Wochenstunden (weniger als ein Fünftel der kollektivvertraglichen Normarbeitszeit) gelten.
  • Vereinheitlicht wird auch die Systematik für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder nach einem Unfall, bei gleichzeitiger Verankerung einzelner Verbesserungen. So ist das Gehalt bzw. der Lohn künftig bereits nach einem Dienstjahr – statt wie derzeit erst nach fünf – acht Wochen lang weiterzuzahlen. An der Grundstufe (sechs Wochen) und den weiteren Steigerungsstufen (zehn Wochen nach fünfzehn Dienstjahren, zwölf Wochen nach fünfundzwanzig Dienstjahren) ändert sich hingegen nichts.
  • Bei wiederholtem Krankenstand innerhalb eines Arbeitsjahres ist eine Zusammenrechnung der Anspruchszeiten vorgesehen, außer es handelt sich um einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit. Günstigere Regelungen in Kollektivverträgen sollen beibehalten werden.
  • Nicht mehr möglich sein wird es, den grundsätzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei unverschuldeten kurzzeitigen Dienstverhinderungen aufgrund wichtiger persönlicher Gründe kollektivvertraglich einzuschränken. Bei Arbeitern ist das derzeit zulässig.
  • Lehrlinge werden künftig im Krankheitsfall acht – statt bisher vier – Wochen lang die volle Lehrlingsentschädigung und weitere vier Wochen (statt zwei) ein Teilentgelt erhalten.

Die Umsetzung

  • In Kraft treten werden die Änderungen im Entgeltfortzahlungsrecht mit 1. Juli 2018, der verbesserte Kündigungsschutz für ArbeiterInnen wird ab 2021 gelten.
  • Zur Umsetzung der Gleichstellung müssen nicht nur das Angestelltengesetz, das ABGB und das Entgeltfortzahlungsgesetz geändert werden, sondern auch das Gutangestelltengesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz und das Landarbeitsgesetz.

ÖVP und NEOS fordern ausführliche Beratungen

Kritik an der Vorgehensweise kam von ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger und seinem Fraktionskollegen Peter Haubner. Die ÖVP sei für die Angleichung der Rechte von Arbeitern und Angestellten, es brauche aber eine ausführliche Diskussion unter Einbindung der Sozialpartner, betonten sie. Haubner sprach in diesem Zusammenhang von einem „schweren Foul“, das der Sozialpartnerschaft schade. Zudem vermissen Wöginger und Haubner im Gesetzentwurf der SPÖ einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff, der etwa auch gemeinsame Betriebsratsstrukturen für alle Beschäftigten eines Unternehmens inkludiere.

Ähnliche Kritik kam von den NEOS. Abgeordneter Gerald Loacker vermutet, dass die SPÖ gar nicht an einem einheitlichen Arbeitnehmerbegriff interessiert ist, und bezeichnete die Gesetzesinitiative als „billigen Wahlkampfschmäh“, für den seine Fraktion nicht zu haben sei. Ihm zufolge bleiben in vielen Bereichen Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten bestehen, etwa was Entlassungsgründe oder die Unterscheidung zwischen Berufsunfähigkeitspension und Invaliditätspension betrifft.

Link: Parlament

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