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EuGH-Urteil: Zugang zu Normen muss kostenlos möglich sein

Eine Sitzung des EuGH ©Gerichtshof der Europäischen Union

Kein Freund der Paywall. Der EuGH hat entschieden, dass bestimmte Europa-Normen für alle kostenlos zugänglich sein müssen. Er rüttelt damit am Fundament des Normen-Systems, meint Kanzlei Noerr.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat heute entschieden, dass europäische harmonisierte technische Normen über die Sicherheit von Spielzeug für alle Unionsbürger zugänglich sein müssen (C-588/21 P). Die Entscheidung hat potenziell erhebliche Folgewirkungen auch für andere Branchen.

Es geht dabei um ein Streitthema, das auf ähnliche Weise zuletzt auch in den USA die Gerichte beschäftigt hat: Die Normen-Ersteller argumentieren, dass zur Schaffung von Normen ein aufwändiger Entstehungsprozess nötig ist. Daher müsse der Zugang zu einer Norm, zumindest zur Langfassung, kostenpflichtig sein. Bekannte Institutionen wie Austrian Standards in Österreich, DIN in Deutschland usw. verkaufen diese Normen, allerdings machen sie damit unterm Strich – wie etwa der letzte Geschäftsbericht des Vereins von Austrian Standards zeigt – keineswegs jedes Jahr Gewinn.

Die Gegenseite argumentiert, dass Normen – die je nach Ausgestaltung rechtsverbindliche Eigenschaften für Produkte vorschreiben – ähnlich wie Gesetze für alle Interessierten bzw. Betroffenen zugänglich sein müssen: Woher wüsste man sonst was gilt?

Die Entscheidung

Was wurde nun heute entschieden: Im Jahr 2018 lehnte die Europäische Kommission den Antrag zweier gemeinnütziger Organisationen – Public.Resource.Org und Right to Know – ab, ihnen Zugang zu harmonisierten technischen Normen über die Sicherheit von Spielzeugwaren zu gewähren. Es ging dabei um Chemiebaukästen u.ä. Die NGOs fanden sich mit dieser Absage allerdings nicht ab und klagten. „2021 erklärte das Gericht (der EU, Anm.) diese Ablehnung für rechtmäßig“, schildert der EuGH in einer Aussendung.

Doch die Organisationen gaben so schnell nicht auf. „Im Rechtsmittelverfahren stellt der Gerichtshof (der EU, die Berufungsinstanz, Anm.) jedoch fest, dass an der Verbreitung der harmonisierten Normen über die Sicherheit von Spielzeugwaren ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, da diese Normen wegen ihrer Rechtswirkungen Teil des Unionsrechts sind. Daher hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts auf und erklärt den Beschluss der Kommission für nichtig“, so der EuGH.

Eine Entscheidung, die am Grundprinzip der Normen rüttelt, findet Prof. Thomas Klindt, Industrieanwalt und Partner der deutschen Wirtschaftskanzlei Noerr. Klindt in einer Aussendung: „Das Urteil im sogenannten Malamud-Verfahren stellt das gesamte europäische System der freiwilligen technischen Normung zur Disposition – nicht nur im Hinblick auf Normen zur Sicherheit von Spielzeug. Für die Industrie steht viel auf dem Spiel, denn nun ist völlig offen wie zukünftig neue technische Normen (weiter) entwickelt werden.“

„Langwierig und teuer“

Indem das Gericht einen Anspruch der Kläger auf kostenfreien Zugang zu diesen Normen bejahe, sei die Finanzierbarkeit des bisherigen Normungssystems gefährdet. „Die Entwicklung technischer Normen ist langwierig und teuer. Denn es sollen keine kleinteiligen Vorgaben gemacht, sondern offene Standards gesetzt werden, die zukünftige Entwicklungen antizipieren. Deshalb sind die Verbände wie der DIN auf eine langfristig gesicherte Finanzierung ihrer Arbeit angewiesen. Die Verbände finanzieren sich im Wesentlichen aus dem Verkauf von Normen, an denen sie die Urheberrechte halten. Ohne diese Finanzierungsmöglichkeit droht die Arbeit der Verbände stillzustehen und damit auch das gesamte System der europäischen Normsetzung“, so Klindt.

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