Open menu
x

Bequem up to date mit dem Newsletter von Extrajournal.Net!

Jetzt anmelden, regelmäßig die Liste der neuen Meldungen per E-Mail erhalten.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Newsletter-Seite sowie in unserer Datenschutzerklärung.

Recht

Analyse: Weisungsrecht bei Strafprozessen – Hat Gleichheit Ermessensspielraum?

Wien. Österreich diskutiert über das Weisungsrecht des Justizministers gegenüber dem Staatsanwalt. Schon öfter hätte es Einfluss aus dem Ministerium gegeben, verdächtige Politiker nicht zu verfolgen. Das versucht die Zeitschrift „Falter“ mit Akten aus den Behörden zu belegen. Jetzige und frühere Justizminister(innen) beschwichtigen: Das Weisungsrecht sei ein Papiertiger. Doch es gibt eine Grauzone, meint der „Standard“.  

Die Tageszeitung zitiert namentlich nicht genannte Insider, wonach es in vielen Fällen Einflussnahmen durch Politiker und auch Ministeriumsmitarbeiter gebe, die versuchten, auf politisch brisante Causen in ihrem Sinn einzuwirken. Diese Einflussnahme nehme aber nur selten die Form einer konkreten schriftlichen Weisung an. Eine solche Weisung würde auch rasch bekannt – da sie Teil des Akts und damit den Parteien theoretisch zugänglich ist, wie es heißt. Daher werde selten der formelle Weg beschritten, doch umso lieber informell die Meinung geäußert.

Laut den Berichten des „Falter“ soll es dagegen öfter Einflussnahmen geben, die durchaus auch schriftlich dokumentiert seien – sonst wäre es der Zeitschrift auch nicht möglich, eine ganze „Serie“ von Enthüllungen anzukündigen. Worauf das Justizministerium übrigens gelassen kontert: Die bisher genannten Fälle seien aus dem Zusammenhang gerissen, irrelevant oder beziehen sich lediglich auf unbedeutende Details der jeweiligen behördlichen Vorgänge, so das Ministerium. Die frühere Justizministerin Maria Berger (SPÖ) wieder, in deren Amtszeit einige der vom Falter geschilderten Vorgänge fallen, meint gegenüber der „Presse“: warum hätte sie – sinngemäß – ihre schützende Hand über (im konkreten Fall) FPÖ-Politiker halten sollen?

Beobachten oder beeinflussen

Belegt werden kann die von den Medien geschilderte Praxis naturgemäß kaum. Vor allem besteht ein erheblicher Spielraum zwischen bloßer Beobachtung einer behördlichen Handlung durch die Politik und Einflussnahme darauf. Und es gibt ein Gegenargument gegen die Verfechter einer Einschüchterungs- und Einflussnahmepolitik hinter den Kulissen: Prinzipiell besteht das Recht sowohl der Öffentlichkeit wie politischer Mandatare, das Wirken der Justiz zu beobachten – und ohnehin hat jeder das Recht, seine Meinung zu den Sachverhalten zu äußern, sofern er dadurch nicht in die Rechte Dritter eingreift bzw. unzulässig auf die Vorgänge Einfluss nimmt.

Genau hier, so meinen viele Beobachter, liegt der Hund begraben: Die jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe seien ein guter Grund, über die Einrichtung einer entweder weisungsfreien oder jedenfalls nicht einem politischen Mandatar (dem Justizminister) unterstellten Staatsanwaltschaft nachzudenken. Eine solche Reform sei in Österreich überfällig.

Stark, aber an der Leine

Seit der Reform der Strafprozessordnung sind Staatsanwälte in Österreich mächtiger: sie sind „quasi Verfolger und Überprüfer in einem“ wie es der Standard ausdrückt. Vor allem in den frühen Phasen von Ermittlungen ist die Rolle der – weisungsfreien – Richterschaft reduziert. Viele Experten fordern daher einen Generalstaatsanwalt, als oberste und weisungsfreie Instanz der Strafverfolgung. Er würde die Oberaufsicht über problematische Causen ausüben und statt dem Minister bzw. der entsprechenden Ministeriumssektion entscheiden.

Die österreichische Richtervereinigung wieder kann sich eine „honorige Persönlichkeit“ vorstellen, die an der Spitze der Staatsanwaltschaft steht und vom Parlament mit Dreiviertelmehrheit bestellt wird. Wenn diese „honorige Persönlichkeit“ von vorneherein ohne Möglichkeit einer Verlängerung bestellt wird, bräuchte sie nach ihrer Wahl keinerlei Rücksicht auf irgendwelche politischen Faktoren mehr zu nehmen. Dieses Modell sei übrigens international weit verbreitet, heißt es. Bei Justizministerin Claudia Bandion-Ortner werden solche Vorschläge derzeit allerdings zurückhaltend aufgenommen. Sie will eine Expertenkommission die Praxis der Weisungen bis Jahresende überprüfen lassen.

Link: Der Standard-Artikel

Link: Falter

Link: Österreichische Richtervereinigung

Weitere Meldungen:

  1. Grünes Licht für 3. Piste: Gericht erteilt Auflagen
  2. Pflegeregress fällt: Mehr Heimbewohner, ärmere Städte?
  3. Eversheds Sutherland eröffnet drei neue Büros
  4. OGH: Kann eine unversperrte Tür Menschen einsperren?