Wien. Der Nationalrat hat das für die einfachgesetzlichen Verankerung der neuen >Gesetzesbeschwerde< notwendige Ausführungsgesetz beschlossen. Damit sind alle rechtlichen Voraussetzungen für eine direkte Anrufung des Verfassungsgerichtshofs durch Verfahrensparteien in Zivil- und Strafverfahren ab 2015 gegeben.
In einzelnen Detailpunkten wurde der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf noch abgeändert: das soll vor allem für mehr Tempo bei den Verfahren am Höchstgericht sorgen. Auch die Anwaltspflicht bei der Gesetzesbeschwerde ist jetzt explizit festgeschrieben. Und es gibt eine Ergänzung in Sachen Transparenz der Höchstrichter, meldet die Parlamentskorrespondenz.
Ergänzt wurde der Gesetzentwurf gestern noch um Bestimmungen über die Offenlegung von Nebentätigkeiten der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs (VfGH).
So müssen die VfGH-RichterInnen künftig verpflichtend sämtliche beruflichen Tätigkeiten sowie Aufsichtsratsmandate und leitende Funktionen in einer Aktiengesellschaft, einer GmBH, einer Genossenschaft, einer Stiftung oder einer Sparkasse bekannt geben. Außerdem wird gesetzlich normiert, dass VerfassungsrichterInnen nicht an Entscheidungen mitwirken dürfen, wenn die Gefahr einer Befangenheit besteht. Damit werde nun gesetzlich festgelegt, was schon jetzt gängige Praxis im Verfassungsgerichtshof ist.
Druck gemacht in diesem Bereich hatten vor allem die Grünen: sie hätten sich auch die Veröffentlichung von Gutachtertätigkeiten, Unternehmensbeteiligungen und Publikationen von VfGH-RichterInnen gewünscht. Ihr diesbezüglicher Antrag blieb allerdings in der Minderheit.
Die weiteren Änderungen im Detail
Mit dem Ausführungsgesetz wird der so genannte „Parteienantrag auf Normenkontrolle“, wie die Gesetzesbeschwerde genau heißt, im Verfassungsgerichtshofgesetz, in der Zivilprozessordnung, im Außerstreitgesetz und in der Strafprozessordnung verankert. Um den Verfassungsgerichtshof (VfGH) anrufen zu können, muss die betroffene Verfahrenspartei zeitgerecht ein Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil erhoben, also etwa Berufung eingelegt haben.
Ausnahmen von der Gesetzesbeschwerde, etwa im Bereich von Exekutionsverfahren oder Verfahren über die Kündigung von Mietverträgen, sollen sicherstellen, dass der Zweck bestimmter Verfahren nicht vereitelt wird.
Neues für das Höchstgericht
Das zuständige Berufungsgericht ist an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs gebunden. Eine Entscheidungsfrist für den Verfassungsgerichtshof ist nicht vorgesehen, die Mitglieder des Verfassungsausschusses des Nationalrats haben aber in einer Ausschussfeststellung ihre Erwartung bekräftigt, dass der VfGH über Parteianträge auf Normenkontrolle rasch entscheidet. In Kraft treten soll das Ausführungsgesetz – genauso wie die bereits beschlossenen verfassungsrechtlichen Grundlagen – am 1. Jänner 2015.
Der von allen sechs Fraktionen gemeinsam vorgelegte Abänderungsantrag enthält neben den neuen Offenlegungspflichten für VfGH-RichterInnen auch weitere Adaptierungen des Verfassungsgerichtshofgesetzes.
- So werden jene Bestimmungen neu gefasst, die festlegen, in welchen Fällen der Verfassungsgerichtshof von einer mündlichen Verhandlung Abstand nehmen kann und in welchen Fällen er in >kleiner Besetzung< – vier RichterInnen plus Präsident – entscheiden darf. Das ist etwa dann der Fall, wenn die betroffene Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung bereits genügend klargestellt ist.
- Bei den Änderungen geht es den Erläuterungen zufolge lediglich um legistische Adaptierungen, an der geltenden Praxis soll sich nichts ändern. Zudem werde jedem Mitglied des Verfassungsgerichtshofs ausdrücklich das Recht eingeräumt, eine für eine >kleine Besetzung< vorgesehene Sache in die >große Besetzung< zu reklamieren.
- Festgeschrieben wird darüber hinaus, dass Anträge auf Bewilligung von Verfahrenshilfe außerhalb der Sessionen des Verfassungsgerichtshofs künftig auf Antrag des zuständigen Referenten vom Präsidenten ab- bzw. zurückgewiesen werden können. Damit ist es in Hinkunft möglich, raschere Entscheidungen zu treffen.
- Überdies wird ausdrücklich klargestellt, dass der Verfassungsgerichtshof die Zivilprozessordnung nur sinngemäß anzuwenden hat.
- Was den neuen Parteienantrag auf Normenkontrolle betrifft, müssen die Antragsteller gemäß dem Abänderungsantrag dem Verfassungsgerichtshof präzise darlegen, warum das von ihnen beanstandete Gesetz bzw. die beanstandete Verordnung für das Urteil maßgeblich war. Sollte das verabsäumt werden, kann die Begründung auch nachgereicht werden.
- Klargestellt wird außerdem, dass auch Parteienanträgen auf Normenkontrolle der Anwaltspflicht unterliegen.
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