Wien. Familienunternehmen bilden das Rückgrat der europäischen Wirtschaft – in Österreich stellen solche Betriebe die überwiegende Mehrheit der Unternehmen dar. Laut aktueller Analyse von Deloitte zeichnet sich ein bevorstehender Paradigmenwechsel ab. Die junge Generation will in die Offensive gehen.
In den Familienunternehmen zeichnet sich demnach ein grundlegender Wandel ab. Die neue Generation an Führungspersönlichkeiten setzt zum überwiegenden Teil auf einen neuen Führungsstil, will mehrheitlich strategisch neue Wege gehen und dabei risikobereiter agieren. Wachstum und Innovation rücken in der Unternehmensstrategie in den Fokus.
Dabei agiert die neue Generation im Spannungsfeld zwischen althergebrachten Familienwerten und wirtschaftlich notwendigem neuen Denken. Diese Trends identifiziert Deloitte unter vorwiegend europäischen Familienunternehmen im ersten Next Generation Survey.
Ergebnisse in Kurzfassung:
- 80% der Nachfolger wollen einen völlig neuen Führungsstil etablieren
- 56% streben strategische Neuausrichtung an
- 51% setzen auf mehr wirtschaftliches Risiko
- 40% sind offen für externe Investoren
Gefahr bei Führungswechsel
„In den Familienunternehmen weht ein frischer Wind. Die neue Generation will überwiegend neue Wege einschlagen“, erklärt Gottfried Spitzer, Partner bei Deloitte Österreich. „Dabei ist die größte Herausforderung, die richtige Balance zwischen Familienwerten, einer professionellen Nachfolgeplanung und mehr wirtschaftlicher Professionalität zu schaffen. Familienunternehmen sind gerade beim Wechsel an der Spitze besonders gefährdet.“
Externe Investoren und Wachstum
- 56% der Interviewten planen eine grundlegende strategische Neuausrichtung und mehr als die Hälfte (51%) will größere wirtschaftliche Risiken als ihre Vorgänger eingehen.
- Die neue Generation ist außerdem bereit zu Änderungen in der Unternehmensstruktur.
- 40% überlegen zukünftig externe Investoren hereinzuholen, um den Fortbestand des Unternehmens sicherzustellen.
Die Nachfolger wollen vor allem in die professionelle Expansion, sowohl geographisch gesehen als auch in Bezug auf Produkte und Services, investieren. „Die Globalisierung macht auch vor den Familienunternehmen nicht Halt. Daher muss die neue Generation an Führungspersönlichkeiten strategisch neue Wege gehen. Viele fokussieren sich dabei auf Expansion, um so wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Spitzer.
Neue Technologien und Innovation
Außerdem wollen die Befragten verstärkt in Forschung und Entwicklung investieren sowie eine schnellere Einbindung neuer Technologien forcieren. 76% nennen Innovation als eine der drei höchsten Prioritäten. Eine große Herausforderung für die Nachfolgegeneration ist, die Familienmitglieder von der Wichtigkeit dieser Innovationen zu überzeugen. Über 60% der Familienmitglieder sind sich der Relevanz bewusst, aber nur 40% sind auch bereit das damit verbundene potenzielle Risiko einzugehen.
„Innovation ist essenziell für langfristiges und nachhaltiges Wachstum. Gerade die österreichischen Familienunternehmen haben hier einen Wettbewerbsvorteil, der zukünftig von der Nachfolgegeneration mutig weiter ausgebaut werden muss“, betont Spitzer.
Erhalt der familiären Werte
Eine der größten Herausforderungen sehen die Nachfolger darin, trotz der professionellen Neuausrichtung den Familiencharakter des Unternehmens und die Werte der Familie zu erhalten. Bei 64% der befragten Unternehmen gibt es aber keinen professionellen Plan für das Management der Nachfolge.
Allerdings gibt mehr als ein Drittel der Interviewten an, bereits von Kindesbeinen an in der Familie auf die neue Rolle vorbereitet worden zu sein. „Die Familienunternehmen müssen sich viel stärker auf eine professionelle Nachfolgeplanung konzentrieren. Es reicht nicht, wenn zwar bereits die Kinder ihre zukünftige Verantwortung verinnerlichen, dann aber professionelle Strukturen zur Übergabe fehlen“, so Spitzer.
Studiendesign
Das Deloitte EMEA Family Business Centre führte den ersten Deloitte Next Generation Survey im Zeitraum von Jänner bis März 2016 durch. Ziel war es, die aktuellen Trends in Familienunternehmen in Bezug auf die Nachfolgethematik zu analysieren.
Insgesamt wurden den Angaben zufolge rund 100 persönliche Tiefeninterviews mit Vertretern der Nachfolgegeneration von Unternehmen in Familienbesitz durchgeführt. Die Interviewten kommen zum überwiegenden Teil aus Europa, darunter auch Österreich. Fast zwei Drittel der Befragten sind jünger als 45 Jahre. 19 Länder der EMEA Region (Europa, Naher Osten und Afrika) nahmen an der Befragung teil.
Link: Deloitte