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Recht

Parlament plant Like-Button für neue Gesetze in Österreich

©ejn

Wien. Österreichs Parteien wollen die Bürger stärker in den Gesetzgebungsprozess einbinden: Ein erstes Crowdsourcing-Pilotprojekt könnte 2018 starten. Schon im Herbst soll ein amtlicher „Like“-Button für Gesetzesentwürfe kommen.

Die sechs Parlamentsfraktionen im österreichischen Nationalrat wollen den Bürgerinnen und Bürgern mehr Mitsprache im Gesetzgebungsprozess geben, berichtet die Parlamentskorrespondenz: Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat vor kurzem einen gemeinsamen Entschließung an das Plenum zur Abstimmung weitergeleitet. Da alle Parteien grundsätzlich dafür sind, sollte es damit eigentlich ernst werden.

Insbesondere geht es dabei um die Ausweitung des Begutachtungsverfahrens zu Gesetzentwürfen und die Durchführung von Crowdsourcing-Projekten im politischen Bereich.

Nach finnischem Vorbild sollen in Österreich künftig ausgewählte Gesetzesvorhaben gemeinsam mit Bürgern und Fachleuten in einem mehrstufigen Prozess erarbeitet werden, wobei die Regierung zunächst einmal ersucht wird, Materien, die sich für einen Crowdsourcing-Prozess eignen, bekanntzugeben, wie es heißt.

Ein erstes Pilotprojekt könnte dann 2018 starten, die technischen Voraussetzungen sollen bis Ende dieses Jahres vorliegen. Sogar ein eigener „Like“-Button ist geplant.

Es gab da einmal eine Enquete…

Für die Opposition ist die Entschließung ein kleiner, aber richtiger Schritt zur Umsetzung der Empfehlungen der parlamentarischen Enquete-Kommission zur „Stärkung der Demokratie in Österreich“, die zwischen September 2014 und September 2015 tagte.

So läuft das Ganze in der Praxis ab

Wie ein Crowdsourcing-Projekt ablaufen könnte, wird in den Erläuterungen zur Entschließung präzisiert:

  1. Demnach soll, sobald ein „crowdsourcentaugliches“ Thema am Tisch liegt, die Öffentlichkeit eingeladen werden, bestehende Probleme zu benennen.
  2. Danach werden Experten gebeten, Lösungen zu präsentieren, die dann
  3. in einem dritten Schritt evaluiert werden.
  4. Zum Abschluss soll das zuständige Regierungsmitglied dem Nationalrat berichten, ob eine oder keine Ausarbeitung eines konkreten Gesetzesvorhabens auf Basis der Anregungen erfolgt bzw. welche anderen Maßnahmen als Ergebnis des Prozesses geplant sind.

Zur Durchführung eines Pilotprojekts wird das Parlament eine Plattform für den Kommunikations- und Informationsaustausch einrichten.

Was das erweiterte Begutachtungsverfahren betrifft, wollen die Abgeordneten durch eine Änderung der legistischen Richtlinien sicherstellen, dass auch Stellungnahmen von Bürgern und Institutionen, die nicht direkte Adressaten eines Begutachtungsverfahrens sind, bei der Auswertung der Begutachtungsergebnisse berücksichtigt werden.

Jetzt kommt der „Like“-Button

  • Alle seriösen Stellungnahmen sollen – wie grundsätzlich schon bisher – auf der Website des Parlaments veröffentlicht werden.
  • Neu ist, dass sie, ähnlich wie Petitionen und Bürgerinitiativen, ab Herbst auch elektronisch mit einer Art „Like-Button“ unterstützt werden können. Die Gesetzgebung an Facebook auszulagern plant man allerdings nicht: Dieser Like-Button wird natürlich ein Eigenbau, auch wenn das Konzept von diversen Social Media-Instrumenten beeinflusst ist.
  • Das zuständige Regierungsmitglied wird außerdem angehalten, das jeweilige Gesetzesvorhaben in auch für Nicht-Experten verständlicher Form darzustellen, und zwar im Umfang etwa einer A4-Seite.
  • Schickt ein Ausschuss eine Gesetzesinitiative von Abgeordneten in Begutachtung, obliegt die Erstellung des entsprechenden Informationsblatts den Antragstellern.
  • Durch eine kurz begründete Darstellung soll schließlich in Hinkunft auch besser ersichtlich sein, welche Anregungen aus dem Begutachtungsverfahren in eine Regierungsvorlage aufgenommen wurden.

Opposition urgiert weitere Schritte

Basis für die Entschließung bildete ein Sechs-Parteien-Antrag, der im Zuge der Ausschussberatungen noch präzisiert und ausgeweitet wurde. Grundsätzlich wird die Ausweitung des Begutachtungsverfahrens und das geplante Crowdsourcing-Pilotprojekt nämlich sowohl von den Regierungs- wie auch von den Oppositionsparteien begrüßt.

Beide Punkte seien gut gelungen, sagte Dieter Brosz (Grüne). Die Grünen sind sich mit der FPÖ, den Neos und dem Team Stronach aber einig, dass es weitergehender Schritte bedarf.

Das eigentliche Ziel der Demokratie-Enquete sei schließlich die Weiterentwicklung der direkten Demokratie gewesen, erinnerte Nikolaus Scherak (Neos). Das Ergebnis der Enquete sei wenig zufriedenstellend gewesen, selbst aus dem damals von den Koalitionsparteien beschlossenen Mehrheitsbericht seien aber noch etliche Punkte offen. Brosz zufolge sind etwa jährliche Vorhabensberichte der Minister in öffentlichen Ausschusssitzungen bisher am Widerstand der Regierung gescheitert. Mehr Transparenz in der Gesetzgebung und mehr Mitbestimmungsrechte für Bürger würden die Akzeptanz von Gesetzen erhöhen, so Scherak.

Auch Christoph Hagen (Team Stronach) glaubt, dass die Politikverdrossenheit sinkt, wenn das Volk stärker in die Gesetzgebung eingebunden wird. Für Harald Stefan (FPÖ) ist die Entschließung „das kleinste Gemeinsame, das übrig geblieben ist“, er hoffe, dass der kleine Schritt etwas bringt. Auf Kompromisse in weiteren Bereichen hofft auch ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl.

Und was ist mit den nötigen Informationen?

In eine ähnliche Richtung geht der Wunsch der Opposition, staatliche Stellen zu mehr Informationsweitergabe an Bürger und Öffentlichkeit zu zwingen: Statt dem Amtsgeheimnis soll es künftig das Gegenteil, nämlich das grundsätzliche Recht jeder Person auf Zugang zu Informationen gegenüber öffentlichen Stellen (und auch einigen staatsnahen Unternehmen) geben. Nur wenn Sicherheit, Datenschutz o.ä. im konkreten Einzelfall dagegen sprechen, sollen die entsprechenden Informationen verweigert werden können.

Beim entsprechenden Informationsfreiheitsgesetz gibt es aber nach wie vor wenig Bewegung, obwohl schon seit 2015 ein Entwurf existiert; Kanzleramtsminister Thomas Drozda will laut Parlamentskorrespondenz vor dem Sommer noch einmal einen Anlauf nehmen.

Link: Parlament

 

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