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Business, Recht, Steuer

Wie geht es weiter mit Sozialpaket, Pflegeregress

Wien. Der Umbau der Arbeitslosenversicherung und die Abschaffung des Pflegeregresses sind Thema im Sozialausschuss des Nationalrats: Kommen im Gegenzug neue Steuern?

Der Sozialausschuss des Nationalrats hat gestern mit den Stimmen der Regierungsparteien ein erstes Entlastungspaket für Niedrigverdiener beschlossen. Ab 1. Juli 2018 sollen demnach ArbeitnehmerInnen bis zu einem monatlichen Einkommen von 1.948 € keine bzw. geringere Arbeitslosenversicherungsbeiträge zahlen.

Damit wird die derzeitige Schwelle von 1.696 € deutlich angehoben. Laut Sozialministerium werden von dieser Maßnahme im Jahresschnitt 450.000 Personen profitieren, die durchschnittliche jährliche Entlastung wurde mit 311 € berechnet. In Summe gehen dadurch knapp 140 Mio. € an Einnahmen verloren, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Die Frage der Finanzierung

Während ÖVP und FPÖ den Entwurf der Regierung ausdrücklich begrüßten, stimmte die Opposition geschlossen gegen die Gesetzesnovelle. Es gebe keine Vorschläge zur Gegenfinanzierung, wird kritisiert.

Konkret gelten für Arbeitnehmer künftig folgende Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung:

  • 0% bei einem Monatseinkommen bis 1.648 € (derzeit 1.381 €),
  • 1% bei einem Monatseinkommen zwischen 1.648 € und 1.798 € (derzeit 1.381 € bis 1.506 €),
  • 2% bei einem Monatseinkommen zwischen 1.798 € und 1.948 € (derzeit 1.506 € und 1.696 €).
  • Erst darüber wird der normale Beitragssatz von 3% fällig.
  • An der jährlichen Inflationsanpassung der genannten Beträge ändert sich nichts.

Die SPÖ stößt sich vor allem daran, dass mit der Gesetzesnovelle die Bestimmung entfällt, dass die durch die reduzierten Arbeitslosenversicherungsbeiträge verursachten Einnahmenausfälle für den Bereich Arbeitsmarktpolitik aus dem allgemeinen Budget abzugelten sind. Laut ihrer Rechnung werden damit künftig für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen fast 500 Mio. Euro fehlen.

Gerald Loacker (Neos) gab zu bedenken, dass man mit der Gesetzesnovelle einen weiteren Anreiz für Teilzeitarbeit setze, weil überwiegend Teilzeitbeschäftigte in die betroffenen Einkommenskategorien fallen.

Zudem erachte er es als Ungleichbehandlung, dass die niedrigeren Beitragssätze nicht auch für Selbstständige gelten, die in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Dass die neuen Bestimmungen unterjährig in Kraft treten, sieht er als unnötige bürokratische Belastung von Unternehmen.

Debatte um den Pflegeregress

Auch ein weiteres aktuelles Thema wurde im Sozialausschuss erörtert: Der Nationalrat hat 2017 mit breiter Mehrheit die Abschaffung des Pflegeregresses beschlossen. Seit Anfang 2018 dürfen Betreiber stationärer Pflegeeinrichtungen nicht mehr auf das Vermögen pflegebedürftiger Personen zugreifen.

Allerdings kommt es in der Praxis immer wieder zu Unsicherheiten. Auch bei der Frage der Finanzierung gibt es noch etliche offene Fragen. Darüber wurde auf Initiative der SPÖ auch im Sozialausschuss des Nationalrats diskutiert. Die ÖVP rechnet damit, dass die laufenden Verhandlungen mit den Ländern im Juni abgeschlossen werden können.

Basis für die Diskussion über den Pflegeregress bildeten zwei Entschließungsanträge der SPÖ. Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig drängt auf eine gesetzliche Klarstellung, wonach alle laufenden bzw. offenen Verfahren zum Pflegeregress einzustellen sind, auch wenn in der Vergangenheit zum Beispiel Ratenzahlungen vereinbart wurden.

Ebenso müsse verbindlich festgelegt werden, dass auch Einrichtungen zur Pflege von Menschen mit Behinderungen von der Abschaffung des Pflegeregresses umfasst sind. Einen ähnlichen Antrag hatte zuletzt auch die Liste Pilz eingebracht.

Um die Finanzierung professioneller Pflege in Österreich auch in Zukunft sicherzustellen, spricht sich die SPÖ für die Einführung einer zweckgewidmeten Erbschafts- und Schenkungssteuer für Erbschaften und Schenkungen ab 1 Mio. Euro aus. Sie erwartet sich davon jährliche Einnahmen von rund 500 Mio. €.

Für den Antrag zur Erbschaftssteuer äußerte, abseits der SPÖ, allerdings nur die Liste Pilz Sympathie. Auch wenn die Einnahmenerwartungen möglicherweise überzogen sind, könnte eine Erbschaftssteuer doch einen Beitrag zur Finanzierung der Pflege leisten, machte Abgeordneter Wolfgang Zinggl geltend.

Regierung will keine neue Steuer

Klare Ablehnung kam hingegen von Klaus Fürlinger (ÖVP) und Gerald Loacker (Neos), die die geschätzten Einnahmen von 500 Mio. Euro außerdem als völlig unrealistisch werteten.

Laut Loacker geht das IHS in einer Studie bestenfalls von Einnahmen in der Höhe von 140 Mio. € aus. Damit könne man das Loch, das die Abschaffung des Pflegeregresses reißt, nicht stopfen. Italien habe im Übrigen eine ähnliche Regelung, wie von der SPÖ gefordert, skizzierte Loacker, auch dort würden sich die Einnahmen – bei einer weitaus größeren Bevölkerung – auf lediglich 500 Mio. € pro Jahr belaufen.

Was die Abschaffung des Pflegeregresses betrifft, wies Ernst Gödl (ÖVP) darauf hin, dass derzeit die tatsächlichen Kosten erhoben werden. Er rechnet damit, dass die Verhandlungen mit den Ländern im Juni abgeschlossen werden können.

Dabei gehe es nicht nur um die Finanzierungsfrage, sondern auch um verschiedene Klarstellungen, etwa was die Einbeziehung behinderter Menschen betrifft. Dass es überhaupt Rechtsunsicherheit gibt, führt Gödl auf Versäumnisse von Ex-Sozialminister Alois Stöger zurück. Dieser habe es verabsäumt, detaillierte Ausführungsbestimmungen vorzulegen.

Link: Parlament

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