Gastbeitrag. Schiedsgerichtsverfahren mit China-Beteiligung könnten für Österreich wichtig werden: Der große Player CIETAC kommt nach Wien. Die DLA Piper-Experten Andreas Daxberger und Alexander Schultmeyer analysieren die Entwicklung.
Schiedsgerichtsverfahren sind ein wichtiges Instrument zur effizienten Schlichtung von Streitigkeiten, gerade auch wenn diese grenzüberschreitend sind, zwischen Unternehmen und / oder Staaten. Vor kurzem hat die chinesische China International Economic Trade and Arbitration Commission (CIETAC) nun angekündigt, in Wien bei der österreichischen Schiedsorganisation VIAC ihre Zelte permanent aufschlagen zu wollen, Wien also zur Europa-Niederlassung zu machen.
Welche Bedeutung Schiedsverfahren derzeit im Geschäft mit China haben
Aus österreichischer Sicht sind kommerzielle Schiedsverfahren mit chinesischer Beteiligung bislang noch kein signifikanter Geschäftsfaktor. Seit einiger Zeit sehen wir aber einen klaren Paradigmenwechseln und vermehrtes Interesse aus China, welches auch bei europäischen Unternehmen auf große Resonanz stößt. Die Bereitschaft chinesischer Unternehmen und Investoren am europäischen bzw. österreichischen Markt gezielt Fuß zu fassen, verstärkt auch die Stellung neutraler Schiedsinstitutionen, wie jener der VIAC.
Denn Verträge zwischen europäischen und chinesischen Unternehmen enthalten in aller Regel eine Schiedsvereinbarung. Chinesische Unternehmen werden allenfalls chinesische Schiedsinstitutionen (wie eben CIETAC oder auch das Shanghai International Arbitration Center (SHIAC) forcieren.
Es ist nunmehr auch zu erwarten, dass durch die Auswahl Wiens als Europa-Niederlassung der CIETAC unsere Hauptstadt als Schiedsverfahrensort noch attraktiver wird. Dies wiederum sollte sich in zusätzlichen Schiedsverfahren von chinesischen Parteien in den nächsten Jahren manifestieren.
Die Investments Chinas in der CEE sowie SEE Region könnten dem ohnehin beliebten Schiedsort Wien (insbesondere aufgrund der Kooperation mit der hochangesehenen VIAC) als neutraler Ort für Streitigkeiten für die Zukunft noch mehr Relevanz verleihen. Wir sehen hierbei insbesondere die örtliche Nähe als auch die hervorragende Reputation Österreichs als entscheidende Faktoren. Österreich könnte unter Berücksichtigung der sprachlichen Komponente aber auch für chinesische Investments in Deutschland der logische – neutrale – Konfliktlösungsort sein.
Die Trends bei Schiedsverfahren mit chinesischer Beteiligung
Wie sich das Verfahrensaufkommen bei Schiedsverfahren mit chinesischer Beteiligung ganz generell, entwickelt – dieser Entwicklungsverlauf ist momentan noch schwer einzuschätzen. Aufgrund des in den letzten Jahren intensivierten Interesses aus China an europäischen Unternehmen, aber auch gezielt am österreichischen Markt, könnte dies zu einer Steigerung der chinesischen Beteiligungsquote an österreichischen Schiedsverfahren führen. Wir sehen daher noch keinen dezidierten Trend, aber Vorzeichen für einen solchen als gegeben.
Zieht man beispielsweise die veröffentlichten Statistiken der VIAC heran, zeigt sich, dass noch kein eindeutiger Trend erkennbar ist. Während zu Beginn des Jahrzehnts vereinzelt Schiedsverfahren mit chinesischer Involvierung gab (2011: 3, 2012:1, 2014: 2), flachte diese Beteiligung danach ab. Im Jahr 2017 wurden 2 Schiedsverfahren bei der VIAC verzeichnet, bei denen eine chinesische Partei beteiligt war.
Durch die bereits erwähnte CIETAC Positionierung in Wien als Europa-Hub, erwarten wir auch hier neue Impulse für Wien als Schiedsstandort. Jüngste Entwicklungen in China selbst deuten aber auf eine generell schiedsgerichtsfreundliche Haltung Chinas hin, die ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Schiedsstandort Wien haben könnte.
Welche wichtigen Punkte EU-Unternehmen beachten sollten, wenn es um Schiedsverfahren mit chinesischer Beteiligung geht
Ein elementarer Aspekt einer gültigen Schiedsvereinbarung betrifft die (gegenseitige) Durchsetzbarkeit des Schiedsspruches in der jeweiligen Jurisdiktion. Daher sind EU-Unternehmen vor Abschluss von Schiedsklauseln dazu angehalten, zu überlegen, dass die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsurteils in China gewährleistet sein sollte.
Ein wesentlicher Punkt am Ende eines gewonnenen Schiedsverfahrens ist naturgemäß die Durchsetzbarkeit in einem anderen Land. Selbst bei Ländern, die dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche („NYÜ“) beigetreten sind (China ist 1987 beigetreten), kann es oftmals zu nicht unerheblichen Schwierigkeiten und Zeitverzögerungen bei der Vollstreckung kommen (China galt bislang eher als eines jener Länder, in denen die Vollstreckung als schwierig angesehen wurde). Die nunmehrige Europa-Niederlassung der CIETAC könnte eine weitere Erleichterung diesbezüglich bringen.
Europäische Unternehmen sollten jedenfalls bereits bei der Vertragsgestaltung darauf Bedacht nehmen, unter welcher Schiedsordnung, aber auch an welchem Schiedsort (und in welcher Sprache) ein späteres Verfahren am zielführendsten sein könnte (dies also unabhängig vom anwendbaren materiellen Recht).
Manchmal wird dieser Punkt bei der Vertragsgestaltung außer Acht gelassen und kommt es zu ungewollten Kombinationen, weil im letzten Moment der kleinste gemeinsamen Nenner der Parteien gebildet wird (daher auch als sogenannte „Midnight Clause“ bezeichnet).
Im Übrigen dürften Ad-hoc-Schiedsgerichte aus chinesischer Sicht kein probates Mittel zur Konfliktlösung darstellen, sondern sollte vorrangig auf institutionelle Schiedskommissionen vertraut werden.
Die Autoren
Mag. Andreas Daxberger ist Partner und Mag. Alexander Schultmeyer, MBA (CLU) ist Senior Associate bei DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte in Wien.
Link: DLA Piper