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Chinas Übernahmen in Europa sinken auf 12-Jahres-Tief

Eva-Maria Berchtold ©EY / Point of View

Wien. China kommt bei Firmenübernahmen in Europa immer seltener zum Zug: Das Interesse ist da, doch finanzielle und regulatorische Hürden sind im Weg, so EY. In Österreich gab es zwei Deals.

Chinesische Käufer:innen kommen bei Firmenübernahmen in Europa immer seltener zum Zug: Die Zahl der Transaktionen sank im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr von 139 auf 119. Im Jahr 2016 – auf dem Höhepunkt des Booms chinesischer M&A-Transaktionen in Europa – waren noch 309 Zukäufe chinesischer Unternehmen registriert worden.

Auch das Transaktionsvolumen sank erneut: Der Wert der Beteiligungen und Übernahmen ging von 4,3 auf 2,0 Milliarden US-Dollar zurück – bei der Mehrzahl der Übernahmen liegen allerdings keine Angaben zu Kaufpreisen vor.

Die wichtigsten Länder

Im Vergleich zum Vorjahr entwickelten sich die wichtigsten Zielländer – Deutschland und Großbritannien – sehr unterschiedlich. Während die Zahl der Transaktionen in Deutschland leicht stieg (2023: 28; 2022: 26), war in Großbritannien ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen (2023: 17; 2022: 27). Auch in Frankreich und Spanien gab es deutliche Einbußen, während in Italien und der Schweiz eine positive Tendenz zu beobachten war. In Österreich spielten chinesische Unternehmen als Investoren 2023 mit zwei Transaktionen genauso wie im Vorjahr 2022 mit einer Transaktion nur eine untergeordnete Rolle.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die Investitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland und Europa untersucht hat. „Trotz vereinzelter positiver Entwicklungen in Ländern wie Italien und der Schweiz herrscht die strategische Zurückhaltung chinesischer Unternehmen in Europa vor. Das ist vor allem auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in China sowie die Priorisierung der Konsolidierung eigener Geschäftsbereiche vor Expansion durch M&A zurückzuführen“, so Eva-Maria Berchtold, Partnerin und Leiterin der Strategie- und Transaktionsberatung bei EY Österreich, in einer Aussendung.

Nach Covid-19 kam keine Renaissance

Die Covid-19-Pandemie führte bekanntlich zu bedeutenden Beschränkungen bei der Ein- und Ausreise aus China sowie bei den M&A-Transaktionen. Nach Aufhebung der Maßnahmen kam es entgegen den Hoffnungen nicht zu einer massiven Neubelebung chinesischer Aktivitäten, so EY. Dies sei teilweise auch darauf zurückzuführen, dass chinesische Firmen in zahlreichen europäischen Staaten inzwischen erheblichen politischen Hindernissen gegenüberstehen.

Wenn die Chinesen in Europa zuschlagen, dann gerne im High Tech-Segment, wozu in erster Linie Software- und Halbleiter-Unternehmen zählen. Die Zahl der Übernahmen von High Tech-Unternehmen sank zuletzt allerdings von 32 auf 26, gleichzeitig ging die Zahl der übernommenen Industrieunternehmen von 25 auf 24 zurück – es herrscht also derzeit annähernd Parität.

Im Gesundheitsbereich gab es europaweit 14 Transaktionen – hierzu zählt auch einer der beiden Deals in Österreich. Es handelt sich hier um die piur Imaging GmbH, ein MedTech-Unternehmen im Bereich der bildgebenden (Ultraschall-)Diagnostik, das von einer chinesischen Investorengruppe akquiriert wurde. Die andere Übernahme in Österreich ist dem Bereich Consumer Products zuzuordnen: Hutchinson Drei erwarb die educom GmbH, einen Handy- und Internettarifanbieter mit Bildungsrabatten für Schüler:innen und deren Eltern.

Der Ausblick

Was die Zukunft betrifft, so ortet EY zwar Interesse, auf eine neue Deal-Flut heißt es aber länger warten: Auch unter den derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen verliere das Interesse chinesischer Investor:innen an strategischen Partnerschaften in Europa nicht an Bedeutung, der Fokus in Österreich und anderen Teilen Europas liege aber eher auf kleineren Deals.

Außerdem planen chinesische Automobil- und Batteriehersteller, in den nächsten Jahren erhebliche Summen in Europa zu investieren, allerdings durch Greenfield-Investitionen zum Aufbau neuer Produktionsstätten, statt durch M&A-Transaktionen. „Die strategische Ausrichtung und das langfristige Engagement in Schlüsselindustrien bleiben ein zentraler Fokus für chinesische Akteur:innen, was zukünftige Marktchancen in Europa eröffnen könnte“, meint Eva-Maria Berchtold.

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