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Fabasoft: Verträge werden digital, aber nicht dem Chatbot überlassen

Robin Schmeisser ©Nik Fleischmann / Fabasoft Contracts

Interview. Digitales Vertragsmanagement setzt sich durch, sagt Fabasoft Contracts-Geschäftsführer Robin Schmeisser: „Manche unserer Kunden haben Hunderttausende Verträge“. Chatbots wie ChatGPT seien aber ein Sicherheitsproblem.

Extrajournal.Net: Fabasoft Contracts ist ein Produkt für digitales Vertragsmanagement in Unternehmen. Welche Funktionen bietet die Software?
Robin Schmeisser: Wir decken das komplette Contract Lifecycle Management ab, also den gesamten Entstehungs- und Verwaltungsprozess eines Vertrags inklusive aller Bearbeitungsschritte. Das ist nicht nur als Service wichtig, sondern auch, weil es aus Effizienz-, Sicherheits- und Datenschutzgründen darauf ankommt, sogenannte „Medienbrüche“ zu vermeiden.

Ein Medienbruch entsteht unter anderem, wenn die Verantwortlichen den fertigen Vertrag auf Papier ausdrucken, unterschreiben und wieder einscannen – oder wenn sie diesen per Mail an den Vertragspartner schicken. Jede Person, die sich mit Sicherheitsthemen beschäftigt, weiß, wie gefährlich das ist. Ganz abgesehen vom Risiko unbefugter Zugriffe besteht damit oft Unklarheit, welche Version des Vertrags die letztgültige war. Darum kombinieren wir in unserem Produkt die drei Bereiche Vertragsmanagement, Legal Matter Management und Anfragemanagement.

„Vertragsmanagement beginnt schon bei der ersten Anfrage“

Was bedeutet das konkret, in welchem Stadium beginnt die Arbeit?

Robin Schmeisser: Vertragsmanagement beginnt schon bei der ersten Anfrage eines Kunden, beim Start des Auswahlverfahrens von Lieferanten oder dem ersten Vertragsentwurf: Wir haben Kunden, die das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz einhalten müssen – wo es darauf ankommt, dass die Lieferanten allen Vorschriften entsprechen. Das berücksichtigen wir bereits in diesem ersten Stadium vor der eigentlichen Vertragsanbahnung.

Der nächste Schritt ist die standardisierte Vorlagenerstellung, zum Beispiel für ein Non-Disclosure-Agreement (NDA). Der Entwurf durchläuft die Finalisierung, den Genehmigungsprozess und erhält zu guter Letzt eine elektronische Signatur. Auf dem ganzen Weg kann der User mit externen Partnern zusammenarbeiten, denen er Zugriff darauf gibt, ohne etwas per Mail verschicken oder in einer anderen Cloud arbeiten zu müssen – also ohne Medienbruch. Dabei sind die Schritte von Anfang an digitalisiert und dank Microsoft Outlook-Integration in den Workflow des Users eingebunden.

„Manche Kunden haben Hunderttausende Vereinbarungen“

Für welche Branchen ist digitales Vertragsmanagement besonders geeignet, welche Unternehmen sind dafür besonders empfänglich?

Robin Schmeisser: Jedes Unternehmen braucht Vertragsmanagement. Welche speziellen Anforderungen es abdecken muss, ist allerdings individuell zu betrachten. Wir konzentrieren uns mit unserer Solution auf den gehobenen Mittelstand und Konzerne, die 1.000 Verträge aufwärts verwalten. Eine Maximalgrenze gibt es nicht, in den digitalen Archiven unserer größten Kunden liegen Hunderttausende Vereinbarungen.

Unabhängig von der Größe des Unternehmens dient die Einhaltung aller datenschutzrechtlichen und anderer gesetzlicher Vorschriften als zusätzliches Argument für den Einsatz eines digitalen Vertragsmanagements. Die Betriebe befinden sich also in der Zwickmühle: Es ist mehr Arbeit zu verrichten und das schneller als früher. Mit analogen Methoden lässt sich das heutzutage nicht mehr bewältigen. Modernes Vertragsmanagement erledigt Aufgaben in Minuten, für die Mitarbeiter*innen davor Stunden brauchten – Zeitersparnis durch intelligente Digitalisierung.

Wie weit ist die Marktdurchdringung, wie viele Unternehmen sind schon mit Vertragsmanagement-Systemen verschiedener Art ausgestattet?

Robin Schmeisser: Laut Legal Tech Barometer 2022 hat rund die Hälfte der befragten österreichischen Unternehmen bereits eine Vertragsmanagement-Software – cloudbasiert oder on-premises – im Einsatz. Mehr als 40% legen ihre Verträge immer noch in Papierform in herkömmlichen Aktenschränken ab. Hier sehen wir noch enormes Potenzial.

Oft kennt niemand alle Verträge

Gibt es bei der Einführung eines Contract Management Systems häufige Probleme in der Praxis, auf die Sie stoßen?

Robin Schmeisser: Eine Herausforderung stellt die Aufbewahrung von Verträgen an unterschiedlichen Stellen im Unternehmen dar. Dies sehen wir häufig bei Organisationen, die sich auf mehrere Standorte aufteilen – ganz typisch bei anorganischem Wachstum, also bei Firmenübernahmen oder -zusammenschlüssen. Somit beschränkt sich das Wissen um die relevanten Vertragsinhalte oft auf wenige Mitarbeiter*innen, was einen unternehmensweiten Überblick fast unmöglich macht. Die Aufgabe ist es dann, ein strukturiertes digitales Archiv zu schaffen.

Wie können externe Partner in die Vertragsbearbeitung eingebunden werden – Kunden, Lieferanten, Anwälte, Steuerberater usw.?

Robin Schmeisser: Viele Kunden involvieren im ersten Schritt gern ihre externen Firmenanwält*innen, bevor sie die Software im Alltagsbetrieb einsetzen. Grundsätzlich gibt es dafür zwei Optionen: Entweder ich gewähre meinen Partnern ad-hoc den Zugriff auf bestimmte Dokumente in einem sogenannten externen Bereich oder ich definiere Prozesse, in die ich diese direkt einbinde. Das geht bis hin zur elektronischen Unterschrift, die im System integriert ist. In beiden Fällen muss sich der Partner mit Zwei-Faktor-Authentifizierung, z. B. über das Smartphone, identifizieren.

Welche elektronischen Signaturen kommen zum Einsatz?

Robin Schmeisser: Grundsätzlich die zwei hochwertigsten Signaturen, also die „fortgeschrittene elektronische Signatur“, die für den normalen Geschäftsverkehr ausreicht, und die „qualifizierte elektronische Signatur“, bei der die Unterzeichnenden zusätzlich ihre Identität nachweisen müssen. Erstere bieten wir systemeigen an, letztere gemeinsam mit unserem Partner Primesign.

Chatbots als Sicherheitsproblem

KI und Chatbots sind derzeit sehr im Gespräch, vor allem ChatGPT. Wie halten Sie es damit?

Robin Schmeisser: Wir setzen selbst in verschiedenen Bereichen KI ein, etwa bei der Erkennung von Vertragsinhalten. ChatGPT stellt aus meiner Sicht allerdings ein Problem im Hinblick auf den Datenschutz dar, vor allem weil es sich bei den Inhalten unserer Kunden um vertrauliche, juristische Sachverhalte handelt. Es gibt erstens keine Kontrolle darüber, was mit den Daten geschieht, die man in ChatGPT eingibt, und zweitens keine Gewähr, ob die von der KI verfassten Texte auch valide sind.

Sie haben wiederholt die Datenschutz-Problematik angesprochen, vom Versand per E-Mail bis zur Texteingabe in ChatGPT. Fabasoft ist ein österreichisches Unternehmen mit Serverstandorten in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Wie wichtig ist das in der Praxis für die Kunden?

Robin Schmeisser: Der EU-Standort hat massiv an Bedeutung gewonnen, u. a. wegen des bekannten EuGH-Urteils „Schrems II“. Der Standort allein ist aber noch nicht ausreichend, möchte ich betonen. Denn liegen die Daten von Betrieben bei einem außereuropäischen Cloud-Dienstleister, der einen Server innerhalb der EU betreibt, dann betreten sie eine rechtliche Grauzone. US-Provider beispielsweise können unter gewissen Umständen gesetzlich dazu verpflichtet sein, europäische Daten herauszugeben. Wir sind nach höchstem EU-Sicherheitsstandard zertifiziert, was bei vielen Kunden ein ausschlaggebender Faktor bei der Wahl des passenden Anbieters ist. Immerhin müssen Entscheider*innen dokumentieren können, dass sie ihre Sorgfaltspflichten einhalten.

Im Interview

Robin Schmeisser ist Geschäftsführer der Fabasoft Contracts GmbH.

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