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Recht, Tipps

Deutsches Höchstgericht kippt Vorratsdatenspeicherung, Gegner in Österreich bestärkt

Deutsches Bundes-verfassungsgericht

Karlsruhe/Wien. Das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat heute die Massenspeicherung von Internet- und Telefondaten in Deutschland aufgehoben. Dem Urteil waren drei Sammelklagen von insgesamt 35.000 Bürgern unterschiedlichster politischer Lager vorausgegangen.

Zwar wird eine Speicherungspflicht wie durch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vorgesehen nicht in Frage gestellt, doch ist die nationale Umsetzung laut BVerfG-Urteil nicht mit dem Telekommunikationsgeheimnis vereinbar. Eine Vorbildwirkung für andere EU-Staaten wird erwartet.

Die Richter kritisieren unter anderem einen Mangel an Datensicherheit, Verhältnismäßigkeit und Transparenz. In Österreich ist die EU-Richtlinie noch nicht umgesetzt; die Gegner der Vorratsdatenspeicherung fühlen sich nun bestärkt. Auch „auf europäischer Ebene ist das definitiv ein weiterer Anstoß, über die Richtlinie an sich nachzudenken“, betont Andreas Krisch, Präsident der Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) im Gespräch mit pressetext. Auswirkungen könnte die Entscheidung etwa auf Österreich haben, wo die EU-Richtlinie bisher nicht umgesetzt wurde.

Das deutsche Höchstgericht sieht die Vorratsdatenspeicherung als „schweren Eingriff mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt“. Es verweist darauf, dass trotz Ausklammern der Kommunikationsinhalte bei der Speicherung „bis in die Intimsphäre hineinreichende inhaltliche Rückschlüsse“ aus den Daten gezogen werden könnten.

Entsprechend streng müssen nach Ansicht der Richter die Bedingungen sein, an die sie geknüpft ist. Doch diesbezüglich ortet das BVerfG diverse Mängel in der deutschen gesetzlichen Umsetzung der EU-Richtlinie.

„Es fehlt schon an der gebotenen Gewährleistung eines besonders hohen Standards hinsichtlich der Datensicherheit“, heißt es im Urteil beispielsweise. Nicht mit der Verfassung in Einklang sei, dass ein Datenabruf nicht nur in richterlich bestätigten Einzelfällen, sondern grundsätzlich auch ohne Wissen des Betroffenen vorgesehen ist. Ferner betonen die Richter, dass ein Datenabruf nur bei einer „hinreichend belegten, konkreten“ Gefahr und wirklich schwerwiegenden Straftaten zugelassen werden darf. Diese müsse der Gesetzgeber genau festlegen.

Vorbildwirkung für Österreich

„Die Nutzung von Daten beispielsweise in Fällen von Urheberrechtsverletzungen hat damit eine klare Abfuhr bekommen“, freut sich Krisch über die Ausführungen der Richter.

Die Notwendigkeit eines deutlichen Eingrenzens der Straftaten, bei denen ein Datenzugriff zulässig ist, sei wohl auf Österreich übertragbar. Dort wurden seitens der Content-Industrie bereits Nutzungsbegehrlichkeiten im Kampf gegen Filesharer geäußert.

Auf gesamteuropäischer Ebene könnte sich das deutsche Urteil auch über den Umweg Österreich auswirken. Da die EU-Richtlinie von der Regierung in Wien noch nicht in nationalem Recht umgesetzt wurde, läuft ein Vertragsverletzungsverfahren.

Nach Ansicht von Krisch wäre es durchaus sinnvoll, in diesem Verfahren auch die Argumentation der deutschen Verfassungsrichter zu verweisen. Das gilt umso mehr, als dass Justizkommissarin Viviane Reding jüngst gegenüber dem Spiegel angekündigt hat, die Richtlinie selbst prüfen zu wollen.

In Österreich lehnt etwa die Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) die Vorratsdatenspeicherung „mit Vehemenz“ ab. Sie befürchtet unter anderem eine Gefährdung des Anwaltsgeheimnisses. (pte/red)

Link: Deutsches Bundesverfassungsgericht

Link: EDRI

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