Brüssel/Wien. EP-Berichterstatterin Evelyn Regner skizzierte im Parlament die EU-Pläne gegen aggressives Steuersparen.
Die Europäische Union will Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung effektiv bekämpfen. Gewinne sollen tatsächlich dort besteuert werden, wo sie entstehen. Das sieht ein Richtlinienvorschlag zur Offenlegung von Ertragssteuerinformationen bestimmter Unternehmen und Zweigniederlassungen vor, über den die zuständige Berichterstatterin des Europäischen Parlaments (EP), SPÖ-Mandatarin Evelyn Regner, jetzt Mitglieder von Nationalrat und Bundesrat informierte.
Geht es nach der Europäischen Kommission, müssten Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Mio. Euro die von ihnen entrichtete Ertragsteuer zusammen mit anderen relevanten steuerlichen Informationen veröffentlichen, berichtet die Parlamentskorrespondenz. Viele internationale Unternehmen nützen derzeit durch ein kompliziertes Firmengeflecht die Gesetze aus, um möglichst wenig Steuern zu zahlen. Den Staaten entgehen damit Steuereinnahmen in großem Ausmaß.
Das widerspreche im Binnenmarkt einer fairen, effizienten und wachstumsfreundlichen Unternehmensbesteuerung, die auf dem Grundsatz fuße, dass Unternehmen Steuern in dem Land entrichten sollten, in dem sie ihre Gewinne erwirtschaften, und zwar unabhängig davon, ob sie ihren Sitz in oder außerhalb der EU haben, meint die Kommission. Durch aggressive Steuerplanung werde dieser Grundsatz unterlaufen, begründet die EU ihren Vorstoß zu mehr Transparenz.
Wettbewerbsverzerrung durch Steuertricks
Die meisten Unternehmen – vor allem kleine und mittlere Unternehmen – würden keine aggressive Steuerplanung betreiben und dadurch im Wettbewerb mit Unternehmen, die dies tun, einen Nachteil erleiden, heißt es aus Brüssel. „Die Zeche muss dann von jenen Steuerzahlern geleistet werden, die nicht so beweglich sind“, prangerte auch EU-Mandatarin Regner bei ihrem Arbeitsgespräch im Parlament an. Steuerskandale wie LuxLeaks hätten immerhin Bewegung in die Steuerpolitik der EU gebracht.
Eine Institution auf EU-Ebene zur Prüfung nationaler Steuerpraktiken sei fraglos nötig. Der EU-Kommission zufolge könnte eine öffentliche Kontrolle bewirken, dass Unternehmen dort mehr soziale Verantwortung übernehmen, wo sie ihre Geschäfte betreiben. Laut Kommissionsvorschlag sollen Steuerberichte über große Unternehmensgruppen veröffentlicht werden müssen. Darin sind neben einer Beschreibung der Tätigkeit und der Anzahl der Beschäftigten die erwirtschafteten Gewinne, die noch zu zahlenden und die gezahlten Steuern offen zu legen. Die Informationen sollen getrennt für jeden Mitgliedstaat erfolgen. Die Angaben sollen dann in einer EU-Amtssprache fünf Jahre lang auf einer Webseite zur Verfügung stehen.
Werner Kogler von den Grünen problematisierte in diesem Zusammenhang, inwieweit auch Niederlassungen außerhalb der Union von der Informationspflicht umfasst werden und wurde in seinen Bedenken von Regner bestätigt. Tatsächlich könnten Unternehmen in Drittstaaten rechtlich nicht dazu verpflichtet werden, steuerrelevante Daten bekannt zu geben, falls sie nicht wollen. Als Kompromiss sei nun angedacht, einheitliche Definitionen für Steueroasen, in die Gewinne verschoben werden, festzulegen, so Regner, weil diese Vorgehensweise unter den OECD-Staaten am ehesten akzeptiert werde.
Tatsächlich beruft sich die EU-Kommission bei ihrer Initiative auf den Aktionspunkt 13 des von der G20 gebilligten OECD-Aktionsplans zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Aktionsplan).
Allerdings gebe es unter den EU-Mitgliedsstaaten noch einigen Widerstand, erfuhr Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ), zumal man gerne auf die nationalen Interessen der Steuerpolitik verweise. Auch Österreich sei ein „Bremser“ im Rat. Dabei hält Regner derzeit europäisches Handeln in Steuerfragen für mehr geboten denn je: „Viele Staaten stehen mit dem Rücken zur Wand“ aufgrund von Budgetknappheit, meinte sie, und verlören Milliarden durch aggressive Steuerplanung auf Konzernseite.
Der aktuelle Fahrplan sehe daher vor, dass der Kommissionsvorschlag zur Offenlegung der Steuerinformationen spätestens Anfang 2017 im zuständigen Ausschuss des EU-Parlaments verhandelt wird. Im Rat der EU würde dann eine qualifizierte Mehrheit unter den Finanzministern für einen Beschluss ausreichen.
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