Wien/Paris. Die „Kommission für die Effizienz der Justiz“ (CEPEJ) des Europarats will mit ihrem Jahresbericht 2016 aktuelle Justiz-Baustellen identifizieren.
Die 2002 vom Ministerkomitee des Europarats eingesetzte CEPEJ widme sich der Steigerung der Effizienz und funktionellen Verbesserung der Justizsysteme Europas. Am 6. Oktober 2016 präsentierte die Kommission in Paris den Bericht zur Evaluierung der Justizsysteme “European Judicial Systems 2016 – Efficiency and Quality of Justice”.
Mit diesem sechsten alle zwei Jahre erscheinenden Bericht will die CEPEJ den politischen Entscheidungsträgern und der Justiz ein praktisches und detailliertes Werkzeug zur Verfügung stellen, um das Verständnis der Funktionsweise der Justizsysteme in Europa, ihrer Effizienz und ihrer Qualität im Interesse von fast 850 Millionen Europäern zu verbessern, heißt es weiter.
Basierend auf den Daten für das Jahr 2014 sei der Bericht in Bezug auf die Anzahl der Themen und behandelten Staaten einzigartig. Die verwendete Methodik mache es möglich, Analysen, Trends und Reformprozesse der Justizsysteme von 46 Staaten zu präsentieren.
Die österreichische Justiz im internationalen Vergleich
Die österreichische Justiz müsse den internationalen Vergleich nicht scheuen, heißt es dazu aus dem Justizministerium: Im aktuellen Bericht über die europäischen Gerichtssysteme durch die Kommission für die Effizienz der Justiz des Europarates (CEPEJ) ergebe sich für Österreich Erfreuliches:
- Besonders die sehr kurzen Erledigungszeiten im streitigen Zivilverfahren (130 Tage (errechnete Verfahrensdauer) oder rund viereinhalb Monaten in Österreich gegenüber durchschnittlich 237 Tagen oder rund 8 Monaten in Europa) seien außergewöhnlich. Streitige Scheidungen dauerten (gemessenen Verfahrensdauer) zuletzt in Österreich nur mehr 162 Tage. In vielen Ländern Mittel- und Westeuropas dauert ein vergleichbares Verfahren zwei- bis dreimal so lange.
- Österreich werde auch die Eignung bescheinigt, große Verfahrensmengen schnell abwickeln zu können: Österreich ist eines der wenigen Länder in Europa, das in Zivil- und Strafsachen eine Clearance Rate von mehr als 100% und gleichzeitig eine Verfahrensdauer von weniger als 180 Tagen aufweist.
Generelle Trends in Europa
- Trotz der Wirtschaftskrise wird in der Mehrheit der europäischen Staaten verstärkt in die Justiz investiert (manche sparen dafür umso restriktiver).
- Den Gerichtsgebühren kommt eine zunehmende Rolle bei der Finanzierung der Justizsysteme zu. Sie tragen zu einer verstärkten Kostendeckung und einem Gleichgewicht der Kostentragung zwischen Parteien und Steuerzahler bei.
- Der Zugang zum Recht wurde durch Verbesserungen bei der Verfahrenshilfe, elektronische Unterstützung („e-justice“), bessere Informationen, „Kundenorientierung“, Opferschutz und die Einführung von Qualitätsmanagementsystemen verbessert.
- Die Zahl der Gerichtsstandorte ist rückläufig.
- Der Frauenanteil in der Gerichtsbarkeit steigt stetig, aber nicht in den “Karriereinstanzen” (“Glasdecke”). Österreich liegt hier übrigens vergleichsweise gut.
- Die europäischen Gerichte können die Gesamtmenge der anfallenden Verfahren erledigen. In manchen Staaten führten Einsparungsmaßnahmen zu leichten Verlängerungen der Verfahrensdauer.
Link: CEPEJ