Green Economy. Unternehmen müssen ihr nachhaltiges Wirtschaften immer öfter anhand von ESG-Kriterien nachweisen. Doch die Prüfung ist zu komplex, was das „gute und richtige Ziel“ gefährdet, so CRIF-Geschäftsführer Boris Recsey im Interview.
Extrajournal.Net: CRIF gehört zu den klassischen Anbietern von Bonitätsinformationen, bietet aber auch neue Dienstleistungen an. In welchen Geschäftsbereichen ist CRIF international bzw. in Österreich tätig, wie ist das Unternehmen aufgestellt?
Boris Recsey: CRIF ist heute ein weltweites Technologieunternehmen mit Schwerpunkt auf datenbasierte Lösungen für Identitäts- und Risikomanagement sowie Betrugsvermeidung entlang der digitalen Customer Journey. Unser Kerngeschäft, die Kredit- und Bonitätsauskunft, mit welchem wir vor über 30 Jahren begonnen haben, bildet nach wie vor das Fundament und wir sind in diesem Bereich führender Anbieter und wichtiger Partner der österreichischen Wirtschaft. CRIF verbindet somit das Beste aus beiden Welten.
Darüber hinaus verfügen wir mit CRIF Ratings über eine von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zugelassene Ratingagentur. Weltweit hat CRIF rund 70 Niederlassungen in über 35 Ländern auf vier Kontinenten und beschäftigt rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Rund 10.500 Finanzinstitute, über 1.000 Versicherungen und 82.000 Unternehmen zählen zu unseren Kunden. Die klassische Dienstleistung einer Auskunftei sind Bonitätsinformationen zu Personen und Unternehmen.
Neue Sparten gewinnen an Bedeutung
Wie wichtig ist der Bereich der Bonitätsinformationen heute noch? Werden Sparten wie IT-Dienstleistungen und -services wichtiger?
Boris Recsey: Durch die Digitalisierung und Automatisierung haben wir uns im Laufe der Zeit immer stärker zu einem Technologieanbieter entwickelt und bieten datenbasierte Lösungen für ein ganzheitliches Digital-Customer-Journey-Management an. Ein aktuelles Beispiel ist das Thema Digitale Identität und wie man diese im Onlinegeschäft eindeutig identifizieren kann. Hier agieren wir als Identification Service Provider und bieten mit unserem PaaS (Platform as a Serivice) Ansatz viele verschiedene Identifikationsmethoden an.
Sie haben vor Kurzem eine neue Plattform für die ESG-Bewertung von Unternehmen gestartet. Was war die Motivation dazu? Hat hier auch das Beispiel Deutschland gewirkt, wo es ja schon ein Lieferkettengesetz gibt?
Boris Recsey: Egal ob die Informationspflicht über Nachhaltigkeitsaspekte, die EU-Taxonomie-Verordnung oder das europäische Lieferkettengesetz – es ist gut und richtig gesetzliche Grundlagen für ein nachhaltiges, ESG-konformes Wirtschaften zu schaffen. Doch die Frage, ob und wie Firmen die geplanten Anforderungen überhaupt leisten und kontrollieren können, bleibt offen.
Aktuell gibt es viele Einzellösungen für die Evaluierung von ESG-Kriterien. Die Prüfung erfolgt meist manuell, ist wenig standardisiert und auch kaum durch Werkzeuge unterstützt. Das wird zur Folge haben, dass sich der administrative Aufwand mit der Vielzahl von Kontaktpunkten multipliziert, folglich zeitintensiv ist und die Umsetzung scheitert. Die erfolgreiche Umsetzung bedarf daher eines ganzheitlichen und vor allem gemeinschaftlichen Ansatzes.
Diesen kollektiven Ansatz teilen wir bei CRIF und sehen den Einsatz von Technologie als kritischen Erfolgsfaktor. Mit unserer ESG Transparency Plattform haben wir eine global vernetzte PaaS-Lösung entwickelt, die es Unternehmen ermöglicht, sich auf einfache Art und Weise regelkonform nach ESG-Kriterien bewerten und zertifizieren zu lassen und diese Information auch Dritten zugänglich zu machen – einmalig und für alle Kundenanfragen gültig. Unsere ESG-Plattform und das ESG-Zertifikat basieren auf der Selbsteinschätzung der Unternehmen und sind der erste Schritt zum nachhaltigen Handeln. Die weiteren Ausbaustufen in unserem ESG-Framework sind in Entwicklung.
Im Interview
Boris Recsey ist Geschäftsführer des Technologieanbieters und Informationsdienstleisters CRIF Austria.