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Ausländische Investoren dominieren Start-up-Szene

Florian Haas ©EY / Robert Herbst

Wien. Laut einer aktuellen Studie von EY kommen drei Viertel des Risikokapitals für österreichische Start-ups von ausländischen Investoren – und die waren zuletzt gut bei Kasse. Doch das wird sich wohl schon bald ändern, warnt das Beratungsunternehmen.

Nachdem 2021 weltweit alle Rekorde in Hinblick auf Start-up-Finanzierungen geknackt wurden, haben steigende Zinsen, wirtschaftliche Unsicherheiten, Inflation und eine drohende Rezession das Marktumfeld stark eingetrübt. Auch in Österreich stellen sich Start-ups auf wirtschaftlich schwierige Zeiten ein, so die Ergebnisse einer aktuellen Analyse des Beratungsunternehmens EY in Zusammenarbeit mit der Austrian Angel Investors Association (AAIA) und der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO).

In den Zahlen für das erste Halbjahr 2022 lässt sich hingegen noch keine Eintrübung des Finanzierungsmarkts für österreichische Start-ups erkennen. Im Gegenteil:

  • Österreichische Start-ups erhielten im ersten Halbjahr 2022 mehr frisches Kapital als je zuvor. Mit insgesamt 881 Millionen Euro wurde das Volumen des Vorjahreszeitraums um 67 Prozent überschritten. Österreichs Start-ups sammelten sogar noch mehr Kapital ein als im bisherigen Rekordzeitraum, dem zweiten Halbjahr 2021.
  • Allerdings vereinigten die zwei großen Finanzierungsrunden von GoStudent mit 300 Millionen Euro sowie TTTech Auto mit 250 Millionen Euro 62 Prozent des gesamten Investitionskapitals auf sich.

73% des Kapitals von ausländischen Investoren

Der Anteil an österreichischen Geldgebern in den Finanzierungsrunden ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen:

  • An 79 Prozent der Finanzierungsrunden, bei denen Angaben zu den beteiligten Investorengruppen veröffentlicht wurden, waren heimische Investoren beteiligt – im ersten Halbjahr 2021 waren es 71 Prozent.
  • 45 Prozent wurden sogar rein von heimischen Investoren getragen. 2021 waren es 44 Prozent.
  • Dennoch stammen drei Viertel (73 %) der Gesamtfinanzierungssumme von rein international besetzten Investorengruppen. Auch hier zeigt sich eine stärkere Beteiligung von heimischen Geldgebern als im Jahr davor, wo sogar 90 Prozent der Investmentsumme von nicht-österreichischen Investorengruppen bereitgestellt wurden.

„Der Boom geht nicht ungebremst weiter“

„In Österreich ist der Start-up-Höhenflug trotz des bereits stürmischen Umfelds auch im ersten Halbjahr 2022 weitergegangen. Noch nie wurde in einem Halbjahr so viel Kapital in Start-ups gesteckt wie heuer. Diese Zahlen dürfen aber nicht zu dem Trugschluss führen, dass der Boom des Rekordjahres 2021 in Österreich ungebremst weitergeht. Viele Finanzierungsrunden wurden bereits 2021 oder in den noch starken ersten Monaten 2022 auf den Weg gebracht und jetzt abgeschlossen. Gerade bei der Wachstumsfinanzierung, die in Österreich immer noch fast ausschließlich durch internationale Investorengruppen getätigt wird, wird sich die starke Zurückhaltung von Risikokapitalgebern in den nächsten Monaten niederschlagen“, so Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich.

Die Devise lautet nach wie vor: Je größer die Runde, desto weniger sind österreichische Investoren beteiligt. Allerdings gibt es einen leichten Trend zu einer stärkeren Beteiligung von österreichischen Investorengruppen bei Wachstumsfinanzierungsrunden. Bei der Hälfte der zehn größten Finanzierungsrunden waren heimische Geldgeber beteiligt, auch wenn immer noch drei Viertel des Kapitals von ausländischen Investorengruppen kommen und diese auch den Lead in höheren Wachstumsphasen übernehmen.

„Gerade auch in Anbetracht der Eintrübung des wirtschaftlichen Umfelds ist eine Stärkung des heimischen Kapitalmarkts und eine Reduzierung der Abhängigkeit von ausländischen Geldgebern essenziell: Viele international tätige Geldgeber sind nervös, die Risikobereitschaft sinkt, ebenso wie die Bereitschaft zu investieren. Gerade in der Wachstumsphase fokussieren Investoren auf das eigene Portfolio und werden in den nächsten Monaten sehr zurückhaltend investieren, insbesondere wenn der Fokus nicht in ihren Kernmärkten liegt“, so Haas.

Österreichische Investoren geben Starthilfe

Bei frühphasigen Investmentrunden sind dementsprechend auch klar heimische Investorengruppen führend:

  • In Pre Seed- (76 %) und Seed-Finanzierungsrunden (56 %), bei denen Angaben zu Investoren und der Art der Finanzierungsrunde bekannt sind, stellten sie jeweils die Mehrheit der Kapitalgeber.
  • Das ändert sich, sobald es von der Anschub- zur Wachstumsfinanzierung geht: Liegt der Anteil österreichischer Geldgeber bei Series-A-Finanzierungsrunden noch zumindest bei 47 Prozent, sind es bei Series-B-Runden im ersten Halbjahr 2022 nur zehn Prozent.
  • An den insgesamt sechs Series B-, Series C- und Corporate-Finanzierungsrunden, bei denen Angaben zu den Investoren vorliegen, hatte lediglich jeder zehnte beteiligte Investor (Series B) bzw. kein Investor (Series D und Corporate Series) den Hauptsitz in Österreich.

„Während die Anschubfinanzierung in Österreich insbesondere über Business Angels nach wie vor funktioniert, stehen heimische Investoren bei großen Finanzierungsrunden oft nur an der Seitenlinie, während vor allem Venture Capital Fonds aus den USA und UK das Spiel gestalten und sich auf ihrer europäischen Shopping-Tour in Österreichs Top-Start-ups einkaufen. Nur eine nachhaltige Stärkung des heimischen Kapitalmarkts und dringend notwendige Anreize für Risikokapital-Investitionen von Privatpersonen und institutionellen Investoren können langfristig die Abwanderung von intellektuellem Kapital und den Verlust von Arbeitsplätzen verhindern“, so Haas.

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