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Bildung & Uni

Forscher bändigen Nanoteilchen mit Laser, entdecken neue Kräfte

©Equinox Graphics Ltd. / Uni Wien

Quantenphysik. Forscher der Uni Wien, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Uni Duisburg-Essen haben einen neuen Mechanismus bei der Wechselwirkung zwischen optisch levitierten Nanoteilchen entdeckt.

Ihr Experiment zeige ein „bislang unerreichbares Maß an Kontrolle über die Kopplung in Anordnungen von Teilchen und schafft somit eine neue Plattform, um komplexe physikalische Phänomene zu untersuchen“, so die Forscher. Die Ergebnisse erschienen in der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftspublikation Science.

Wenn ein Staubteilchen wahllos im Raum herumschwebt und man einen Laser einschaltet, wird dieses im Fokus des Strahls gefangen sobald es zu nahe an den Laserstrahl gelangt. Dies ist die Erkenntnis der Nobelpreisarbeit von Arthur Ashkin über optische Pinzetten. Wenn sich zwei oder mehr Teilchen in der näheren Umgebung befinden, kann Licht zwischen ihnen hin und her reflektiert werden, so dass stehende Lichtwellen entstehen, in welchen die Teilchen sich selbst ausrichten. Dieses Phänomen, auch „optical binding“ genannt, ist seit 30 Jahren bekannt.

Fehlender Aspekt in der bisherigen Theorie

Ein unerwartetes Verhalten entdeckten nun die Forscher in Wien bei der Untersuchung der Kräfte zwischen zwei Nanoteilchen aus Glas: Nicht nur konnten sie die Stärke und das Vorzeichen der Bindungskraft ändern, sie konnten auch ein Teilchen sehen, z.B. das linke Teilchen, das auf das rechte Teilchen wirkte, ohne dass das rechte auf das linke zurückwirkte. Was wie eine Verletzung des dritten Newtonschen Gesetzes aussieht – alles, worauf eingewirkt wird, wirkt mit derselben Kraft, aber entgegengesetztem Vorzeichen zurück – ist laut den Forschern ein sogenanntes „nicht-reziprokes Verhalten“ und tritt in Situationen auf, in denen ein System Energie an seine Umgebung verlieren kann, in diesem Fall der Laser. Demnach fehlte ein Aspekt in der bisherigen Theorie von optical binding.

Der Trick hinter diesem neuen Verhalten ist die sogenannte „kohärente Streuung“, ein Phänomen, das die Wiener Wissenschaftler seit einigen Jahren erforschen. Wenn Laserlicht ein Nanoteilchen trifft, polarisiert sich die Materie im Teilchen und folgt der Oszillation der elektromagnetischen Welle des Lichts. Demzufolge oszilliert alles Licht, das vom Teilchen gestreut wird, in Phase mit dem einfallenden Laser. Wellen, die in Phase sind, können zur Interferenz gebracht werden. Kürzlich nützten die Wiener Forscher diesen durch kohärente Streuung verursachten Interferenz-Effekt, um erstmalig ein einzelnes Nanoteilchen bei Raumtemperatur auf dessen Quantengrundzustand der Bewegung zu kühlen.

Zusätzliche Interferenzeffekte

Als Uroš Delić, ein Senior Scientist in der Gruppe von Markus Aspelmeyer an der Universität Wien und Erstautor der früheren Arbeit zur Kühlung, begann, kohärente Streuung auf zwei Teilchen anzuwenden, erkannte er, dass zusätzliche Interferenzeffekte auftreten. „Licht, das von einem Teilchen gestreut wird, kann mit dem Licht interferieren, das das andere Teilchen fängt“, so Delić. „Falls die Phase zwischen diesen Lichtfeldern eingestellt werden kann, so können auch Stärke und Beschaffenheit der Kräfte zwischen den Teilchen eingestellt werden.“ Für einen Satz von Phasen erhält man wieder das bekannte optical binding.

Für andere Phasen jedoch treten bislang unbeobachtete Effekte auf wie beispielsweise nicht-reziproke Kräfte. „Es stellt sich heraus, dass bisherige Theorien weder kohärente Streuung noch die Tatsache, dass Photonen auch verloren gehen, berücksichtigt haben. Wenn man diese zwei Prozesse hinzufügt, erhält man viel reichhaltigere Wechselwirkungen als bisher für möglich gedacht“, so Benjamin Stickler, ein Teammitglied aus Deutschland, der an der präzisierten theoretischen Beschreibung arbeitet. „Frühere Experimente waren für diese Effekte auch nicht empfindlich genug.“

Ein Laser mit zwei Strahlen

Das Wiener Team wollte dies ändern und machte sich daran, diese neuen Licht-induzierten Kräfte in einem Experiment zu erforschen. Um dies zu erreichen, erzeugten sie mit einem Laser zwei optische Strahlen, von denen jeder ein einzelnes Glasnanoteilchen von ungefähr 200nm Größe (ca. 1.000mal kleiner als ein typisches Sandkorn) fängt. In ihrem Experiment konnten sie nicht nur den Abstand und die Intensität der Strahlen sondern auch die relative Phase zwischen diesen ändern. Die Position jedes Teilchens oszilliert mit der von der Falle vorgegebenen Frequenz, und kann mit hoher Genauigkeit im Experiment kontrolliert werden.

Da jede Kraft auf die gefangenen Teilchen diese Frequenz ändert, ist es möglich, die Kräfte zwischen ihnen zu verfolgen, während Phase und Abstand geändert werden. Um sicherzustellen, dass die Kräfte durch Licht und nicht durch das Gas zwischen den Teilchen hervorgerufen werden, wurde das Experiment im Vakuum durchgeführt. So konnten die Forscher das Vorhandensein der neuen Licht-induzierten Kräfte zwischen den gefangenen Teilchen bestätigen. „Die Kopplungen, die wir sehen, sind mehr als zehnmal größer als vom konventionellen optical binding erwartet“, so Doktorand Jakob Rieser, Erstautor der Studie. „Und wir sehen klare Signaturen von nicht-reziproken Kräften, wenn wir diese Laserphasen ändern, ganz wie in unserem neuen Modell vorhergesagt.“

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