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Business, Finanz

Finanzmarkt bedroht von Handelsstreit, Hanseatischer Liga

Im Überblick. Das Damoklesschwert Handelskonflikte bedroht Anleger mehr denn je, so die Zürcher Kantonalbank. Und Feri warnt vor der „Hanseatischen Liga“ in der EU.

Die Aussichten für Anleger für das zweite Halbjahr dieses Jahres sind getrübt, wie die Zürcher Kantonalbank Österreich AG in ihrem aktuellen Marktausblick festhält. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China droht bekanntlich wegen der neu angekündigten Strafzölle weiter zu eskalieren.

In der Eurozone werde die Wirtschaft außerdem weniger stark wachsen als erwartet. Die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert darauf mit einer weiterhin expansiven Geldpolitik. Gegenteiliges wird in den USA beobachtet. Dort läuft die Wirtschaft auf Hochtouren, sodass eine Wachstumsbeschleunigung erwartet wird. Den Leitzins will die US-Notenbank Fed weiter erhöhen.

Aufgrund des politischen und wirtschaftlichen Status quo rechnet die Zürcher nun mit einer Zunahme der Volatilität auf dem Aktienmarkt. „Das zweite Halbjahr 2018 bietet keine idealen Aussichten für Anleger. Aber für Pessimismus ist es zu früh“, kommentiert ChristianNemeth, Chief Investment Officer und Vorstandsmitglied der Zürcher Kantonalbank Österreich AG.

Volkswirte blicken jedenfalls mit Sorge auf die drohende Eskalation des Handelskonflikts:Sie könnte das Weltwirtschaftswachstum spürbar abkühlen und die Inflation steigen lassen. Handelseinschränkungen wirken generell wachstumsdämpfend sowie preistreibend.

Laut einer OECD-Studie würde ein permanenter Anstieg der Handelskosten um 10% die globale Wirtschaftsleistung mittelfristig um 1% bis 1,5% reduzieren, analysiert Nemeth. Eine globale Rezession sei aber auszuschließen.

Die US-Wirtschaft läuft trotz Trump auf Hochtouren

Ungeachtet der Zuspitzung im Handelskonflikt – man könnte auch formulieren: Trotz US-Präsident Donald Trump – entwickelt sich die US-Konjunktur positiv.

Die aktuellen Konjunkturindikatoren spiegeln die hohe Wachstumsdynamik der amerikanischen Wirtschaft wider. Die Arbeitslosenquote von 3,8% gehört zu der niedrigsten seit 18 Jahren. Arbeitnehmer erhalten sukzessive mehr Lohn. Ebenso zuversichtlich sei das Bild der wichtigen ISM-Einkaufsmanagerindizes. Sowohl in der Industrie wie auch im Dienstleistungssektor gab es eine klare Verbesserung zum Monat Juni.

All dies signalisiere eine Wachstumsbeschleunigung. „Wir rechnen für das weitere Quartal mit einem BIP-Zuwachs von 3% bis 3,5%“, kommentiert Nemeth die Wirtschaftslage der USA. Und er rechnet aufgrund der starken Konjunktur und der steigenden Inflation in diesem Jahr mit insgesamt vier Zinsschritten der Fed. Im September und Dezember dürfte der Leitzins nochmals um jeweils 25 Basispunkte angehoben werden. Für das kommende Jahr sehe die Fed weiterhin drei Zinsschritte vor.

Während die US-Wirtschaft boomt, zeichnet sich in der Eurozone ein gegenteiliges Bild ab: „Wir rechnen nun neu mit einem Wirtschaftswachstum von 2% anstatt von 2,2% in diesem Jahr. Dies liegt aber immer noch deutlich über dem langfristigen Durchschnitt“, so Nemeth.

Während es im Dienstleistungssektor bis dato stets gut läuft, seien die Industrie und der Außenhandel mit Hindernissen konfrontiert. So ist der Einkaufsmanagerindex für Industrie seit sechs Monaten rückläufig. Zudem hinterlassen globale Handelskonflikte und die weltweit politischen Unruhen erste Spuren in den Wirtschaftsdaten.

Durch die Geldpolitik der EZB erhält die Wirtschaft jedoch Rückenwind. Im Juni dieses Jahres haben die Währungshüter immerhin beschlossen, die Wertpapierkäufe nochmals um drei Monate bis Ende des Jahres zu verlängern. Die Leitzinsen bleiben laut der EZB mindestens bis zum Ende des Sommers 2019 auf dem akuellen Niveau.

Volatilität am Aktienmarkt nimmt zu

Für Anleger bedeuten die jüngsten Entwicklungen, dass die Verletzlichkeit der Aktienmärkte tendenziell zunimmt und vermehrt mit Schwankungen zu rechnen ist, wie es heißt. „Das Konjunkturbild spricht aktuell für eine überdurchschnittliche Kursentwicklung nordamerikanischer Aktien. Außerdem entwickelt sich der US-Markt in unruhigen Zeiten zumeist besser als die volatileren Börsen in Europa“, so Nemeth zum zweiten Halbjahr 2018.

Was Staatsanleihen betrifft, so profitierten sichere Anlagen in den letzten Wochen von der gestiegenen Nervosität an den Finanzmärkten – und wurden daher nochmals teurer, so Nemeth: „Blendet man den Handelskonflikt aus, spricht das fundamentale Umfeld weiterhin für steigende Rendite bzw. fallende Anleihenkurse. Wir bleiben daher bei Staatsanleihen untergewichtet.“

Gefahr aus dem Norden: Die Hanseatische Liga

Doch nicht nur Handelskonflikte und Zinstrends beschäftigen derzeit die Analyseabteilungen von Banken und Fondsanbietern. Als Ende Mai die neue Regierungskoalition in Italien ihr neues Wirtschaftsprogramm vorstellte, erlebten die Finanzmärkte einen „harten Realitätsschock“, formuliert es Investmenthaus Feri: Die Rentenmärkte bestraften italienische Staatsanleihen mit dem stärksten Anstieg von Renditen und Risikoprämien seit der Finanzkrise 2010.

Zwar haben sich die Märkte inzwischen wieder beruhigt, doch die negative Dynamik in der Euro-Zone bleibe 2018 unverändert hoch. Die monetären Hilfen der EZB laufen Ende des Jahres aus und das Italien-Problem bleibe weiter bedrohlich.

Zudem haben sich neue Kräfte formiert, die – von der breiten Öffentlichkeit bisher kaum bemerkt – die bisherige Statik der Euro-Zone infrage stellen, heißt es.

Gemeint ist eine neue Bruchlinie in der Währungsunion, die beim EU-Gipfel in Brüssel erstmals deutlicher sichtbar wurde. „Trotz detaillierter Fahrpläne und intensiver Vorarbeiten – darunter die deutsch-französische Meseberg-Erklärung – konnte die EU dort nur geringe Fortschritte auf ihrem Weg in eine ausufernde Transferunion erzielen“, meint Heinz-Werner Rapp vom Feri Cognitive Finance Institute in Bad Homburg.

Verantwortlich dafür sei die aktive Intervention einer kritischen Gruppe, die inzwischen als „Hanseatische Liga“ bekannt sei. Dahinter stehe, unter Führung der Niederlande, ein Verbund von derzeit zwölf nördlichen EU-Mitgliedsländern, die ausufernden Kosten und Risiken einer weitergehenden EU-Vertiefung offen widersprächen.

Auffällig sei, dass dieser Vorgang von der „hohen Politik“ bisher kaum kommentiert werde. „Die historische Erfahrung zeigt jedoch, dass meist die kleineren, aber wirtschaftlich starken Länder als erste die Konsequenzen ziehen, sobald eine Währungsunion nicht mehr richtig funktioniert“, so Rapp.

Das weitere Verhalten dieser Gruppe, die über 40 Prozent der Stimmanteile in der EU vertrete, müsse deshalb künftig sehr genau beobachtet werden. „Sollten Länder wie Österreich, Finnland, Irland oder die Niederlande – aus gutem Grund – die zentralistischen Pläne der EU-Kommission anhaltend blockieren, käme die fragile Statik der Währungsunion weiter unter Druck“, meint Rapp. Entgegen der verbreiteten Sorglosigkeit sei deshalb 2018 mit einer Zunahme von Risiken für den Euro zu rechnen.

 

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