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Business, Recht

Unternehmensberater: Vorplanen für künftige Lockdowns

Martin Puaschitz ©Weinwurm

Corona-Krise. Wiens Unternehmensberater machen auf Basis einer Umfrage 8 Vorschläge für bessere Covid-19-Hilfen. Für mögliche künftige Lockdowns sei durch mehr Digitalisierung vorzubauen.

In einer Umfrage unter ihren Mitgliedern erhob die Berufsgruppe Unternehmensberatung in der WKW mögliche Vorschläge, wie der Gesetzgeber die Lage der Unternehmen nach dem COVID 19-Lockdown verbessern könne. Mit mehr als 500 ausgefüllten Fragebögen (bei 7.500 Mitgliedern) sei die Rücklaufquote enorm, zeigt man sich zufrieden: „Durch unzählige Beratungsgespräche wissen die Wiener UnternehmensberaterInnen sehr genau, durch welche Maßnahmen den Unternehmen derzeit am besten geholfen werden kann. Es wäre schade, wenn dieses Potenzial ungenützt bliebe“, so Claudia Strohmaier, Wiener Berufsgruppensprecherin Unternehmensberatung.

Im Zeitraum Mai/Juni wurden die UBIT Wien-Mitglieder zu Vorschlägen aus Unternehmensberater-Sicht an den Gesetzgeber zur Verbesserung der Situation der Unternehmen befragt. Dabei war Querdenken ausdrücklich erwünscht. „Die Wiener Unternehmensberaterinnen und Unternehmensberater stehen nicht nur den Betrieben mit ihrem Know-how als verlässliche Partner zur Seite, sondern sind auch wichtige Ideen-Lieferanten, um die äußeren Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu verbessern“, meint Martin Puaschitz, Obmann der Wiener Fachgruppe für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT).

Die nachfolgenden acht Anregungen wurden laut den Angaben besonders häufig genannt.

1) Schnellere Kreditvergaben

Grundsätzlich müssen die Hausbanken der Unternehmen auch für Überbrückungskredite mit aws-Garantie eine Risikoeinschätzung vornehmen. Im Zuge dessen herrsche zuweilen Unverständnis, warum in manchen Fällen die Finanzierung verweigert wurde. „Ideal wären formale Erleichterungen bei den Überbrückungskrediten, Zinsobergrenzen und eine Limitierung der Bearbeitungsgebühr“, erklärte eine Unternehmensberaterin. „Die Regierung appelliert zwar an die Banken großzügiger zu sein, die Finanzmarktaufsicht (FMA) lockert jedoch die Vorgaben nicht“, kritisierte ein weiterer Experte. Ein anderer fordert die „Schaffung eines staatlichen Finanzinstitutes zur Vorfinanzierung der Corona-Kurzarbeit“, denn manche Banken seien mit der Bearbeitung der Kreditanträge derart lange im Rückstand, dass Kunden zwischenzeitlich insolvent werden.

2) Geförderte Zukunfts-Checks und Zukunfts-Pläne für KMUs

Etliche Betriebe können sich Unternehmensberatung derzeit nicht leisten, daher sollte es Förderungen geben. Von einem Umfrageteilnehmer wurde sogar eine gesetzliche Regelung gefordert, wonach Unternehmen einen standardisierten Zukunfts-Check bei einem Unternehmensberater durchführen lassen sollten – ähnlich den Fitnesschecks bei Leistungssportlern. Die Folge wären höhere Sicherheit für die Unternehmen, bessere Bonität bei den Banken und in weiterer Folge auch weniger Insolvenzen. „Als Vorbild wurde Deutschland genannt, wo Unternehmensberatung mit bis zu 4.000 Euro gefördert wird“, so die Berufsgruppensprecherin.

Strohmaier schlägt eine Weiterentwicklung des Sanierungsverfahrens vor, das in Österreich derzeit erst nach einer Insolvenzanmeldung eingeleitet wird: „Bereits bei einem absehbaren Bedrohungsszenario sollte ein Unternehmen mit externer Unternehmensberatung nach einem Zukunfts-Check einen Zukunftsplan erarbeiten. Dazu bedarf es allerdings staatlicher Förderung, weil den betroffenen Betrieben das Geld dazu fehlt. Eine Insolvenz käme der Allgemeinheit wesentlich teurer zu stehen, zumal dabei nicht nur Steuer- und Abgaben entfallen, sondern oft auch zahlreiche Arbeitsplätze verloren gehen.“

3) Wirtschaft kontrolliert hochfahren

Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer stellte die Sinnhaftigkeit der Schutzmaßnahmen außer Frage, forderte aber eine bessere Anpassung an die Bedrohungslage. „Alles Porzellan, das jetzt nicht zerschlagen wird, muss später nicht ersetzt werden“, heißt es. Je rascher das Land zu einem „normalen“ Geschäftsleben zurückkehre, umso billiger werde es für alle und umso weniger müssen die erfolgreichen Unternehmer in späteren Jahren an Steuern aufbringen, um die Krise zu finanzieren.

4) Weg vom Gießkannenprinzip

Häufig wurde auch eine Abkehr vom „Gießkannenprinzip“ gefordert und stattdessen mehr Treffsicherheit bei den Förderungen eingemahnt. Einzelne Unternehmen äußerten in Kundengesprächen die Kritik, dass sich andere Unternehmen in der Krise „einfach zurücklehnen“ würden und dann auch noch bevorzugt behandelt würden, während andere, die initiativ gehandelt hätten, übrig blieben.

Die Frage sollte daher laut Ansicht eines Befragten nicht nur lauten „was machen wir, um die Krise zu überstehen?“, sondern primär „wie starten wir anschließend stärker durch als vorher?“. Dieses Durchstarten sollte daher jetzt gezielt und unbürokratisch gefördert werden, um eine Verschiebung des Fokus aus der Krise Richtung Zukunft zu erreichen.

5) Digitale Verwaltung für mögliche weitere Lockdowns forcieren

Gefordert wurde auch die Digitalisierung der Ämter weiter voranzutreiben, um auf einen neuerlichen Lockdown in Zukunft besser vorbereitet zu sein. „Die behördliche Genehmigung neuer Projekte sollte bei ähnlichen Szenarien möglichst wenig in Zeitverzug geraten, denn dies kann vor allem für KMU existenzielle Probleme darstellen“, plädiert Strohmaier.

6) Steuerpflichtiger Umsatzzuschuss statt komplizierter Berechnungen

Kritisiert wurde auch die Nichtberücksichtigung der wesentlichen Unterschiede zwischen Unternehmen und Unselbständigen. Die Entschädigungen aus dem Härtefallfonds waren ursprünglich zu gering, die Bezugsdauer zu kurz. Unselbständige seien im Fall von Arbeitslosigkeit gut versorgt, ein EPU de facto sogar schlechter gestellt als ein gut verdienender Arbeitnehmer in Kurzarbeit.

„Hilfreich zur Liquiditätssicherung wäre es auch, wenn man Wertpapierveranlagungen aus dem Gewinnfreibetrag vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist steuerfrei entnehmen könnte“, so der Vorschlag eines weiteren Unternehmensberaters. Keine komplizierten Berechnungen, war generell eine häufig genannte Forderung, wobei mittlerweile zahlreiche Verbesserungen erreicht werden konnten. Als Beispiel für eine massive Vereinfachung wurde aber auch ein steuerpflichtiger Umsatzzuschuss für die Unternehmen vorgeschlagen.

7) Verluste aus 2020 mit Gewinnen aus der Vergangenheit gegenrechnen

Eine Senkung der Körperschaftssteuer auf unter 20 Prozent wurde ebenfalls angeregt. Ein anderer Experte forderte die rückwirkende Abschreibungsmöglichkeit, statt „Geschenken“. Unternehmen sollten Verluste aus dem Jahr 2020 mit Gewinnen aus den Jahren 2018 bis 2019 gegenrechnen können, wobei dies auch eine Forderung der Wirtschaftskammer war, der mittlerweile von der Regierung Rechnung getragen wurde. Gleiches gelte für die geforderten steuerlichen Anreize, um die Unternehmen jetzt zum Investieren zu animieren.

8) Entwicklung neuer Geschäftsmodelle trotz Kurzarbeit

Grundsätzlich wurde die Notwendigkeit von Kurzarbeit vom Großteil der Befragten außer Streit gestellt. Die geänderten Rahmenbedingungen durch Corona wären allerdings auch ein idealer Zeitpunkt für KMUs, um mittels Unternehmensberatung neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

„Leider waren teilweise auch Mitarbeiter in Kurzarbeit, die für die Umsetzung dieser Vorschläge gebraucht werden“, plädierte ein Unternehmensberater für mehr Zukunftsorientierung bei Managemententscheidungen.

 

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