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Business, Finanz

„Nach dieser Bremsspur bleibt die Hoffnung auf das 2. Halbjahr“

Sieglinde Klapsch ©Steiermärkische Sparkasse

Börsen. Dass 2022 für die Finanzmärkte hart wird, war schon vorher klar, so das Steiermärkische Sparkasse Private Banking. Aber so hart? Jetzt, so die Geldprofis, bleibt immerhin die Hoffnung auf das zweite Halbjahr.

Nach dem erfreulichen Kapitalmarktjahr 2021 hatten viele Marktteilnehmer mit einem herausfordernden Jahr 2022 gerechnet. Auf eine derart breite Bremsspur wie der derzeitigen waren aber selbst die größten Pessimisten nicht vorbereitet, schreibt das von Sieglinde Klapsch (Graz) und Alexander Eberan (Wien) geleitete Steiermärkische Sparkasse Private Banking in einem Marktkommentar.

Die Kurse von Aktien und Anleihen fielen im Angesicht von Krieg, Inflation, Lockdowns in China, Rohstoffknappheit und erwarteten Zinserhöhungen auf breiter Front – Ausnahmen sind lediglich Energie- und Rüstungsaktien. Bleibt zu hoffen, dass die zahlreichen negativen Nachrichten in den Kursen schon bald eingepreist sind und es im zweiten Halbjahr zu einer Beruhigung an den Märkten kommt, so die Einschätzung.

Historische Tiefstände

  • Bei Aktien legte der US-Index S&P 500 mit einem Kursrückgang von 8,8 Prozent im April den schlechtesten Monat seit dem, durch die Pandemie verursachten Absturz vom März 2020 hin und hatte den negativsten Jahresstart seit 1939.
  • Noch massiver ist der Einbruch an der Technologiebörse Nasdaq, wo die Kurse im April um 13,4 Prozent gesunken sind – die niedrigste Monatsperformance seit der Implosion des Bankensektors im Oktober 2008. Seit Jahresanfang 2022 hatte der Nasdaq-Index sogar die schlechteste Performance seit Beginn der Aufzeichnungen.
  • Auch die Kurse von Anleihen, die den Anlegern im Normalfall Schutz in schwierigen Aktienphasen bieten, gaben stark nach. Wegen der erwarteten Zinsschritte der Zentralbanken verloren globale Bonds im April 3,8 Prozent an Wert, seit Jahresbeginn waren es 9,5 Prozent.

Das letzte Mal sind die Anleihekurse übrigens Mitte der 1970er Jahre so stark gefallen – ebenfalls eine Ära, die von Energiepreisschocks, hoher Inflation, internationalen Turbulenzen & Co geprägt war.

Drehen an der Zinsspirale

Im Blick haben die Marktteilnehmer zunächst die weiteren Schritte der Zentralbanken, heißt es bei der Steiermärkischen: die Bank of Australia (RBA), die US-amerikanische Fed, die Bank of England und die Norges Bank erhöhen die Leitzinsen oder planen es, um der steigenden Inflation die Stirn zu bieten. Besonders eilig hat es die Fed, die in dieser Woche 0,5 Prozentpunkte an Zinserhöhung verkündet hat und gleichzeitig ihr Anleihekauf-Programm zurückfährt.

Sorgen wie in der Europäischen Union, mit höheren Zinsen die Konjunktur abzuwürgen, bestehen nämlich nicht. Die US-Wirtschaft ist zwar im ersten Quartal im Jahresvergleich überraschend um 1,4 Prozent geschrumpft, sämtliche aktuelle Indikatoren lassen aber keine Rezession befürchten. Unterstützung kommt an der Währungsfront: Der US-Dollar profitiere vom vergleichsweise höheren Zinsniveau und habe gegenüber dem Euro stark aufgewertet. Eine Entwicklung, die laut Devisenanalysten bis zur Parität zwischen den beiden Währungen und sogar darüber hinausführen könnte, wenn es in Europa zu einer von weiter steigenden Energiepreisen angeheizten, flächendeckenden Rezession kommt.

Indessen schwächelt die chinesische Wirtschaft im Lichte erneuter Lockdowns. Mit Steuererleichterungen, regulatorischen Lockerungen im Immobiliensektor, vor allem aber mit massiven Investitionen in die Infrastruktur will Peking die Konjunktur stützen. Immerhin hat Shanghai einen Stufenplan zur Wiedereröffnung, der die Störungen der Lieferkette etwas abmildern könnte, vorgelegt. Der Wachstumsausblick bleibe jedoch problematisch.

Auch die Australische Zentralbank nimmt die Teuerung entschlossen ins Visier und hat die Zinsen erstmals seit einem Jahrzehnt angehoben. Mit einer Steigerung von 0,1 auf 0,35 Prozent fiel die Erhöhung deutlicher als erwartet aus. Die australische Inflationsrate erreichte im ersten Quartal mit 5,1 Prozent den höchsten Stand seit 20 Jahren. Da die Inflation doppelt so schnell steigt wie die Löhne, sind die Realeinkommen im roten Bereich.

In der EU freilich ist man von derart energischen Zins-Schritten noch weit entfernt. Falls die Inflation keinesfalls rasch vorübergehend ist, wie manche Volkswirte meinen, könnten die noch zuwartenden Zentralbanken in ihrer Inflationsbekämpfung zu spät kommen, erläutern die Analysten.

„Hoffnung auf 2. Halbjahr 2022“

Die Steiermärkische hofft trotzdem auf die zweite Jahreshälfte. Bei den Zentralbanken, die in der Mehrzahl derzeit zur Inflationsbekämpfung mit besonders kernigen Zinsschritten – einem sogenannten „Frontloading“ – aufwarten, könnte das Maximum an geldpolitischer Straffung schon bald in den Wertpapierkursen eingepreist sein, heißt es.

Auch das Covid-Risiko könnte sich verringern, da in der westlichen Welt die Endemisierung so weit fortgeschritten ist, dass selbst bei wieder aufflammendem Infektionsgeschehen nach dem Sommer keine weitreichenden Einschränkungen mehr gebraucht werden (hoffentlich).

Ein wirtschaftlicher Neustart mit mehr positiver Dynamik und steigenden Unternehmensgewinnen würde dann bevorstehen. Das große Restrisiko ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine, heißt es: Die Aussicht, dass Russland in absehbarer Zeit in den Kreis der zivilisierten Länder zurückkehren könnte, bleibe minimal. Mit der Folge, dass die Energiepreise weiter steigen und eine ganze Reihe von Gütern knapp werden. Insofern stehen den Lichtblicken, die die Steiermärkische aufzählt, also weiterhin gravierende negative Faktoren gegenüber – und Anleger*innen werden wohl weiterhin gute Nerven brauchen.

 

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