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Politik, Recht, Tools

Verfassung: Mehr Neutralität oder weniger Fake News?

Parlament ©Parlamentsdirektion / Hertha Hurnaus

Parlament. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats diskutiert über Neutralität und Fake News: Die FPÖ will die Verfassung ändern, SPÖ und Neos Desinformation bekämpfen.

Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat jetzt über die Weiterentwicklung der Sicherheitsstrategie diskutiert, wie die Parlamentskorrespondenz berichtet: Ausgangspunkt der Debatte war demnach eine Forderung der FPÖ, den Artikel 1 der österreichischen Bundesverfassung zu ändern. Konkret soll die Neutralität ausdrücklich darin verankert werden.

Die anderen Fraktionen sahen dafür keine Notwendigkeit und konnten dem Vorschlag nichts abgewinnen. SPÖ und Neos pochten hingegen auf Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes. Seitens der Neos wurde unter anderem ein 5-Punkte-Plan gegen Fake News und Desinformation gefordert. Zudem plädierten sie für eine Neuaufstellung des Fonds zur Förderung der digitalen Transformation. Alle Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Diskussion über rechtliche Verankerung der Neutralität

Über die Weiterentwicklung der österreichischen Sicherheitsstrategie diskutierte der Verfassungsausschuss auf Basis eines FPÖ-Antrags auf Änderung der Bundesverfassung. Die FPÖ will darin die Neutralität Österreichs zu einem Verfassungsprinzip aufwerten und schlägt in diesem Sinn vor, Artikel 1 der Verfassung umzuformulieren. Statt „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus“, soll Artikel 1 der Bundesverfassung künftig „Österreich ist eine demokratische, wehrhafte, immerwährend neutrale souveräne Republik. Ihr Recht geht vom österreichischen Bundesvolk aus“, lauten.

Außerdem soll für eine Änderung dieses Artikels in Hinkunft neben einer Volksabstimmung auch eine Vier-Fünftel-Mehrheit im Nationalrat und im Bundesrat nötig sein. Beschlüsse internationaler Organisationen einschließlich der EU, deren Umsetzung Artikel 1 verletzten würde, sollen in Österreich nicht zur Anwendung kommen dürfen.

Die FPÖ und das Beispiel Polen

Begründet wird die Initiative von Klubobmann Herbert Kickl und FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst unter anderem damit, dass die Grundprinzipien des Zusammenlebens in Österreich durch aktuelle Entwicklungen ins Wanken geraten seien. Zudem befürchten sie, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) österreichische Verfassungsnormen aushebeln könnte, wobei sie konkret auf ein EuGH-Urteil zur polnischen Justizreform verweisen.

Kickl und Fürst sehen daher die Zeit gekommen, das Fundament der Bundesverfassung durch eine ausdrückliche Verankerung des Neutralitätsprinzips und eine Bekräftigung des Souveränitätsrechts zu stärken. Im Konfliktfall könnte das ihrer Meinung nach in letzter Konsequenz dazu führen, dass Österreich aus der EU bzw. aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten muss, wenn der EuGH bzw. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Souveränität Österreichs nicht respektieren würden. Es sei wichtig, die Neutralität vor „Aushöhlung“ zu schützen.

Dies stieß auf breiten Widerstand bei den anderen Fraktionen. Die Neos vertraten inhaltlich eine grundlegend andere Meinung. Zudem gebe es keine Erforderlichkeit ein neues Mehrheitsspektrum einzuführen, betonte Nikolaus Scherak (Neos). Die österreichische Neutralität ist „ein eisernes Gut“ für die SPÖ, unterstrich Selma Yildirim (SPÖ). Aus ihrer Sicht ist dies jedoch im Verfassungsrang gut abgesichert.

„Sicherheitsstrategie weiterentwickeln“

Wolfgang Gerstl (ÖVP) zeigte sich offen, manche Dinge europarechtlich zu diskutieren, jedoch nicht auf Basis des FPÖ-Antrags, denn darin erkannte er „Vorbereitungen zum EU-Austritt“. Laut Agnes Sirkka Prammer (Grüne) soll die Sicherheitsstrategie neu überdacht werden. Im Zentrum einer neuen Sicherheitsstrategie müsse die umfassende Stärkung der heimischen Sicherheit stehen, betonte sie. „Hans Kelsen dreht sich im Grab um“, wenn es darum geht ein neues Grundprinzip in die Verfassung einzuführen, so Prammer.

Der FPÖ-Antrag wirft Grundsatzfragen auf, sagte ÖVP-Wehrsprecher Friedrich Ofenauer und zeigte sich bereit, weiter darüber zu reden. Der Abgeordnete sprach sich aber klar gegen die kritische Haltung der FPÖ gegenüber der EU aus. Bei der Überarbeitung der Sicherheitsstrategie werde die Neutralität ein wichtiges Thema sein, unterstrich Ofenauer, der sich zur Neutralität bekannte. Der Antrag wurde vertagt.

Und das Informationsfreiheitsgesetz?

Grundlage für die Diskussion zum Thema Informationsfreiheitsgesetz bildeten Anträge der SPÖ und der Neos. Beide Parteien pochen schon seit längerem auf die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und knüpfen mit ihren Initiativen an jenen Vorschlägen an, die schon in der XXV. Gesetzgebungsperiode im Parlament zur Diskussion standen. Damals, 2016, waren die Verhandlungen bereits weit gediehen, scheiterten letztlich jedoch.

Christian Drobits (SPÖ) erkundigte sich nach dem aktuellen Stand des Informationsfreiheitsgesetzes. Laut ÖVP und Grünen werden Detailgespräche geführt, bei denen bereits viele Einigungen erzielt wurden. Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne) zeigten sich zuversichtlich, das Gesetz in absehbarer Zeit zu einem Abschluss zu bringen. Beide Anträge wurden daher neuerlich vertagt.

Transformation und Transparenz

Aus Sicht von NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter geht die Förderung zur Digitalen Transformation in die falsche Richtung. Mittels Entschließungsantrag kritisierte sie, dass die Digitalförderung derzeit „mit der Gießkanne“ ausgeschüttet werde und insbesondere bestehende Player mit einem „Geldregen“ bedacht würden, während reine Online-Medien leer ausgingen. Ihrer Ansicht nach wäre sicherzustellen, dass mit den Fördermitteln tatsächlich Digitaljournalismus, journalistische Innovation und zukunftsfähige Geschäftsmodelle gefördert werden. Während die SPÖ aufgrund des „konkreten Handlungsbedarfs“ ihre Zustimmung signalisierte, wurde der Antrag von den Regierungsfraktionen vertagt. Kurt Egger (ÖVP) wollte erst auf Erfahrungsberichte auf europäischer Ebene warten.

Ein weiteres Anliegen ist den Neos „mehr Transparenz“ bei der Vergabe von Fördermitteln durch die RTR. Abgeordnete Brandstötter sah nicht ein, dass der jeweilige Geschäftsführer bzw. die jeweilige Geschäftsführerin des Fachbereichs Medien bei der Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde RTR Fördermittel in Millionenhöhe im Grunde genommen „freihändig“ vergeben kann.

Konkret betrifft das ihr zufolge den Fonds zur Förderung der digitalen Transformation (mit heuer zur Verfügung stehenden Fördermitteln in der Höhe von 54 Mio. €), den Fernsehfonds Austria (13,5 Mio. €), den Digitalisierungsfonds (0,5 Mio. €), den Fonds zur Förderung des nichtkommerziellen Rundfunks (5 Mio. €) und den Privatrundfunkfonds (20 Mio. €). Es gebe zwar Fachbeiräte, die in die Fördervergabe eingebunden seien, deren Vorschläge seien aber nicht bindend, monierte sie.

Brandstötter stieß sich insbesondere daran, dass Begründungen der Beiträte nicht veröffentlicht werden. Sie vermisste Verhältnismäßigkeit und Transparenz bei den Entscheidungen, zumal der Mediengruppe Österreich für das Homepage-Redesign von oe24.at 700.000 € zugesprochen und für den Fernsehsender Exxpress TV 713.000 € ausgegeben wurden. Agnes Sirkka Prammer (Grüne) sprach sich dafür aus, Transparenz ohne Beeinflussbarkeit durch entsendende Gremien sicherzustellen. Der Antrag wurde vertagt.

Fünf-Punkte-Plan gegen Fake News

Brandstötter will Bedrohungen durch Desinformation entgegentreten. Bereits einmal im Ausschuss zur Diskussion stand deshalb ein Entschließungsantrag der Neos, in dem die Abgeordnete einen Fünf-Punkte-Plan gegen Fake News und Desinformation vorschlägt. Ihrer Meinung nach braucht es etwa eine funktionierende Medienkompetenzentwicklung – sowohl an den Schulen als auch in der Erwachsenenbildung – damit Bürger*innen nicht in „Fake-News-Fallen“ tappen oder Opfer von Desinformationskampagnen werden. Zudem regte sie ein allgemein anerkanntes Gütesiegel für journalistische Sorgfalt an, das jene Medien auszeichnen soll, die faktenbasiert, seriös und anhand nachvollziehbarer Quellen arbeiten.

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