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Business, Recht, Steuer

Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird ernst

Wien/Brüssel. Große Unternehmen haben noch viel Aufholbedarf bei Nachhaltigkeitsberichten, so EY – obwohl die Gesetzeslage schon ab 2017 zu mehr Berichterstattung zwingt. Gerade die stark betroffenen Versicherer lassen derzeit völlig aus.

Konkret müssen auch österreichische Unternehmen im öffentlichen Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitern ab dem Geschäftsjahr 2017 im Lagebericht erweitert über nichtfinanzielle Informationen berichten, so EY.

Die Relevanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung sei in den letzten Jahren jedenfalls bereits gestiegen:

  • So zeigt eine kürzlich veröffentlichte EY-Studie, dass bereits ein Viertel (24%) der Investoren ihre Investitionsentscheidungen aufgrund von nichtfinanziellen Kennzahlen treffen.
  • Gleichzeitig geben aber fast zwei Drittel (64%) der Investoren an, dass Unternehmen ihre nichtfinanziellen Kennzahlen gar nicht oder nicht ausreichend ausweisen.

Was künftig vorgeschrieben ist

Gesetzliche Neuerungen in allen EU-Mitgliedstaaten werden die Anzahl der Nachhaltigkeitsberichte weiter in die Höhe schrauben: Ab dem Geschäftsjahr 2017 müssen alle Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, die im öffentlichen Interesse stehen (sogenannte „Public Interest Entities“, PIEs) über ihre Aktivitäten im ökologischen und sozialen Bereich berichten.

PIEs sind im Regelfall:

  • kapitalmarktorientierte Unternehmen,
  • Unternehmen aus dem Finanz- und Versicherungssektor, sowie
  • Unternehmen von erheblicher öffentlicher Bedeutung laut einzelnen Mitgliedstaaten

Grundlage dafür ist die EU-Richtlinie über nichtfinanzielle Informationen und Diversität (NFI-RL), die bis Dezember 2016 in nationales Recht umgewandelt werden muss.

Begutachtungsverfahren in Österreich

Das Bundesministerium für Justiz hat kürzlich als österreichische Umsetzung der NFI-Richtlinie das „Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG)“ veröffentlicht.

  • Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass große Unternehmen von öffentlichem Interesse, die im Durchschnitt eines Geschäftsjahres mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, auch eine Erklärung über nichtfinanzielle Informationen wie Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung abgeben.
  • Die Veröffentlichung dieser Erklärung kann entweder im Lagebericht selbst oder in einem separaten „Nichtfinanziellen Bericht“ erfolgen. Dieser muss zwar nicht zum gleichen Zeitpunkt wie Jahresabschluss und Lagebericht sowie Corporate-Governance-Erklärung vorgelegt werden, allerdings gelten für die anschließende Offenlegung dieselben Fristen wie für den Jahresabschluss selbst.
  • Der Vorstand muss dem Aufsichtsrat den nichtfinanziellen Bericht zur Prüfung vorlegen. Es gibt keine inhaltliche Prüfungspflicht durch den Abschlussprüfer, allerdings muss das Vorliegen der nichtfinanziellen Erklärung oder des nichtfinanziellen Berichts bestätigt werden.

Brigitte Frey, Partnerin bei EY Österreich, dazu: „Die NFI-Richtlinie und ihre nationalen Umsetzungen werden einen erheblichen Einfluss auf die Berichterstattung der betroffenen Unternehmen haben. In Österreich gelten die neuen Regeln für rund 120 Unternehmen, EU-weit sind es ungefähr 6.000. Viele Unternehmen werden ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung umstellen müssen. Betroffene Unternehmen sollten besser früher als später mit der Vorbereitung starten, damit die Bemühungen auch Erfolg bringen.“

Der Status quo

EY hat in einer Analyse die Nachhaltigkeitsberichterstattung der wichtigsten Unternehmen Österreichs unter die Lupe genommen. Dafür wurden die 100 Top-Unternehmen Österreichs (plus jeweils die fünf Top-Kreditinstitute und -Versicherungen), die 39 mit Stichtag 21. Dezember 2015 im ATX-Prime-Market notierten Unternehmen und 19 öffentliche Unternehmen mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz analysiert.

  • Wenig verändert hat sich in den vergangenen Jahren bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung der Top-100-Unternehmen Österreichs: Etwas mehr als jedes vierte Unternehmen (26%) publizierte 2015 einen Nachhaltigkeitsbericht, in den drei Jahren davor waren es jeweils 25 Prozent.
  • Von diesen Unternehmen entschied sich rund ein Drittel (31%), die Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Geschäftsbericht zu integrieren – deutlich mehr als noch im Jahr davor (22%).
  • Außerdem setzen sie immer öfter auf externe Prüfung: Rund die Hälfte (48%) der veröffentlichten Berichte wurde von unabhängigen Dritten unter die Lupe genommen.
  • Mit Abstand am häufigsten wenden heimische Top-Unternehmen dabei die Leitlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der Global Reporting Initiative (GRI) an: 86 Prozent der Berichte – und damit noch etwas mehr als im Vorjahr (82%) – wurden nach dem GRI-Standard erstellt.

Die börsenotierten Unternehmen sind fleißiger

  • Von den 39 am 21. Dezember 2015 im Börse-Index ATX-Prime notierten Unternehmen veröffentlichte 2015 jedes Zweite (51%) einen Nachhaltigkeitsbericht. Zwar gab es im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Anstieg von 42 Prozent auf 51 Prozent, womit seit 2011 ein stetiger Aufwärtstrend zu beobachten war – allerdings würde damit immer noch knapp die Hälfte der ATX-Prime-Unternehmen nicht den ab 2017 in Kraft tretenden Berichtspflichten entsprechen.
  • Auch bei den Nachhaltigkeitsberichten der ATX-Prime-Unternehmen dominiert klar der GRI-Standard, der bei 90 Prozent der Berichte zum Einsatz kommt.
  • 60 Prozent der Unternehmen veröffentlichen einen eigenen Bericht, bei 40 Prozent ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Geschäftsbericht integriert – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (31%).
  • Knapp mehr als die Hälfte (55%) der Berichte wurde extern geprüft.

Deutlicher Rückgang bei öffentlichen Unternehmen

  • Im Segment der öffentlichen Unternehmen gab es hingegen einen markanten Rückgang: 2015 veröffentlichte von jenen 19 Unternehmen, die zu mehr als 50 Prozent im Besitz der öffentlichen Hand sind und einen jährlichen Umsatz von über 500 Millionen Euro erwirtschaften, nur noch knapp ein Drittel (32%) einen Nachhaltigkeitsbericht, im Jahr davor waren es immerhin noch 47 Prozent. Damit liegen öffentliche Unternehmen in Österreich erstmals hinter den ATX-Prime-Unternehmen.
  • Alle veröffentlichten Berichte beruhen bei den Öffentlichen auf dem GRI-Standard, ein Drittel hat die Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Geschäftsbericht integriert.
  • Auffällig laut EY: zwei Drittel (67%) aller Nachhaltigkeitsberichte öffentlicher Unternehmen wurden extern geprüft – das ist mit Abstand der höchste Anteil in allen Segmenten.

Versicherungsbranche lässt vorerst noch total aus

Im Rahmen der EY-Analyse der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Österreich wurde besonderes Augenmerk auf die Versicherungsbranche gelegt. In dieser Branche sind alle Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ab dem Geschäftsjahr 2017 zur nichtfinanziellen Berichterstattung im Lagebericht verpflichtet.

Eine Analyse der Top-8-Versicherer, die insgesamt 92 Prozent des Marktes abdecken, zeige massiven Aufholbedarf. EY-Partnerin Brigitte Frey dazu: „Die Offenlegung von bzw. Berichterstattung über Nachhaltigkeitsthemen scheint noch kein Thema in der Versicherungsbranche zu sein. Kein einziger großer Versicherer hat im letzten Jahr annähernd ausreichend Informationen vorgelegt, die den Anforderungen der NFI-Richtlinie entsprechen.“

Verlangt werden u.a. die Offenlegung von Risiken in den Bereichen Umwelt, Soziales und Arbeitnehmer, Menschenrechte sowie Korruption und Bestechung oder von Zielen und Maßnahmen zur Steuerung. „Diese Punkte erfüllt momentan keines der Top-Versicherungsunternehmen mit Sitz in Österreich“, so Frey.

Link: EY

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