Open menu
x

Bequem up to date mit dem Newsletter von Extrajournal.Net!

Jetzt anmelden, regelmäßig die Liste der neuen Meldungen per E-Mail erhalten.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Newsletter-Seite sowie in unserer Datenschutzerklärung.

Bildung & Uni, Recht, Tech

Steriles Labor-Equipment aus dem 3D-Drucker als Open Source

Laborequipment aus dem 3D-Drucker Christoph Gruber / BOKU Wien

Angewandte Forschung. BOKU Wien und acib entwickeln ein neues grünes 3D-Druckverfahren, das Laborequipment aus Bioplastik produziert. Es soll Open Source werden.

Wiener Forscher:innen des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und der BOKU Wien entwickeln ein steriles 3D-Druckverfahren, mit dem Laborequipment aus umweltfreundlichem und bioabbaubarem Plastik hergestellt werden kann. Dadurch könnten mehrere Millionen Tonnen an Einwegplastikmüll entfallen und der Einsatz von Ressourcen, Energie und Wasser um bis zu 90 Prozent gesenkt werden, lautet die in einer Aussendung des acib beschriebene Hoffnung.

Die Technologie soll in Bälde als Open Source öffentlich und kostenlos zur Verfügung gestellt werden, um Laboren weltweit die Möglichkeit zu geben, einen weiteren Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.

Das Problem

In Laboren weltweit werden große Mengen an Plastikmüll produziert. Dabei handelt es sich meist um Gegenstände, die nur einmal verwendet werden, weshalb es ein erklärtes Ziel wissenschaftlicher Einrichtungen in den Life Sciences sei, Strategien zur Reduzierung von Einwegkunststoffen zu finden – sowohl um der Verschmutzung vorzubeugen wie auch den Klimazielen Rechnung zu tragen, die u.a. in der österreichischen Einwegkunststoffrichtlinie festgehalten sind. Derartige Richtlinien sehen vor, bestimmte Kunststoffprodukte aus Einwegkunststoff zu vermeiden und zu vermindern.

Derzeit belaufen sich die Kunststoffabfälle aus Laboren weltweit auf über 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr – das ist fast das Doppelte der Jahresproduktion von Indien (3 Mio. Tonnen). Hinzu kommt, dass dieser Kunststoffabfall auf der einen Seite weder biologisch erzeugt, noch biologisch abbaubar ist. Auf der anderen Seite sind Labore vollständig von der Lieferkette für Einwegkunststoffe abhängig, was sich insbesondere bei Unterbrechungen wie der Covid-19-Krise oder in Kriegszeiten als problematisch erwies. Auch heute noch betragen die Lieferzeiten für Einwegkunststoffe teilweise mehr als 6 Monate, heißt es dazu.

Bioabbaubares Plastik aus dem Drucker

Um nicht länger von Lieferketten und umweltschädlichem Plastik abhängig zu sein, entschied sich ein Forscher:innenteam rund um Peter Satzer, Scientist am Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und am Institut für Bioverfahrenstechnik (IBSE) an der BOKU Wien, ein neues Druckverfahren zu entwickeln, um Laborequipment aus umweltfreundlichem Plastik selbst herzustellen.

Sowohl Schüttelkolben für den einmaligen Gebrauch als auch komplette Bioreaktoren konnten mithilfe biokompatibler, kompostierbarer Polymilchsäure (PLA) 3D-gedruckt werden. Dazu wurden handelsübliche 3D-Drucker verwendet. Der Vorteil: Die kompostierbaren Schüttelkolben für den Einmalgebrauch haben einem Materialendpreis von lediglich 0,60€. „Im Vergleich dazu kosten entsprechende Schüttelkolben aus Einwegkunststoff bislang rund 10 € pro Stück, mit dem Nachteil, dass diese nicht biologisch abbaubar sind“, so Satzer und weist darauf hin, dass „die selbst gedruckten, kompostierbaren Schüttelkolben im Vergleich zu handelsüblichen Einwegkunststoffen dieselben, strengen Qualitätseigenschaften aufweisen.“

Dies sei insofern wichtig, da in diesen Schüttelkolben u.a. menschliche, embryotische Nierenzellen (HEK), Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (CHO) und Insektenzellen kultiviert werden. Satzer: „Diese drei Zelllinien sind derzeit wichtige Ausgangsstoffe für die Forschung als auch die Produktion neuer Arzneimittel, darunter Krebsbehandlungen, Impfstoffe und Gentherapien.“

Vom Kolben zum kompletten Labor

Darüber hinaus arbeiten die Forscher:innen an einem Verfahren, mit dem sterile Teile gedruckt werden können. Satzer: „Der derzeitige Stand der Technik sah entweder die Verwendung von teuren Einwegartikeln oder die Verwendung wiederverwendbarer Glasware vor, welche bisher energie- und ressourcenaufwändig gereinigt werden musste. Durch das sterile 3D-Druckverfahren würde eine bisher notwenige Sterilisation dieser Bauteile nach dem Druck entfallen, was den Energie- und Wasserverbrauch um über 90% senkt.“

Nimmt man einen kommerziellen, zur Sterilisation von Laborequipment eingesetzten Autoklav in einem durchschnittlichen mikrobiologischen Labor mit 25 Forscher:innen als Rechenbeispiel, verbraucht dieser jährlich das 65-fache an Strom wie ein durchschnittlicher österreichischer Haushalt, 1800 m³ an Wasser und das Labor produziert ca. 1.3 Tonnen an Plastikmüll. Bei einer Gesamtzahl von 40.000 Mitarbeitern in der – stetig wachsenden – Life-Science-Forschung in Österreich bedeute dies einen nicht zu unterschätzenden Ressourceneinsatz, der durch den direkten sterilen 3D-Druck aller benötigten Kunststoffe erheblich minimiert werden könne.

Nachhaltigere Forschung

Das Konzept der 3D-gedruckten, biologisch abbaubaren Kunststoffprodukte soll auf den Druck ganzer Bioreaktoren im Labor- und Pilotmaßstab ausgeweitet werden. Aktuell arbeitet die Arbeitsgruppe von Peter Satzer am acib daran, die Technologie international verfügbar zu machen und den Katalog an verfügbarem Laborequipment zu erweitern. Sie soll zudem vom acib als Open Source zugänglich gemacht werden und damit schon bald interessierten Personen und Einrichtungen kostenlos zur Verfügung stehen.

Weitere Meldungen:

  1. Kanzlei Schiefer holt Kohlmann, Dinkic für ESG und Digitalisierung
  2. Roman Bauer wird neuer Geschäftsführer am Donauturm
  3. Fachverlage: Portal „NIU“ für Nachhaltigkeit neu bei Manz
  4. 1.043 Reformhäuser bekommen einen neuen Vorstandsvorsitzenden