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Satelliten bewachen Österreichs höchsten Tower und Staudamm

DC Tower ©IGMS / TU Graz

Kritische Infrastruktur. Die TU Graz hat ein Satelliten-Messsystem entwickelt, das den Wiener DC Tower als höchstes Gebäude ebenso bewacht wie die höchste Staumauer Österreichs.

Das Forschungsteam der TU Graz überwacht kritische Infrastruktur mittels Navigationssatelliten: Rein äußerlich haben die vom Verbund betriebene Kölnbreinsperre in Kärnten als höchste Staumauer Österreichs und der DC Tower in Wien als höchstes Gebäude Österreichs nicht viel gemeinsam. Für die Forschungsgruppe rund um Caroline Schönberger und Werner Lienhart vom Institut für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme der TU Graz (Institute of Engineering Geodesy and Measurement Systems, IGMS) sind sie wissenschaftlich aber aus dem selben Grund spannend: Durch Messungen an diesen beiden Bauwerken konnte das Team im Rahmen des Projekts InfraHealth eine satellitengestützte Methode zur statischen und dynamischen Überwachung von kritischer Infrastruktur entwickeln.

Schwingungen im Millimeterbereich werden erfasst

Mit dieser Methode ist es möglich, nicht nur mittels statischer Messung langsame Verformungen mitzuverfolgen, die etwa durch Änderungen des Staupegels bei einer Staumauer auftreten. Durch dynamische Messungen lassen sich auch Gebäudeschwingungen erfassen und anhand von Abweichungen Schäden oder andere kritische Veränderungen erkennen.

Caroline Schönberger an der Kölnbreinsperre © IGMS / TU Graz

Bislang mussten für statische und dynamische Messungen unterschiedliche Methoden genutzt werden. Die neue Methode ermöglicht außerdem die laufende Überwachung auch bei Regen, Schneefall, Nebel oder Sturm, so die TU Graz. „Die hohe Genauigkeit, die wir mit den Messungen im von der FFG geförderten Projekt InfraHealth erzielen konnten, ist beinahe einzigartig“, so Projektleiterin Caroline Schönberger: „Wir können mit Satelliten, die sich rund 20.000 Kilometer von uns entfernt befinden, Schwingungen im Millimeterbereich oder sogar darunter erfassen. Dieses Projekt bereitet den Weg zum großräumigen Einsatz von globalen Navigationssatellitensystemen (GNSS) für statisches und dynamisches Monitoring kritischer Infrastruktur und damit zur laufenden und von Umwelteinflüssen unabhängigen Überwachung ihrer Sicherheit. Davon profitieren nicht nur Bauwerksbetreiber:innen, sondern auch deren Nutzer:innen.“

So funktioniert die Satelliten-Messung

Zum Einsatz kommen bei diesem neuen Messverfahren lokale Antennen und die öffentlich zugänglichen GNSS-Signale von Galileo-, GPS- und Glonass-Satelliten:

  • Die Antennen werden an relevanten Messpunkten auf dem Bauwerk angebracht, eine weitere, sogenannte Referenzantenne befindet sich in relativer Nähe auf stabilem Untergrund.
  • Über die Satelliten bestimmen die Antennen ihre Position, für die dynamische Messung alle 0,05 Sekunden, also mit einer Frequenz von 20 Hertz. Für die dynamische Messung haben sich GPS- und Galileo-Signale zur Bestimmung bewährt, da die Antennen damit zuverlässiger ihre Position erfassen können, so die Forschenden. Anhand dieser aufgezeichneten Rohdaten berechnen die Forschenden die Frequenzantwort des Bauwerks.
  • Bei der statischen Messung geht es gemütlicher zu, da die Messauswertung ein festes Intervall hat, das auf jeden Fall höher als eine Sekunde ist – es kann auch eine Stunde oder einen Tag betragen. Hier brachte die Kombination aller drei GNSS-Systeme die besten Ergebnisse, zu Galileo und GPS kam auch Glonass hinzu.

Um vorab sicherzugehen, dass die Antennen an den für sie vorgesehenen Messpunkten Kontakt zu den Satelliten haben werden, entwickelte das Forschungsteam ein Tool, mit dem es in Virtual Reality die komplette Planung vornehmen konnte. Bei der Kölnbreinsperre stellte das Team so vorab fest, dass nicht nur die beiden Antennen in der Mitte und jeweils auf halbem Weg zum Rand der Mauer genügend Satellitensignale empfangen können, sondern auch ganz am Rand. Gerade der Übergang zu festem Gelände ist bei der Überwachung von Staumauern wichtig.

Erdbeben in 550 Kilometer Entfernung gemessen

Statt sechs Antennen benötigte das Team am DC Tower lediglich zwei: eine zur Messung der Gebäudefrequenz und eine, um zu prüfen, ob sich das Gebäude aufgrund von äußeren Einflüssen wie Wind auch verdreht. Während der dortigen Versuche zeigte sich, wie genau das neue Verfahren Veränderungen wahrnehmen kann. So konnten die Forschenden im Zuge der Messreihen die Ausläufer eines etwa 550 Kilometer entfernten Erdbebens in Norditalien aufgrund der Bewegungen des Towers aufzeichnen. Das Beben mit einer Stärke von 5,7 auf der Richterskala ereignete sich am 9. November 2022 um 7:07 Uhr mitteleuropäischer Zeit nahe der Adriaküste nordwestlich von Ancona. Erdbebenwellen breiten sich mit ca. 3 Kilometer pro Sekunde aus, in drei Minuten kommen sie also rund 540 Kilometer weit und um 7:10 Uhr gab es einen entsprechenden Ausschlag beim DC Tower.

Werner Lienhart, Leiter des Instituts für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme der TU Graz, sieht wichtige Aufgaben für das neue Verfahren: „Die Kombination von statischer und dynamischer Überwachung von Infrastruktur in einem Messsystem ermöglicht es, ein tiefes Verständnis für den aktuellen Gesundheitszustand eines Bauwerks zu bekommen. Gerade bei großen Ingenieurbauten wie Brücken oder Staumauern, die sich dem Ende ihrer geplanten Nutzungsdauer nähern, ist das von großer Bedeutung.“

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