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Tipps für ausgehungerte Zulieferer auf der Jagd nach Cash

Felix Spangenberg ©Kearney

Schwierige Zeiten. Die Zinsen steigen, die Unsicherheit wächst: Allein die 10 größten Automobilzulieferer verloren in einem Jahr 7,1 Mrd. Euro an Cash, so Kearney.

Laut einer Analyse der Unternehmensberatung Kearney haben die zehn umsatzstärksten Automobilzulieferer von 2021 bis 2022 mehr als 7,1 Mrd. Euro an Cash verloren. Für Unternehmen, die lieferfähig bleiben möchten, gelte es jetzt, in Wachstum zu investieren und trotzdem ihre Liquidität abzusichern. Professionelles Cash-Management sei das Gebot der Stunde.

Eine andere Welt

In den letzten zehn Jahren spielten Zinsen für die Wirtschaft nahezu keine Rolle. Geld war billig, Kredite und Risikokapital waren leicht zu bekommen. Doch dann kam bekanntlich der Schock: Die stark steigende Inflation zwang Notenbanken zum Gegensteuern. Seither geht es in Sachen Leitzinserhöhungen Schlag auf Schlag. Das habe gravierende Auswirkungen. Nicht nur „Häuselbauer“ werden nervös, auch die Unternehmen leiden unter steigenden Finanzierungskosten.

Die nachhaltige Sicherung der Liquidität werde für die Autozulieferer zunehmend wichtig, so Felix Spangenberg, Partner bei Kearney und Spezialist für die Autobranche. Ausreichende Barmittel werden zum Markenzeichen vertrauenswürdiger Unternehmen. Denn wenn die Liquidität stimmt, müssen Gläubiger nicht um ihr investiertes Geld fürchten. Das komme an den Märkten gut an – und auch bei den mächtigen Ratingagenturen, die bewerten, wie kreditwürdig ein Unternehmen ist.

Probleme mit Lieferketten, Chips, seltenen Erden

Die Autozulieferer stehen daher vor gewaltigen Herausforderungen, so Spangenberg: Ihnen machen die gestiegenen Zinsen und die durch die Inflation getriebenen Preise zu schaffen. Zudem verstärken sich die Probleme mit den Lieferketten. Halbleiter seien immer noch ein zentrales Problem. Gerade in der Automobilbranche sind diese wichtigen Teile in fast jeder Baugruppe entscheidend dafür, ob die Produktion weiterlaufen kann oder die Bänder stillstehen. Die Chips stecken in Steuergeräten, die an vielen Stellen im Fahrzeug Sensordaten verarbeiten, mit dem Bordsystem kommunizieren und Funktionen des Fahrzeuges regeln. Halbleiter werden auch für die Leistungselektronik benötigt, die essenziell für elektrische Fahrzeuge ist.

Knappe Rohstoffe, wie zum Beispiel der Mangel an Seltenen Erden, verschärfen die Situation. Trotz allem müssen die Autozulieferer ihre Lieferpflichten einhalten. Oft sehen sie dafür keine andere Möglichkeit, als die Lagerbestände zu erhöhen. Doch Lagerhaltung ist teuer. Sie bindet Kapital, das sich weder verzinst noch dazu verwendet werden kann, Kredite zu tilgen, offene Rechnungen zu begleichen oder Gewinne auszuschütten.

Tiefgreifender Wandel kostet Geld

Zudem verstärkt die Transformation des Automobilsektors den Druck auf die Liquidität. Die fortschreitende Elektrifizierung zwingt Hersteller und Zulieferer zu hohen Investitionen. Um Batterien statt Benzintanks und E-Motoren statt Zylinderkolben herzustellen, müssen geeignete Produkte entwickelt werden. Und dafür brauche es neue Werke mit den richtigen Anlagen und Maschinen. In manchen Fällen ist die dafür benötigte Technik noch nicht umfassend erprobt, Anlaufprobleme sind praktisch unvermeidlich – und die kosten Zeit und Geld.

Neben der Elektrifizierung fordert auch die Digitalisierung die Automobilzulieferer heraus. Weltweit setzen die Autokonzerne auf vernetzte Fahrzeuge, die nicht nur zuverlässig fahren, sondern in denen softwaregesteuerte Assistenzsysteme stecken und die zunehmend auch autonom unterwegs sein sollen. Die Entwicklung des automatisierten Fahrens verschlinge ebenfalls hohe Summen. Hinzu komme, dass die Zulieferer viel Geld in die Hand nehmen müssen, um schärfere gesetzliche Auflagen für Abgaswerte und nachhaltige Lieferketten zu erfüllen. Diese großen Ausgabenblöcke ändern den Blick auf die Zulieferbranche.

Cashflow im Spannungsfeld

Seit dem Ende der Finanzkrise gelte wieder das Unternehmensergebnis (EBIT) als die bedeutendste Größe für den Unternehmenserfolg. Allerdings sage das EBIT wenig über die Solvenz eines Autozulieferers aus. Wesentliche Kenngrößen und insbesondere diejenigen, die die Kapitalbindung zeigen, werden in dieser Kennzahl nicht erfasst. Damit sei eine ganzheitliche Beurteilung der Performance ausschließlich anhand des EBITs nicht sinnvoll. Um die Zahlungsfähigkeit zu bemessen, beschreiben Liquiditätskennzahlen die Stärken eines Unternehmens wesentlich treffender. Und angesichts der aktuellen Situation auf den Fremdfinanzierungsmärkten rücken diese auch wieder stärker in den Fokus, heißt es.

Cashflow intelligent verbessern, neue Geldquellen auftun

Ziel müsse daher sein, den Cashflow zu verbessern – Forderungen zu reduzieren, Bestände abzubauen und gleichzeitig Verbindlichkeiten zu erhöhen und Investitionen auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen. Doch jede Entscheidung, die den Cashflow erhöht, ist eine Entscheidung, die das Wachstum begrenzt oder das Ergebnis zu reduzieren drohe. Die Optimierung des Cashflows bedarf also bewusster und weitsichtiger Entscheidungen im Spannungsfeld zwischen Umsatzwachstum, Ergebnis und Cash. Daneben gelte es, alternative Finanzierungsformen in Betracht zu ziehen und etwa auktionsbasierte Supplier-Finance-Programme zu nützen.

Auch durch die Nutzung von Advanced-Analytics-Methoden könne beim Cash Management ein erheblicher Mehrwert generiert werden, zum Beispiel im Rahmen einer Netzwerkoptimierung für lagerhaltende Standorte oder durch Analyse von Clustern bei überfälligen Forderungen. Und natürlich müssen alle diese Verbesserungen nachhaltig werden. Dabei gelte es, Kernprozesse zu optimieren und entsprechende Steuerungsmodelle einzuführen. Cash ist wieder King. Spangenberg: „Unternehmen, die dieses Motto beherzigen, haben gute Chancen unbeschadet durch die aktuell turbulenten Zeiten zu kommen. Und sie sind gut gerüstet, wenn die Konjunkturwieder anspringt. Wie die Erfahrung zeigt: Das kann schneller kommen als erwartet.“

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